Fast schon historisches Duell

  10.09.2021 Hägglingen

In Hägglingen kommt es zu einer Kampfwahl um das Amt des Gemeindeammanns

24 Jahre arbeitete Urs Bosisio im Gemeinderat mit, 12 Jahre lang stand er ihm vor. Nun tritt er Ende Jahr zurück. Um seine Nachfolge als Ammann duellieren sich zwei Bisherige: Vizeammann Franz Schaad (FDP) und Gemeinderat Peter Wyss (Die Mitte).

Chregi Hansen

Die Gemeinderatswahlen bieten in Hägglingen nur wenig Spannung. Für die fünf Sitze haben sich genau fünf Kandidaten angemeldet. Neben den vier Bisherigen Franz Schaad (FDP), Rudolf Schmid (SVP), Peter Wyss (Die Mitte) und Robert Wirz (FDP) ist dies als Neuling Stephan Kuhnen (SVP).

Dafür kommt es zu einer Kampfwahl um das Amt des Gemeindeammanns – etwas, was in Hägglingen völlig ungewöhnlich ist. Wann dies das letzte Mal der Fall war, daran kann sich im Dorf kaum jemand erinnern. Für die Führung der Gemeinde interessieren sich sowohl der bisherige Vizeammann Franz Schaad wie auch Gemeinderat Peter Wyss. Beide verfügen über Erfahrung. Schaad wirkt seit 2012 im Gemeinderat mit und steht dem Ressort Finanzen und Liegenschaften vor. Wyss betreut das Ressort Sozialhilfe, Gesundheit, Verkehr und Landwirtschaft.

Beide wollen den Puls der Bevölkerung spüren

Franz Schaad lebt seit 27 Jahren in Hägglingen. «Das Dorf mit dem aktiven Vereinsleben, der malerischen 7-Hügel-Landschaft und der einzigen Kirche im Kanton mit integriertem Tunnel hat es mir von Anfang an angetan», erklärt er. Der gelernte Schreiner machte später eine Ausbildung zum Betriebsökonomen und leitet heute als Unternehmer eine eigene Fensterfirma mit 35 Angestellten. Der frühere Kranzschwinger ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern. Ihm ist es ein Anliegen, nach der Demission von Bosisio für Kontinuität zu sorgen und die Arbeit in gleicher Konstanz und Qualität fortzuführen.

Peter Wyss wiederum wohnt seit bald 20 Jahren in Hägglingen im Weiler Rüti. Er arbeitet bei der Wasserschutzpolizei der Stadt Zürich, ist Offizier der Feuerwehr Hägglingen und im Vereinsleben von Hägglingen sehr engagiert. «Hägglingen bedeutet für mich engagiertes Vereinsleben, Natur, Erholung, Rückzugsort, aber auch Geselligkeit und vor allem Lebensqualität», sagt er. Ihm ist es ein Anliegen, dass das Dorf mit seiner ganzen Vielfältigkeit und dem lebendigen Dorfleben erhalten und gestärkt wird.

Als Ammann ist es Franz Schaad wichtig, den Puls der Bevölkerung zu spüren. Werde er gewählt, werde er einen eher liberalen Führungsstil anwenden, so, wie er es in seinem Unternehmen handhabt: die Leute selbstständig arbeiten lassen und Verantwortung übergeben; laufen lassen, was läuft, aber Unterstützung bieten, wenn es harzt. «Oberstes Ziel ist es, die richtigen Prioritäten zu setzen, die Gemeinde im Sinne der Bürgerinnen und Bürger nachhaltig und mit ausgeglichenen Finanzen entwickeln zu können», sagt er.

Dorf steht vor grossen Herausforderungen

Wyss weist auf seine Führungserfahrungen als Offizier der Feuerwehr und ausgebildeter Offizier der Schweizer Armee hin. «Mein Führungsstil soll von Partizipation leben. Junge Mütter, Personen mitten im Leben und auch reifere Angestellte mit ihrem grossen Erfahrungsschatz sollen sich in gleicher Weise wohl und ernst genommen fühlen», sagt er. Die Ziele müssten unter Mitwirkung der Mitarbeitenden individuell formuliert und laufend angepasst und gewertet werden. Damit wird der Grundstein für langjährige und zufriedene Angestellte gelegt, ist er überzeugt.

Als wichtiges Thema erachtet Schaad die Sanierung und den Ausbau der Mehrzweckhalle, bei deren Vorarbeiten er stark involviert war. Auch die Ablösung der Schulpflege sei ein zentrales Thema – der FDP-Vertreter arbeitet seit sieben Jahren im Primarschulvorstand mit. «Weiter gilt es, die Finanzen ausgeglichen zu halten, intakte Infrastrukturen für Jung und Alt zu gewährleisten und die Wasserversorgung für die kommenden Generationen zu sichern, um nur einige Schwerpunkte zu nennen», so Schaad weiter.

Auch Wyss sieht die Sanierung der Mehrzweckhalle sowie weitere, verschiedene Infrastrukturprojekte als enorm wichtig an. Auch den Hochwasserschutz gelte es anzupacken. «Im sozialen Bereich – die Zahlen sprechen für sich – ist der eingeschlagene Weg beizubehalten», so Wyss. Dabei müssten die Finanzen stets im Auge behalten werden. Die richtigen Mittel zur richtigen Zeit am richtigen Ort einzusetzen und dabei möglichst an alles zu denken und alles miteinzubeziehen, das sei die grosse Herausforderung.

Künftige Zusammenarbeit wird nicht leiden

Am 26. September wird es also einen Sieger und einen Verlierer geben. Und wie werden die beiden Kontrahenten mit der Situation umgehen? Es sei zwar ein ungeschriebenes Gesetz, dass die Amtsälteren oder der Vizeammann den Vorrang haben, meint Schaad, «aber die Kandidatur von Peter Wyss ist legitim. Im Grundsatz sollte es bei Wahlen eine Auswahl geben. Das nehme ich sportlich, und die Hägglinger sollen entscheiden, wer ihren Vorstellungen entspricht.» Auf die künftige Zusammenarbeit habe diese Wahl jedenfalls keine Auswirkungen, verspricht er.

«Die Politik kommt vom Volk und ist fürs Volk», sagt Wyss. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger würden entscheiden, wohin die Reise gehen soll. Das ist für ihn gelebte direkte Demokratie. Aus diesem Grund existieren aus seiner Sicht nach den Wahlen nicht ein Gewinner und ein Verlierer, «sondern ein vom Hägglinger Stimmvolk gewählter Gemeindeammann, der das Gremium führt und die Zusammenarbeit sicherstellt.»

Schaad oder Wyss, die Stimmbürger haben die Auswahl. Auf den Ausgang dieser fast schon historischen Wahl im Dorf kann man gespannt sein. Dabei hat Schaad einen Vorteil. Die SVP, in Hägglingen klar die stärkste Partei, hat sich für ihn ausgesprochen. Das letzte Wort haben aber die Stimmbürger.


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