«Dem Gehirn tut das gut»
04.10.2024 WohlenSeit 1. Januar gibt es an der Volksschule Wohlen ein Handyverbot: Die Bilanz fällt positiv aus
Das konsequente Handyverbot an der Schule Wohlen zeigt erste Erfolge. Im Schulalltag sei bezüglich Handythematik eine gewisse Beruhigung eingetreten, sagt Franziska ...
Seit 1. Januar gibt es an der Volksschule Wohlen ein Handyverbot: Die Bilanz fällt positiv aus
Das konsequente Handyverbot an der Schule Wohlen zeigt erste Erfolge. Im Schulalltag sei bezüglich Handythematik eine gewisse Beruhigung eingetreten, sagt Franziska Walti, Präsidentin der Schulleitungskonferenz. «Die Jugendlichen suchen wieder vermehrt den direkten Austausch.»
Daniel Marti
Das Handyverbot an den Schulen ist ein aktuelles Thema. Sogar an einem Podium der Mitte Wohlen im Schlössli vor knapp drei Wochen zur Problematik der Jugendkriminalität wurde das Handyverbot an Schulen diskutiert. Aber ein einziges Erfolgsrezept für den Umgang mit dem Handy in jungen Jahren gibt es kaum. Eine gute Regulation wäre eine Möglichkeit, so lautete ein Ratschlag am Podium. Und es sei eine Frage der Zeit, bis ein Verbot altersmässig nicht mehr ein- und umgesetzt werden könne.
«Sind wir alle vernünftig genug im Umgang mit dem Handy?», lautete damals eine Frage aus dem Publikum – gepaart mit dem Hinweis, dass man doch selber in den Spiegel schauen sollte. Oder Cybermobbing beispielsweise lasse sich mit einem Handyverbot nicht verhindern. Aber klare Regeln sind trotzdem hilfreich. An den Schulen sowieso. In Wohlen wurde beim vergangenen Jahreswechsel durchgegriffen und ein Verbot ab 1. Januar 2024 verordnet.
Weniger Grundsatzdiskussionen nötig
«Wir hatten ja schon seit jeher ein Handyverbot im Unterricht. Dieses liess sich aber zunehmend weniger durchsetzen, da das Handy in den Pausen – auch in den fünfminütigen – immer dabei war», blickt Franziska Walti, sie ist Schulleiterin im Schulhaus Junkholz und Präsidentin der Schulleitungskonferenz, zurück.
Das Handy beeinträchtigte also Unterricht und Schulbetrieb. Und das Verbot im Unterricht habe des Öftern zu Diskussionen geführt, ob man konkret gegen das Verbot verstossen habe oder nicht. «Und es führte zu Widerständen seitens der Jugendlichen, das Handy in solchen Fällen auch abzugeben.» Deshalb wurde das Handyverbot ausgedehnt auf die ganzen Schulhalbtage. Das Handy ist seit dem 1. Januar auch während der Pausen nicht erlaubt. «Der Unterricht ist seither weniger tangiert durch Grundsatzdiskussionen», freut sich die Schulleiterin.
Neue Reize erschweren die Konzentration
Franziska Walti stellt aber auch klar, dass die hauptsächliche Beeinträchtigung des Unterrichts nicht primär direkt durch das Gerät an sich erfolgt, «sondern durch die ständig abnehmende Konzentrationsspanne der Schülerinnen und Schüler. Soziale Medien trimmen die Jugendlichen darauf, von Inhalt zu Inhalt zu springen. Dieses Getrimmtsein auf ständig neue Reize ist das, was konzentriertes Lernen erschwert.» Die Handyabstinenz, zumindest für ein paar Stunden, tue dem Gehirn der Jugendlichen gut. Und eine Beruhigung sei nach neun Monaten Handyverbot feststellbar. «Nicht bei allen, nicht immer.»
