Alles rund um die Uhr

  20.10.2020 Region Oberfreiamt

Der Waltenschwiler Anton Stierli besitzt eine beeindruckende Uhrensammlung

Vor 28 Jahren reparierte Anton Stierli seine erste Uhr. Was als Hobby begann, wurde schnell zur Passion und noch heute repariert und restauriert er leidenschaftlich gerne – ab und zu entwirft er dabei sogar eigene, aufwendig zusammengesetzte Stücke.

Celeste Blanc

Beim Uhrenliebhaber Anton Stierli tickts und tackts – und das den ganzen Tag. «Ich liebe das Ticken der Uhr – wenn es nicht ist, vermisse ich es umgehend», gibt der 68-Jährige lachend zu. Wenn man sein Zuhause betritt, dann fallen sofort die schönen Uhren auf. Eine kleine Schwarzwalduhr hier, eine Comtoise-Uhr dort – sie sind Stierlis Leidenschaft.

Doch das war nicht immer so: «Zwar fand ich Uhren schon immer interessant, aber dass ich eine Sammlung haben sollte, hätte ich nie gedacht.» Heute besitzt der Waltenschwiler um die 60 Uhren, die zwar alle funktionieren, von denen die meisten aber stillstehen. Wenn es ihn packt, lässt er immer mal wieder die Pendel der einen oder anderen schwingen, um dem Geräusch zu lauschen. «Aber nur fünf Uhren zur gleichen Zeit, sonst ist es unangenehm – sogar für mich», zwinkert er.

Jede Uhr mindestens einmal komplett zerlegt

Alles begann damit, dass ihm seine Frau zum 40. Geburtstag eine Schwarzwalduhr vom Antikhändler schenkte. Als diese nach wenigen Wochen nicht mehr funktionierte, versuchte Stierli, die Reparatur selbst vorzunehmen. Mit Informationen aus Fachbüchern und dem Internet eignete er sich das nötige Know-how an. Was einmalig sein sollte, machte so viel Spass, dass wenig später bereits die nächste Schwarzwälder Lackschilduhr auf Vordermann gebracht wurde. Heute besitzt er keine Uhr, die er nicht mindestens einmal komplett auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt hat.

Mit der Zeit brachten auch Freunde und Bekannte ihre alten Standuhren zu Stierli. Als die Nachfrage immer grösser wurde, musste sich Stierli spezialisieren. «Ich nehme nur Grossuhren an, die ich kenne und zu reparieren weiss.» Für viele haben diese Uhren einen grossen sentimentalen Wert: «Die Menschen hängen an ihren Uhren, weil sie Erbstücke oder bereits seit Generationen im Besitz der Familie sind.»

Wenn die Glocke schlägt, wummert es im ganzen Haus

Je länger je mehr musste Anton Stierli die seltenen Zahnräder selber herstellen. «Denn nicht für jedes Zahnrad habe ich Ersatz zu Hause», erklärt er. Er begann, auf der Drehbank die Zahnräder selber zu fräsen. Mittlerweile hat er sich eine richtige Werkstatt im Keller eingerichtet.

Doch nicht nur die Instandhaltung ist für den Waltenschwiler eine Herzensangelegenheit, auch als Sammlerstücke hängen die Zeitmesser an seinen Wänden – wie in einer Ausstellung. Darunter zwei antike Comtoise-Uhren von 1700. «Die sind mein ganzer Stolz», erklärt Stierli. Auch ein kleines Kirchenuhrwerk von 1810 steht in der Mitte des Raumes. «Meine Enkelkinder stupsen sie hin und wieder mal an. Wenn dann die Glocke schlägt, wummert es im ganzen Haus», lacht er.

Selbst entworfene Uhren dank viel Erfahrung

Auch hat Stierli bereits eigene Uhren entworfen und aus überschüssigen Comtoise-Teilen zusammengebaut. «Als Erstes habe ich eine Uhr selber entworfen, bei der zwei Pendel entgegengesetzt geschwungen haben», so der Waltenschwiler. Da er das Grundwissen über den Aufbau und die Funktionsweise solcher Uhren hat, war für ihn das Zusammenbauen einer eigenen Uhr kein Problem. «Immerhin habe ich auch schon Uhren bestellt, die völlig zerlegt in einem Beutel angekommen sind. Mit der Zeit lernt man, wo welche Teile hinkommen, und erkennt sie sofort», lacht er.

Bereits zwei Uhren hat er entworfen, an denen nebst der Uhrzeit auch das Datum, der Tag, die Kalenderwoche, der Monat sowie die Mondphasen abgelesen werden können.

Uhren erzählen ein Stück Geschichte

Nicht nur das Ticken, die schön gearbeiteten Zifferblätter oder die filigran ineinandergreifenden Zahnräder faszinieren den Sammler. Sondern auch, dass jede Uhr eine Geschichte erzählt – und dass an ihnen Geschichte abgelesen werden kann. «Die frühsten Schwarzwald- und Comtoise-Standuhren aus dem 18. Jahrhundert waren im Grunde genommen Bauernuhren. Sie mussten gross und vor allem laut sein.» Sie hatten zum Zweck, die Bauersleute und die Knechte für die Arbeit zu wecken. Mit der Zeit wandelten sich die Uhren zu Schmuckstücken der Wohlhabenden und wurden modischer.

Digitaluhren sind für Anton Stierli ein absolutes No-Go. Seiner Meinung nach hat die Uhr an Wichtigkeit eingebüsst und ist in vielen Fällen zu einem Wegwerfartikel geworden. Die Uhr ist für ihn etwas, das die Zeit überdauert. Früher gaben Uhren jahrhundertelang die Zeit an, wenn sie richtig gehegt und gepflegt wurden. «Wie meine Comtoise von 1780. Sie schlägt für mich heute noch die Zeit», lacht er. Auch wenn Quarzuhren genauer laufen als die alten mechanischen, ist es doch genau das, was die Standuhren für Stierli so einzigartig macht.


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