Ein wahres Vorbild

  10.09.2021 Sport

Empfang für Olympiasiegerin in Waltenschwil

Strahlende Gesichter, wo man hinschaut. Die Lehrerschaft und Schüler ehren und bejubeln Catherine Debrunner.

Die neue Olympiasiegerin fährt strahlend durch ein Fahnenmeer. «Ein schönes Gefühl», meint Catherine Debrunner berührt. «Es zeigt mir, wie sehr sie mich unterstützen.» Mit ihrer Ausstrahlung und dem, was sie geleistet habe, sei sie ein wahres Vorbild, sagt Michaela Brühlmeier vom Departement Bildung Kultur und Sport vom Kanton Aargau. Edelmetall bei Olympia fehlte der 26-Jährigen noch in ihrem bereits beeindruckenden Palmarès. Nach Tokyo hat sich das nun geändert. «Die beiden Medaillen bedeuten mir alles», sagt die Rollstuhl-Sportlerin im Interview.


Freude und Dankbarkeit

Die Schule Waltenschwil empfängt Catherine Debrunner

Seit Montag ist die erfolgreiche Para-Leichtathletin wieder in der Schweiz. Im Gepäck hat sie olympisches Edelmetall. Gestern wurde Catherine Debrunner nun von der Schule ein herzlicher Empfang bereitet.

Sabrina Salm

Ausgerüstet mit Schweizer Fahnen machen sich die Kinder der Schule Waltenschwil mit ihren Lehrern bereit. «Sie kommt», hört man auf einmal wild durcheinander rufen. «Was sollen wir jetzt machen?», will eine Schülerin von ihrem Lehrer wissen und tritt aufgeregt von einem Bein auf das andere. «Jubeln», sagt der Lehrer und schon flattern die Fähnchen und «Super gemacht»-Rufe hallen über den Vorplatz.

Begeistert und Mut gemacht

«Einfach wow», sagt Schulleiter Simon Widmer, als die Jubelrufe verstummen und Catherine Debrunner, die Lehrerschaft und die Schüler sich vor der Treppe versammeln. «Mir wird nun immer mehr klar, was für eine hochkarätige Lehrerin wir hier haben.» Simon Widmer ist erst seit dem neuen Schuljahr an der Schule Waltenschwil und konnte Catherine Debrunner bisher noch nicht persönlich kennenlernen. Alle im Schulhaus hätten ihre Rennen verfolgt und mitgefiebert. «Und alle haben sich sehr über die Resultate gefreut.» Sie seien stolz, Catherine Debrunner unter sich zu haben. Mit ihrer Präsenz an den Paralympischen Spielen habe sie begeistert. Mit ihrem Strahlen habe sie Mut gemacht. Auch Michaela Brühlmeier vom Departement Bildung, Kultur und Sport vom Kanton Aargau schliesst sich den Lobworten und einem Präsent an. «Sie haben geschafft, wovon viele ein Leben lang träumen. Sie waren an den Olympischen Spielen dabei.» Sie selber und auch Alex Hürzeler verneigen sich vor ihr, sagt Brühlmeier. «Mit Ihrem Erfolg können Sie Kindern etwas Wichtiges mitgeben.» Mit Fleiss, Willen und ganz viel Freude im Herzen könne man seine Ziele erreichen.

Unterstützen ist ein Anliegen

«Unter die Freude mischt sich auch Dankbarkeit», offenbart der Schulleiter Simon Widmer weiter. «Was du ausstrahlst und vorlebst, ist einfach wahnsinnig bereichernd.» Es sei der Schule Waltenschwil ein Anliegen, sie zu unterstützen. Diese Unterstützung spürt die Spitzensportlerin durchaus. «Ohne diese würde es nicht gehen», sagt die sichtlich gerührte Catherine Debrunner. Bereits nach den Erfolgen an den Weltmeisterschaften in Dubai vor zwei Jahren wurde die Rollstuhlsportlerin herzlich von der Schule empfangen. «Damals war ich total überrascht. Diesmal habe ich es mir gedacht», lacht sie. Aber auch wenn sie es geahnt hat, war die Freude bei ihr gross. «Ich habe es genossen. Es ist so schön.» Besonders schön sei, die Kinder wiederzusehen. «Jetzt freue ich mich auf meine neuen Schüler», sagt Catherine Debrunner. Und gleich merkt man wieder: Neben Olympia-Feuer im Herzen lodert ein Feuer fürs Unterrichten und für ihre Schüler.


«Bin überrannt von Emotionen»

Paralympics: Catherine Debrunner über das Abenteuer Tokio

Sie ist 26 Jahre alt, arbeitet als Lehrerin in Waltenschwil und ist seit Kurzem auch Gewinnerin zweier Paralympics-Medaillen. Einmal in Gold, einmal in Bronze. Catherine Debrunner hat sich bei den Paralympischen Spielen in Tokio einen Traum erfüllt und wurde zur Abrundung auch zur Schweizer Fahnenträgerin bei der Schlussfeier erkoren.

Josip Lasic

«Die Goldmedaille im Regen.» Sie haben dem Schweizer Fernsehen gesagt, dass Sie gehofft haben, dass es in Ihrem Finaldurchlauf über 400 m regnet.

