Ein Dorfverein geblieben

  18.06.2021 Muri

Der TV Muri Handball feiert sein 50-jähriges Bestehen – sportlich und gesellschaftlich

Einige Namen sind ganz gross herausgekommen. Für viele ist Handball aber ein Hobby geblieben. Auf den TV Muri Handball wartet ein spezielles Jahr.

Annemarie Keusch

Ein spezielles Jubiläumslogo, ein ausführliches Jubiläumsheft. Und natürlich das grosse Jubiläumsfest am 14. Mai nächsten Jahres. Das OK «50 Jahre TV Muri Handball» stellt so einiges auf die Beine. «Wir wollen jenen, die diese fünf Jahrzehnte mitprägten und -erlebten, etwas zurückgeben», sagt OK-Präsident Stefan Staubli. Ein grosses Fest für die riesige Murianer Handballfamilie ist angesagt.

Aber auch sportliche Events will das OK auf die Beine stellen. Die grosse Unsicherheit: Corona. Die Top-Teams, die für Trainingsspiele in die Bachmatten kommen sollen, warten zu mit Zusagen. Kommt ein NLA-Team? Die Frauen-Nationalmannschaft? «Fix ist noch nichts, aber wir versuchen alles.»

Stars zum Anfassen

«Touch the stars» heisst ein weiterer Anlass, der auf dem Jubiläumsprogramm steht. Schweizer Handballstars kommen nach Muri. «Und, so hoffen wir doch, auch solche, die einst bei uns spielten.» Gross und Klein soll es begeistern, das Jubiläumsjahr des TV Muri Handball. Und auch wenn aus dem Verein in den 50er-Jahren der eine oder die andere grosse Handballer oder Handballerin entsprang, «wir sind ein Dorfverein geblieben».


Kein Jahr stillgestanden

Der TV Muri Handball feiert seinen 50. Geburtstag und blickt nach vorne und zurück

Anfangs waren sie maximal geduldet. Mittlerweile sind die Handballer im Dorf mehr als etabliert. Gegen 300 Leute, von der U9 bis zu den älteren Semestern, zählen zum Verein. Der TV Muri Handball hat eine bewegte Geschichte hinter sich – und eine äusserst erfolgreiche.

Annemarie Keusch

Einmal Blau, einmal Weiss, einmal Rot, einmal Grün. Nicht nur die Farben der jeweiligen Trikots von TV Muri Handball deuten auf die bewegte Geschichte des Vereins hin. Es sind die Anekdoten, die diese Geschichte lebendig machen. Etwa jene, dass 1972 noch vor jedem Spiel mit Kreidemehl die Linien auf dem Klosterplatz eingezeichnet werden mussten. Die Tore und Langbänke waren vor jedem Spiel von der Badweiherturnhalle auf den Klosterplatz zu tragen. Oder jene, dass der Klosterplatz aus dermassen rauem Asphalt bestand, dass die Mannschaften zwar leidenschaftlich gegeneinander kämpften. «Umfallen war aber verboten», weiss Stefan Staubli, OK-Präsident von 50 Jahre TV Muri Handball. Üble Schürfungen zogen sich nicht wenige zu.

Es sind solche Geschichten, die an einem Jubiläum wieder ans Tageslicht gelangen. «Darum ist das 50-Jahr-Jubiläum auch ein besonders schönes», findet Staubli. Einige, die den Verein gegründet haben, können die Festivitäten noch miterleben, aus den Anfängen erzählen, Geschichte übermitteln.

Hand- statt Korbball nach dem Turntraining

In einem sechsköpfigen OK mit Staubli, Lucia Schroth, Karim Dahinden, Franz Hold, Thomas Hügli und Yorick Kaufmann wurde die Geschichte des Vereins aufgearbeitet. Verschiedene Anlässe über das ganze Jahr sind geplant, einige schon organisiert, andere stehen noch in der Schwebe. Das Jubiläumslogo ist entworfen, das Jubiäumsbier damit etikettiert.

Angefangen hat alles in den 60er-Jahren, als Handball in der Schweiz einen grossen Boom erlebte. Felix Schmid war es, der diese Begeisterung nach Muri brachte, in den Turnverein, wo das Geräteturnen das Nonplusultra war. Nach dem Training ein kurzes Korbballspiel, das lag drin. Gegenüber Handball herrschte aber seitens der Turner eine grosse Skepsis. Vor allem die Jungen waren aber schnell begeistert, als nach dem Training ab und zu auch Handball gespielt wurde. 1967 stellte der TV Muri erstmals ein Team an einem Kreisspieltag, 1971 folgte die Anmeldung für die Wintermeisterschaft. Damit gehört das Team einem Verband an. Auch ohne Gründungsversammlung und -urkunde ist das die Geburtsstunde des TV Muri Handball.

