Entscheidungen

  14.07.2020 Kolumne

Susanne Schild, Redaktorin.

Immer und überall müssen wir sie treffen, die Entscheidungen. Aber langsam wird es wirklich anstrengend. Jeden Tag treffen wir Hunderte von Entscheidungen. Ich habe das Gefühl, dass es immer mehr werden. Die Optionen unseres Lebens sind gewaltig. Manchmal könnte ich wirklich wie ein Kind schreien, das man fragt, ob es nun die grünen oder roten Socken anziehen möchte, während es einfach nur spielen will.

Es fängt beim Einkauf an und endet bei der Diät. Früher hat man die Milch im Dorfaden frisch aus der Milchkanne vom Bauern gekauft. Da hat sich einem nicht die Frage gestellt, ob lactosefrei, Sojamilch, fettarm oder pasteurisiert.

Auch die Frage, was denn zum Essen auf den Tisch kommt, gestaltete sich meiner Meinung nach ziemlich einfach. Es gab das, was der Garten oder die fnanziellen Umstände zuliessen. Heute muss man da schon fundamentale Entscheidungen treffen, die eine Lebenseinstellung widerspiegeln und nicht nur der Nahrungsaufnahme dienen. Ob mit Fleisch, vegetarisch oder vegan, fettarm oder «fettreich». Wenn man sich zu häufg für die «fettreiche» Variante entscheidet, wird man selber dick und muss eine Diät machen. Doch einfach weniger essen wäre zu leicht. Nein, da gibt es die Low-Carb-Diät, die magische Kohlsuppe oder die meditative Alternative, die die Kalorien im Schlaf einfach wegschmilzt.

Oder die Frage nach der Mobilität. Gehe ich zu Fuss oder mit dem Velo oder doch mit dem oder den Öffentlichen? Früher ging man zu Fuss – aus Mangel an Alternativen. Die Fahrt mit der Postkutsche konnten sich nur die Privilegierten leisten.

Für alles soll man Verantwortung übernehmen. Fürs Kinderkriegen, fürs Gesunde-Kinder-Kriegen, für die Liebe und die Ehe. Wie oft denke ich bei mir: «Ach hätten sie mich doch einfach verheiratet, vielleicht wäre ich es dann noch.»

Früher, da hatte man es nicht leicht, aber das war wenigstens klar. Heute hat man die Qual der Wahl. Und wenn man keine Wahl hat, dann ist es Schicksal, das man akzeptieren muss. Und wenn nicht, dann gibt es ja den Therapeuten, der einem das Ganze zu erklären versucht. Doch dieser muss auch wohlgewählt sein.


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