«Denkmal der Gartengeschichte»

  06.05.2022 Bremgarten

Die Bremgarter Promenade existiert seit 200 Jahren

1822 wurde die Promenade zwischen Bremgarten und Zufikon eingeweiht, welche seither der Bevölkerung das Spazieren an der Reuss ermöglicht. Zum 200. Geburtstag dieses Bremgarter Meilensteins findet in zwei Wochen ein Fest statt.

Marco Huwyler

«Entschuldiget Sie, Herr Stadtamme, döf ich Sie froge, für was das 200i do stoht?» Auch während Raymond Tellenbach mit der eingeladenen Presse das Reussufer entlangschlendert, zeigt sich der «Gwunder» der Stadtbevölkerung. Bereits seit einigen Wochen steht die Zahl unübersehbar auf am Wegrand zwischen Obertor und Bijou. Das von einem Künstler aus Dottikon aus drei Baumstämmen geschnitzte Werk ist der Vorbote eines Festes. Ein Fest anlässlich des 200-jährigen Bestehens der dort beginnenden Promenade.

«Es ist schön, dass das Werk von den Leuten wahrgenommen wird und dass sie sich dafür interessieren», lächelt der Stadtammann. «Ein solches Jubiläum hat auch Aufmerksamkeit verdient.» Seit zwei Jahrhunderten ist es den Menschen im Reussstädtli nun schon möglich, ihren Fluss entlangzuschlendern. Ein Umstand, der massgeblich zur hohen Lebensqualität in Bremgarten beiträgt. Die Promenade wird von sämtlichen Bevölkerungsschichten vielfältig während aller Jahreszeiten genutzt und erfreut sich weit über die Stadtgrenzen hinaus grösster Beliebtheit. Doch nicht nur das – neben ihrer sozialen Bedeutung erfüllt die 2,7 Kilometer lange Weganlage auch ökologische und klimatische Funktionen. «Dank der Bepf lanzung und Bewaldung trägt sie auch zu einem angenehmen Mikroklima bei», weiss Tellenbach.

Von Ortsbürgern erbaut

«Die Erstellung und Gestaltung des Weges war in vielerlei Hinsicht ein Meilenstein in Bremgartens Geschichte», sagt auch Robert Bamert. Der 78-Jährige ist Tellenbachs Vorgänger als Stadtammann. Er, der seit seiner Pension auch als Stadtführer fungiert, weiss so viel über Bremgartens Historie wie kaum ein Zweiter. «Vor 200 Jahren war hier ein spärlich bepflanzter Hügel», erzählt er. Das ermöglichte zwar eine wunderbare Aussicht von der Oberstadt aus, doch der bequeme Flusszugang blieb den Einwohnern damals verwehrt. Dies wollten die Ortsbürger schliesslich 1822 ändern. Mit der Initiierung der Promenade griffen sie kräftig in die Landschaft an der Reuss ein. Um Schatten zu gewinnen und Erosionen zu verhindern, wurde der Uferhang parkartig bepf lanzt. Noch heute ist ein grosser Teil des Flussabschnitts (vom Bahntrassee bis zum Krähenbach) mit Pflanzen wie der österreichischen Schwarzföhren, Akazien, Platanen oder Rosskastanien bepflanzt, die man in unseren Gefilden häufig in Parkanlagen vorfindet. «Die Promenade ist daher sozusagen auch ein Denkmal der Gartengeschichte», sagt Bamert. «Und sie wurde sehr nachhaltig angelegt. Auch nach 200 Jahren erfüllt sie die ursprünglich beabsichtigten Funktionen noch immer.»

Selbstredend hat sich die Promenade in den vergangenen zwei Jahrhunderten aber auch in vielen Belangen verändert. Beispielsweise gab es die zahlreichen steilen Zugangswege und Treppen in der Ursprungsversion noch nicht. «Die Schüler etwa sind früher vom Stadtschulhaus mitten durch den Hang auf den schnellsten Wegen bis zum Uferweg runtergerannt», lacht Bamert. So entstanden über die Jahrzehnte hinweg zahlreiche Trampelpfade, aus denen dann später auch die heute offiziellen Verbindungswege wurden.

Umfangreiche Renovation

Die Sicherheits- und Infrastrukturanforderungen haben sich über die Jahre gewandelt. Weil es um die Jahrtausendwende immer wieder zu Hangrutschen und Baustürzen kam, und auch einige Trampelpfade ein Sicherheitsrisiko darstellten, beschlossen die Ortsbürger 2005, die Promenade umfassend für rund 2,2 Millionen Franken zu sanieren. Während einer eineinhalbjährigen Bauphase von 2007 bis 2009 wurden die Hänge mit Netzen befestigt, Verbindungswege erstellt, Geländer montiert, die Bepflanzung sowie die Wege erneuert und vieles mehr, bevor die Anlage schliesslich mit der symbolischen Pf lanzung einer Erinnerungseiche wieder der Bevölkerung «übergeben» wurde.

Seither wird die Promenade von einer ständigen Kommission zweimal pro Jahr überprüft und gewartet, damit sie sich stets im bestmöglichen Zustand für die Bevölkerung präsentiert.

Feierlichkeiten und Naturlehrpfad

Die Geschichte der Promenade mit zahlreichen Anekdoten wird auch Thema der Jubiläumsfeierlichkeiten vom 20. bis zum 22. Mai sein. An diesem Wochenende – am Samstag 21. Mai – findet auch der Ortsbürgertag und der Neuzuzügertag statt. Die Ortsbürger werden an ihrem traditionellen Jahresanlass mit Führungen, Reden und sonstigen Einlagen an Episoden aus 200 Jahren «ihrer» Promenade erinnert. Doch auch die übrige Bevölkerung ist herzlich eingeladen, das Ereignis zu feiern. Vom Freitag, 20. Mai, bis zum Sonntag, 22. Mai, finden verschiedene Aktivitäten beim Obertor neben dem Stadtschulhaus statt, wo auch ein grosses Festzelt aufgestellt wird. Sowohl am Freitag- als auch am Samstagabend herrscht dort Festbetrieb für alle, während der Sonntag zum Familienund Kindertag werden soll.

Auch die Promenade als solche wird pünktlich zum Jubiläum noch einmal aufgewertet. Der Uferweg wird nämlich – wie bereits früher einmal – wieder zum Naturlehrpfad. Auf diversen Hinweistafeln kann sich so Gross und Klein bald darüber informieren und sensibilisieren, welche Tiere und Pflanzen sich nebst uns Menschen besonders gerne am Reussufer auf halten, welche Abschnitte ökologisch besonders wertvoll sind und wie wir uns auf ihnen zu verhalten haben. Damit wird die Promenade um ein weiteres nachhaltiges, wertvolles Puzzlestück ergänzt und schreibt damit die seit 200 Jahren nachhaltig, wertvolle Erfolgsgeschichte des beliebten Bremgarter Reussufers weiter.


Meilensteine der Promenade

- 1822 Eröffnung
- 1883 Erste grosse Sanierung
- 1910 Bau Flussbadeanlage
- 1912 Erstellung Grottenanlage
- 1970 Abriss Flussbad
- 1979 Anlage Waldlehrpfad
- 2002 Isenlaufsteg fällt Hochwasser zum Opfer
- 2003 Neubau Isenlaufbrücke
- 2004 Umfangreiche Fällarbeiten–Baumbestand überaltert
- 2008/2009 Umfangreiche Sanierung und Neugestaltung
- 2022 Naturlehrpfad wird (wieder-)eröffnet


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