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  13.11.2020 Fahrwangen

Diskussion um Referendum zum Schulraum

Die Schulraumerweiterung ist umstritten. Das Referendumskomitee verlangt vom Gemeinderat Zahlen, Fakten und konkrete Alternativen. Währenddessen sprechen sich die Verbandsgemeinden klar für den Schulstandort Fahrwangen aus, wie sie auf Nachfrage bestätigen.

Chantal Gisler

Seit Wochen ist das Referendum zum Schulraum das Topthema in Fahrwangen. Am Informationsanlass positionierte sich der Gemeinderat noch einmal klar hinter dem Projekt (siehe Ausgabe vom 10. November). Er sieht es als grosse Chance, zumal die Bezirksschule in zwei Jahren leer stehen wird. An der Gemeindeversammlung vom 3. September wurde der Kredit für den Schulraum gesprochen. Dagegen wurde das Referendum ergriffen. Am Sonntag, 29. November, wird an der Urne erneut über das Thema abgestimmt.

Das Referendumskomitee stellt klar: «Wir sind nicht grundsätzlich gegen die Oberstufe. Aber wir finden es sinnvoll und nötig, die Schulhauserweiterung noch einmal gründlich zu diskutieren. Wir wollen nicht erst dann Opposition machen, wenn der Baukredit vorliegt und rund 400 000 Franken in Form von Planungskredit plus Mehrwertsteuer ausgegeben worden sind.»

Denn die Gemeinde ist finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet. «Unsere Bedenken sind primär finanzieller Natur. Mit aktuell 8,2 Mio. Franken Schulden insgesamt und rund 3500 Franken pro Kopf der Bevölkerung gehört unsere Gemeinde schon jetzt zu den am stärksten verschuldeten Gemeinden im Kanton Aargau. Zudem belegen wir mit einem Steuerfuss von 118 Prozent zurzeit Rang 172 von 211 Aargauer Gemeinden. Der Gemeinderat rechnet beim angedachten Projekt mit Investitionen von 10 Millionen Franken. Die Projektierungskosten miteingerechnet, würden unsere Schulden damit bis in drei, vier Jahren auf etwa 19 Millionen Franken steigen, das sind 8000 Franken pro Kopf der Fahrwanger. Nicht eingerechnet in diesen Beträgen sind Schulden, die in den nächsten Jahren allenfalls aus der Finanzierung von anderen dringenden Infrastrukturprojekten anfallen», gibt das Referendumskomitee zu bedenken. Das ist dem Gemeinderat bewusst. Ammann Patrick Fischer gab sich am Infoanlass optimistisch: Es sei zwar viel Geld, aber Fahrwangen bringt das auf jeden Fall zustande.

Alternativen vom Gemeinderat werden verlangt

Das sieht das Referendumskomitee anders. «Unsere Bedenken sind primär finanzieller Natur», heisst es in einer Mitteilung. Die Komiteemitglieder kritisieren, dass die Kosten dafür viel zu hoch sind. In ihren Augen gibt es keinen Plan B. Patrick Fischer sagte, dass Plan B das Beibehalten der jetzigen Situation wäre. Mit der Konsequenz, dass Mehrkosten für das leere Schulhaus anstehen würden und die Gemeinde in etwa fünf oder sechs Jahren eine Steuerfusserhöhung machen müsste.

Dem Referendumskomitee fehlen aber noch wichtige Zahlen und Fakten. «Weder haben wir bisher ein aussagekräftiges Finanzierungskonzept für die nächsten Jahre gesehen noch hat sich die Finanzkommission dazu geäussert. Wir erachten weitere konkrete und seriöse Informationen zu den finanziellen Perspektiven unserer Gemeinde als dringend nötig. Fahrwangen darf sich nicht auf ein finanzielles Abenteuer einlassen, welches am Ende zu einer noch höheren Verschuldung und/oder einem weiteren Anstieg des Steuerfusses führt.» Konkret erwarten sie zusätzliche Informationen vom Gemeinderat und vor allem Alternativen zu allenfalls kostengünstigeren Lösungen. «Wir möchten wissen, ob die Möglichkeit einer weiteren Zusammenarbeit mit den umliegenden Gemeinden im Rahmen des bisherigen Schulverbandes konkret geprüft worden ist und wie sich eine solche Zusammenarbeit finanziell auswirken würde. Unserer Meinung nach sollte deshalb auch die Auflösung des regionalen Schulverbandes so lange aufgeschoben werden, bis diesbezüglich klare Fakten vorliegen. Damit könnte verhindert werden, dass sich Fahrwangen allenfalls mögliche regionale Lösungen verbaut.»