Catherine Debrunner: (lacht) Etwas verrückt, nicht?

Überhaupt nicht. Es schien lediglich, dass Sie sich daraus einen Vorteil versprochen haben?

In der Tat. Ich habe mich schon länger mit dem Regen-Setting und dem Fahren unter solchen Bedingungen auseinandergesetzt und dachte, dass mir das helfen kann.

Der Plan ist voll aufgegangen.

Absolut. Die beiden Medaillen bedeuten mir alles. Ich wusste, dass eine Medaille drinliegt, wenn alles gut läuft. Nach der Bronze über 800 m war ich schon überglücklich. Dass es noch zu einer Goldmedaille reicht, daran hätte ich nie gedacht.

Obwohl Sie über 400 m Weltmeisterin sind?

Mein Eindruck ist, dass die chinesischen Athletinnen sich auf die Paralympics noch stärker vorbereiteten als auf eine WM. Und vor zwei Jahren in Dubai, als ich den Titel geholt habe, war die Britin Samantha Kinghorn nicht vor Ort. Sie konnte ich bisher nie bezwingen, bis zu diesem Final jetzt an den Paralympics.

Nach dem Qualifikationsdurchlauf waren Sie aber deutlich in Führung. Es sprach viel dafür, dass Gold drinliegt.

Manche Athleten schonen sich noch im Qualifikationsdurchgang, um dann im Final Vollgas zu geben. Ich wollte mir auf all das nichts einbilden.

Sie sind sehr bescheiden, gemessen an Ihren Leistungen.

(lacht). Ich muss das Ganze jetzt verarbeiten. Es sind so viele Eindrücke, ich erhalte enorm viele Nachrichten, Glückwünsche. Ich bin komplett überrannt von Emotionen Das muss ich erstmal sacken lassen.

Würden Sie das als Ihren grössten sportlichen Erfolg bisher bezeichnen?

Definitiv. Mit den Medaillen an den Paralympics ist ein Traum in Erfüllung gegangen.

Ihr Statement zum Rennen über 100 m?

Das war nicht so schlecht. Über die kurze Distanz darf man sich keinen Fehler erlauben. Mir ist einer passiert. Rang 6 ist unter diesen Umständen solide.

Über 400 m haben Sie jetzt den Europa- und Weltmeistertitel und Gold an den Paralympics. Ist das Ihre Paradedisziplin?

Kann man schon so sagen. Über 800 m bin ich auch ziemlich stark (neben Paralympics-Bronze ist sie über diese Distanz Vize-Weltmeisterin und Europameisterin, Anm. d. Red.). Ich fahre auch andere Distanzen gerne, aber in diesen bin ich am stärksten.

Gehen wir weg vom Sportlichen. Wie war die Stimmung bei den «Geisterspielen»?

Eigentlich nicht so schlecht. Wir waren zwar schon ein wenig isoliert. Im Pre-Camp befanden wir uns beispielsweise nur im Hotel oder auf der Bahn und konnten nirgends alleine hin. Es musste immer jemand vom Staff dabei sein. Im Village war ich auch vor allem auf meinen Zimmer, in der Essenshalle oder im Stadion. Um ehrlich zu sein, war ich vor fünf Jahren in Rio aber auch nicht sehr viel mehr unterwegs. Das heisst allerdings nicht, dass ich mich nicht auf eine Zeit freue, wenn wieder weniger Einschränkungen herrschen (lacht).

Es gab ja kein Schweizer Haus. Konnten Sie die Wettkämpfe der anderen Schweizer Athleten verfolgen?

Ja, wir hatten eine Lounge, wo wir uns die Wettkämpfe gemeinsam ansehen konnten. Ausserdem haben mehrere Athleten eine WG geteilt. Man hat schon erfahren, wer sich wie geschlagen hat. Und gerade am Tag, als ich Gold geholt habe, gab es noch viele andere Schweizer Erfolge. Wir kamen aus dem Jubeln kaum noch raus (lacht). Die Paralympics waren aus Schweizer Sicht sehr erfolgreich. Und die Stimmung trotz allem sehr gut. Ich werde viele positive Eindrücke mitnehmen.

Sie sind am Montag wieder in der Schweiz angekommen. Wie geht es jetzt weiter?

Seit gestern Donnerstag arbeite ich bereits wieder. Und am Abend startete ich noch an der Weltklasse Zürich.

Am gleichen Tag?

Ja (lacht). Das ist aber der letzte Wettkampf der Saison. Jetzt mache ich ein wenig Ferien – also vom Sport. (lacht) Unterrichten werde ich dann ganz normal.


Eachus-Keller mit Bestzeit

Die Waltenschwilerin Patricia Eachus-Keller startete zum Abschluss der Paralympics im Marathon der Frauen in der Kategorie T54. Unter 16 Athletinnen erreichte sie den 9. Rang. Mit einer Zeit von 1:47.06 konnte die Freiämterin dabei ihre persönliche Bestzeit im Marathon erreichen. Neben ihrer Saisonbestzeit über 5000 m der grösste Erfolg von Eachus-Keller in Tokio. Mit dem 9. Rang ist sie allerdings knapp am Olympischen Diplom vorbeigeschrammt. --red


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