Der dreifache Muslin reichte nicht

  22.06.2021 Fussball

Fussball, 1. Liga classic: FC Wohlen – SR Delémont 3:4 (2:3)

Er gab nochmals seine Visitenkarte ab: Captain Marko Muslin erzielte beim letzten Heimspiel für seinen FCW drei Elfmetertore. Trotzdem reichte es zu keinem Punktgewinn. Vor allem weil sich Wohlen von Delémonts Tormaschine Mohamed Almamy Camara vorführen liess.

Dreimal Muslin. Dreierpack des Abwehrchefs. Und das bei seinem letzten Auftritt im Dress des FC Wohlen im heimischen Stadion Niedermatten. Die Verabschiedung von Marko Muslin war herzlich, seine Visitenkarte noch viel eindrücklicher. Mit drei Elfmetertoren hielt der scheidende Captain des FC Wohlen sein Team im Spiel. Dreimal verwertete er eiskalt vom Punkt aus – vom 0:2 zum 2:2 und zum 3:3. Was für eine Abschiedsvorstellung, die von seinen Teamkollegen allerdings nicht honoriert wurde. Der FC Wohlen verlor gegen Delémont mit 4:3. Und dies vor allem, weil die Jurassier ebenfalls einen dreifachen Torschützen in ihren Reihen hatten. Mohamed Almamy Camara entschied die Partie praktisch im Alleingang – auch dank Wohlens Begleitschutz.

Muslin: Trotz drei Toren nicht zufrieden

Der Mann des Spiels aus Wohler Sicht war trotzdem der Captain. «Drei Tore, ja, das hat Spass gemacht», sagte Marko Muslin kurz nach Spielschluss. Natürlich hätte er sich gleich drei Tore im letzten Heimspiel kaum vorstellen können, erklärte er noch, «aber diese Tore sind nicht das Wichtigste, denn wir haben das Spiel verloren». Und eines störte den Captain ganz besonders: «Wir haben die Gegentore viel zu einfach einkassiert.» Bei seinem letzten Heimspiel hätte er sich gewünscht, dass sein Team eine bessere Leistung gezeigt hätte. «Wir haben uns nicht gut präsentiert.»

Unnötige Gegentore am Ende jeder Halbzeit

Für diese Auslegeordnung gibt es noch eine Steigerungsform. Und zwar von FCW-Trainer Thomas Jent: «Wir haben uns von einem einzigen Spieler vorführen lassen», das könne es nicht sein. Das sei reine Einstellungssache.

Tatsächlich: Mohamed Almamy Camara hatte bei allen vier Treffern seine Füsse im Spiel. Den ersten Treffer der Gäste bereitete er vor, die Tore zwei bis vier der Westschweizer erzielte er selber. Bei drei Gegentreffern spielten die Wohler nicht konsequent gegen Ball und Gegenspieler, leisteten kaum Widerstand. Beim zweiten Treffer waren die Wohler für die Vorarbeit gleich selber verantwortlich. Vor allem Wohlens Innenverteidiger Yannick Waser war gegen Almamy Camara heillos überfordert. Er gewann gegen den Matchwinner kaum einen Zweikampf. Und hatte Glück, dass er bei einem Rettungsversuch gegen Camara nicht frühzeitig vom Platz musste und nur Gelb kassierte (20.).

Mohamed Almamy Camara hätte auch vier oder fünf Tore erzielen können. Kapitale Grosschancen dazu hatte er allemal (29. und 48.). Die Partie hätte nach einer halben Stunde bereits entschieden sein können, aber Delémont schnitzerte im Abschluss. Und die Szenen, die zu den beiden Foulelfmetern für Wohlen vor der Pause führten, waren nicht zwingend. Muslin nahm die doppelte Offerte trotzdem an. Aber Wohlens Konzentrationsschwächen am Ende der ersten und der zweiten Halbzeit waren mitentscheidend für die Niederlage. Almamy Camara, der 25-Jährige aus Guinea, traf beide Male, zum 2:3 und 3:4.

Nächste Saison soll alles besser werden

Wenigstens die Punkteteilung wäre für die Wohler ein Teilerfolg gewesen. Aber die Freiämter nahmen den vierten Gegentreffer kurz vor Schluss fast widerstands- und emotionslos hin. Das Defensivverhalten der gesamten Mannschaft war einmal mehr ungenügend. Ohne jegliche Konsequenz und zu fehlerhaft spielte die Jent-Truppe in der Abwehr. So richtig gegen die Niederlage stemmten sich nur Kämpfer Joel Richner, Captain Marko Muslin, vielleicht noch Ronny Minkwitz und Mittelstürmer Lugo, der ackerte, aber zwei Top-Chancen (5. und 33.) ungenützt liess.

Die Körpersprache, die Emotionen, die Überzeugung fehlten. Zu viel Freundschaftsspiel-Charakter, zu wenig Ernstkampf, zu wenig Leidenschaft und Biss. Allgemein nicht das, was man sich fürs letzte Heimspiel vorgenommen hatte. Die einzige richtig positive Nachricht: Seit der letzten Runde ist es auch theoretisch klar, Wohlen kann nicht mehr absteigen. Bleibt in der Liga drin – obwohl ja schon seit Wochen verkündet wurde, es gehe um nichts mehr beim Saison-Endspurt. Aber nächste Saison soll alles besser werden. «Dann wollen wir ganz vorne mitspielen», sagt Verwaltungsratspräsident A ndré Richner. Ehrlich? «Versprochen», betont er. Bis dahin braucht es allerdings noch ganz viel Arbeit und Überzeugung – vielleicht schon im letzten Saisonspiel am nächsten Samstag (16 Uhr) in Muttenz. --dm


Kein Arbeitswille

FCW-Trainer Thomas Jent

Was war denn gut bei diesem letzten Heimspiel und was war schlecht? Thomas Jent überlegt und denkt an die gegnerische Nummer 9, die sein Team im Alleingang besiegt hat. «Wenn man ein Spiel gewinnen will, dann braucht es Kampf und Leidenschaft, beides hatten wir erneut nicht», so der Wohler Trainer. Und sein Team hatte sehr wohl die Mittel, den gegnerischen Mittelstürmer zu neutralisieren. Für Jent war es unerklärlich, welche Freiheiten der dreifache Torschütze von Delémont geniessen durfte. «Denn der Rest von Delémont war ja purer Durchschnitt.» Den Grund für die Niederlage hat Jent rasch ausgemacht: «Meine Mannschaft war in der Defensive nicht bereit zu arbeiten.»

Immerhin: Das Umschaltspiel in die Offensive hat ihm ansatzweise gepasst. Und die Mannschaft habe die Ruhe nach den Rückständen bewahren können. Nach den negativen Vorfällen vor Wochenfrist in Langenthal sei eine Reaktion erfolgt: «Das war gut, charakterlich kann ich der Mannschaft nichts vorwerfen.» Aber das alleine reicht dem Wohler Trainer nicht. «Wir müssen uns schon fragen: Sind wir da, wo wir hinwollen?» Mit den zwei jüngsten Niederlagen wohl kaum. --dm


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