Die Verbandsgemeinden stehen hinter Fahrwangen

Ein weiterer Kritikpunkt: Fahrwangen hat dem Kredit Anfang September zugestimmt. Die Verbandsgemeinden Sarmenstorf und Bettwil stimmen aber erst in einer Woche über den neuen Vertrag ab. Meisterschwanden hat ihm vergangene Woche zugestimmt. Der Vertrag bindet maximal zehn Jahre, danach muss er erneuert und von den Gemeinden abgesegnet werden. Bis das Schulhaus abbezahlt ist, vergehen 35 Jahre. Das Referendumskomitee sieht hier die Gefahr, dass die Verbandsgemeinden nach zehn Jahren aussteigen könnten. Dann würde Fahrwangen auf dem Trockenen sitzen. Wie gross ist diese Gefahr überhaupt?

Auf Anfrage dieser Zeitung nehmen die Gemeinderäte von Sarmenstorf, Meisterschwanden und Bettwil Stellung. «Der Gemeinderat Bettwil steht voll und ganz hinter dem Schulstandort Fahrwangen», sagt Dieter Studer, Gemeindeschreiber von Bettwil. «Das Risiko, dass Bettwil seine Schüler nicht mehr nach Fahrwangen schickt, ist gleich null. Bettwil ist, aufgrund seiner Grösse, kein Oberstufenstandort und wird dies auch in Zukunft nicht sein. Zudem ist der Standort Fahrwangen aus Bettwiler Sicht optimal. Der Gemeinderat Bettwil äussert sich nicht zum Referendum. Der Entscheid liegt bei den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern von Fahrwangen. Unsere Behörde wird den demokratisch gefassten Entscheid der Referendumsabstimmung, wie er auch immer ausfällt, zur Kenntnis nehmen.»

Auch Sarmenstorf hat nicht vor, seine Schüler von Fahrwangen abzuziehen. «Eine gute Schule überzeugt durch hervorragende Schulqualität und einen zentralen Standort. Beide Faktoren wird der SeReal-Standort in Fahrwangen gewährleisten, davon ist der Gemeinderat Sarmenstorf überzeugt. Ein Schulwechsel nach Seengen, Villmergen oder gar Wohlen würde weitaus die grösseren Risiken mit sich bringen und wäre nur dann eine echte Alternative, wenn mindestens einer der beiden genannten Faktoren in Fahrwangen elementare Schwächen aufweist», sagt der Sarmenstorfer Gemeinderat Marco Lüthi. «Fahrwangen liegt im Herzen der Verbandsgemeinden und ist von allen umliegenden Gemeinden schnell und bequem zu Fuss, mit dem Velo oder dem ÖV zu erreichen. Zudem wird durch den Wegzug der Bezirksschule ein komplettes Schulhaus frei, das aus ökonomischen und ökologischen Überlegungen bestens für den zukünftigen Oberstufenschulstandort genutzt werden kann. Diese nachhaltige ‹Reaktivierung› eines vorhandenen Schulhauses schafft wiederum in den umliegenden Gemeinden Luft in Form von frei werdenden Schulräumen. Sowohl in Meisterschwanden wie auch in Sarmenstorf platzen die Schulzimmer aus allen Nähten und freier Schulraum ist dringend nötig. Der Gemeinderat Sarmenstorf steht also hinter dem geplanten zentralen Schulstandort SeReal Fahrwangen und unterstützt das pädagogisch, ökologisch und ökonomisch nachhaltige Projekt.»

Die Meisterschwander Bevölkerung hat sich bereits für den Schulstandort Fahrwangen ausgesprochen. «Damit wurde von der ersten Nachbarsgemeinde auch der vorgeschlagene Standort in Fahrwangen bestätigt. Mehr als dieses erste Ja zum alleinigen Oberstufenstandort in Fahrwangen können wir zurzeit leider nicht liefern», sagt der Meisterschwander Gemeindeschreiber Michael Grauwiler. Sie stehen hinter dem Schulstandort Fahrwangen. «Seit Jahrzehnten haben nun schon die vier Gemeinden Bettwil, Fahrwangen, Meisterschwanden und Sarmenstorf ihren Kindern eine gemeinsame Oberstufe ermöglicht. Notabene bis vor 14 Jahren auch ohne jegliche Verbandslösung», führt Grauwiler aus. «Denn eine langjährige Erfolgsgeschichte braucht normalerweise keine neuen Verbandsstrukturen oder vertragliche Mindestlaufzeiten. Wir bedauern aber, dass in der laufenden Abstimmungsdebatte einzig die beabsichtigte ‹10-jährige Mindestlaufzeit› herausgepickt worden ist und nun negativ im Fokus steht.» Der Meisterschwander Gemeinderat sieht das frei gewordene Schulhaus ebenfalls als Chance. Denn wie Sarmenstorf hat auch Meisterschwanden zu wenig Platz für seine Primarschulen. Ein Problem, das die Fahrwanger angehen und gleichzeitig davon profitieren könnten.

Am Sonntag, 29. November, stimmt Fahrwangen über den Kredit für die Schulhauserweiterung ab. Am 3. September gewährte der Souverän den Planungskredit. 294 Personen ergriffen das Referendum.


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