Viele Meilensteine

Es folgten viele weitere Meilensteine. Unvergessene Namen wie Bernd Welm, Camil Festic, Martin Pauli oder Zoltan Cordas prägen das Spiel der ersten Mannschaften als (Spieler)-Trainer. 1978 wird die Bachmattenhalle eingeweiht, endlich hat der Verein eine Heimat und muss bei schlechtem Wetter die Heimspiele nicht mehr in Lenzburg austragen. 1979 wird die erste Frauenmannschaft gegründet. Mittlerweile sind von der U9 bis zu den Aktiven alle Jahrgänge mit verschiedenen Mannschaften vertreten, Männer wie Frauen. 1996 wird der Verein Pro Handball 96 gegründet. Auch dieser zählt gegen 300 Mitglieder und unterstützt den TV Muri Handball vor allem in finanzieller Hinsicht – auch und besonders im Jubiläumsjahr. 2001 werden die ersten Statuten des TV Muri Handball genehmigt. Damit ist der Verein gänzlich losgelöst vom Turnverein, auch wenn er seit 1978 in «kontrollierter Unabhängigkeit» war. Der erste Aufstieg in die NLB im Jahr 2000 und die damit verbundene Feier sind noch immer unvergessen.

Geschichten wissen alle unzählige zu erzählen. Von Guido Wipf, der seit 1972 im Verein ist, bis zu Luiz Egger, einem vielversprechenden Nachwuchstalent, das seit Kurzem mit der ersten Mannschaft trainiert. Auch die Juniorinnen und Damen sind fixer Bestandteil des Vereins, alle kennen einander, schätzen einander. «Die schönsten Tage sind, wenn du am Morgen die Halle betrittst, ein U14-Juniorinnen-Spiel schaust, nachher ein Junioren-Spiel, später selber spielst und am Schluss noch das Herren-1 eine Partie absolviert», sagt Lucia Schroth, OK-Mitglied und Spielerin der ersten Damenmannschaft.

Alle teilen die gleiche Leidenschaft

Es ist dieser Zusammenhalt innerhalb des Vereins, den auch Präsident Christoph Allemann erwähnt. «Wir werden getragen von Fans, Helfern, Funktionären, Sponsoren. Viele Spieler, gerade in der ersten Mannschaft, übernehmen zusätzliche Ämter. Das ist unbezahlbar.» Warum das so ist? Staubli bezeichnets es als Familie. «Viele absolvierten ihre ganze Ausbildung beim TV Muri, entsprechend identifizieren sie sich mit dem Verein und wollen etwas zurückgeben», sagt Allemann. Alle teilen die gleiche Leidenschaft, vom neunjährigen Mädchen bis zum über 50-Jährigen in der dritten Mannschaft.

Entsprechend spricht der Präsident von einem gut aufgestellten Verein. Einer, der auf Leistung setzt, aber auch auf Breitensport. «Wir sind immer noch der Dorfverein, der allen die Möglichkeit bietet, Handball zu spielen.» Ob aus ihnen später grosse Namen werden wie Daphne Gautschi, Marvien Lier oder früher Josy Beer sei zweitrangig. Am Anfang stehe die Freude am Sport.

Hallenkapazität reicht nicht

Gründe, warum der Blick in die Zukunft nicht auch positiv sein soll, sehen die Verantwortlichen keine. Der Verein ist professionalisiert, hat einen Leiter der Geschäftsstelle im Teilpensum, einen eigenen Kraftraum und ist breit aufgestellt. Die Junioren- und Juniorinnenarbeit läuft. Handball ist beliebt. Rund hundert Buben und Mädchen rennen regelmässig dem kleinen Ball hinterher und schauen zu ihren Idolen der ersten Mannschaften hoch.

Sorgen bereitet dem Präsidenten nur die mangelnde Hallenkapazität. «Das ist eine grosse Herausforderung für uns», sagt Allemann. Mehrere Anläufe habe man unternommen. Eine Traglufthalle war eine Idee, zu stemmen wagte sie der Verein nicht, auch als Folge der Haltung des Gemeinderates. Nun tun sich die Handballer mit anderen Sportclubs zusammen. «IG Halle für alle» heisst das Projekt. Eine zweite Dreifachturnhalle ist das Ziel. Damit auch die nächsten Jahrzehnte so erfolgreich werden, wie es die letzten fünf waren.


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