Das Handyverbot in der Schule löst laut der Schulleiterin der Oberstufe nicht alle diesbezüglichen Probleme. Und das Handyverbot löste auch nicht bei allen Beteiligten Freude aus, die Rede ist von Elternprotesten. «Es gab Eltern, die der Meinung waren, ihr Kind müsse für sie in der Pause erreichbar sein», erklärt Walti. «Das waren aber nur einzelne Reaktionen.» Die Aufregung habe sich gelegt. Und das Gros der Eltern begrüsst inzwischen die Einführung des Verbots. Mit dem Handyverbot verbesserte sich nicht nur die Qualität im Unterricht. Auch das Pausenverhalten hat sich verändert und verbessert. Das kann Franziska Walti nur bestätigen: «Es ist schön, zu beobachten, dass die Jugendlichen wieder vermehrt im direkten Austausch sind, statt sich über Online-Inhalte zu amüsieren und die ganze Pause irgendwelche Videos zu schauen.»
Weniger mit Konflikten konfrontiert
Nach neun Monaten Handyverbot lässt sich ein Fazit ziehen. Die Erfahrungen sind durchaus positiv. «Die grosse Mehrheit der Schülerinnen und Schüler akzeptiert das Verbot, der Alltag hat bezüglich Handythematik eine gewisse Beruhigung erfahren», sagt Walti, «wir sind weniger unmittelbar konfrontiert mit Konflikten, die während der Unterrichts- oder der Pausenzeit über die sozialen Medien ausgetragen werden.»
Zudem sind die Erfahrungen in den drei Schulzentren ähnlich. Auch bezüglich Alter gibt es keine Unterschiede an der Oberstufe. «Die Siebtklässler besitzen in der Regel vor Eintritt in die Oberstufe ihr eigenes Handy. Für die allermeisten Oberstüfeler sind die sozialen Medien bereits fester Bestandteil ihres Alltags», so Walti. Trotz richtiger Handhabung der Handys und Regeln ist der allgemeine Umgang mit den sozialen Medien ein Problem für die Jugendlichen. Was kann hier die Schule allenfalls bewirken? «Prävention», betont Franziska Walti, «darüber reden, reden und nochmals reden. Aufklären, wie soziale Medien funktionieren und wie sie einen an sich binden. Aber die Schule kann die Thematik von Abhängigkeit und Missbrauch nicht alleine lösen. Die Eltern sind ebenfalls aufgefordert, ihrerseits Grenzen zu ziehen und eine Kontrollfunktion wahrzunehmen.»
Letztlich müsse sich auch die Gesellschaft als Ganzes fragen, «welche Spielregeln beim Nutzen von sozialen Medien gelten sollen». Stichwort Alterslimite.
Cybermobbing verschiebt sich
Denn Cybermobbing ist noch ein grösseres Problem. «Auch in diesem Bereich investieren wir als Schule viel in Prävention und Aufklärung.» Und Cybermobbing an sich habe durch das Handyverbot «nicht unbedingt abgenommen, es verschiebt sich einfach auf andere Zeiten oder Kanäle. Da machen wir uns nichts vor.» Die Präsidentin der Schulleitungskonferenz betont klar und deutlich, «dass unschöne Vorfälle angeschaut werden müssen, und sie müssen mit allen Beteiligten besprochen und aufgearbeitet werden».
Die Schule Wohlen steht betreffend Handyverbot oder Cybermobbing überhaupt nicht alleine da. Vergleiche mit anderen Schulen der Region gibt es allemal. «Viele Schulen hatten schon vor uns ähnliche Verbote. Wir haben für unsere Regelung daher auch Beispiele anderer Schulen herangezogen», sagt Franziska Walti. Und Anfang Jahr habe das Thema «medial mächtig an Fahrt aufgenommen. Schulen, die noch kein Verbot hatten, ziehen nach.» Die Schule Wohlen sei beim Handyverbot also weder Vorreiter noch Nachzügler.

