Fluss soll verbinden statt trennen

  23.07.2021 Region Bremgarten

Fussgängersteg über die Reuss liegt für Vorentscheid auf

Fischbach-Göslikon und Künten wollen es wissen: Bis 16. August ist in beiden Gemeinden das Projekt «Fussgängersteg» öffentlich einsehbar. Die Gemeinderäte möchten damit einen Vorentscheid bewirken, der klärt, wo mit welchem System und mit welcher Länge und Höhe eine Brücke über die Reuss möglich ist.

Roger Wetli

«Wir stellen hier die Grundsatzfrage, um einen generellen Konsens zu finden», erklärt der Künter Vizeammann Yves Moser. Und Hans Peter Flückiger, Gemeindeammann von Fischbach-Göslikon, ergänzt: «Wir haben bereits mit vielen Organisationen und Interessengruppen gesprochen. Vielleicht gibt es aber solche, mit denen wir noch keinen Kontakt hatten und deren Meinungen wir gerne kennenlernen würden.» Es sei wichtig, zu wissen, welche Wünsche und Ideen zu einem Fussgängersteg über die Reuss vorgebracht werden. «Dazu dient diese Auflage», betont Moser. «Sobald wir diese Meinungen gesammelt haben, können wir beginnen, diese abzuarbeiten und das Projekt so anzupassen, dass es schliesslich realisierbar wird.»

Näher zusammenrücken

Teil der öffentlichen Auflage ist eine Standortvariantenstudie. Dabei schneidet der Reussdamm beim Campingplatz Sulz am besten ab. Dort soll künftig ein rund 120 Meter langer Fussgängersteg die Reuss überspannen. Er wird so über den Fluss geführt, dass keine Pfeiler im Wasser nötig sein werden. Auf den Visualisierungen im Bericht wirkt dieser schlank und unaufdringlich. An den Steg werden hohe Anforderungen gestellt, da er sich im Bereich des Reussuferschutzdekrets befindet.

«Wir möchten mit dem Fussgängersteg unser Naherholungsgebiet aufwerten und die Nachbarschaft zu Künten stärken», erklärt Hans Peter Flückiger. «Die Reuss verbindet und trennt unsere Gemeinden gleichzeitig. Der Steg würde einen Brückenschlag auf verschiedenen Ebenen ermöglichen.» Er denkt dabei zum Beispiel an die beiden Schulen, die eine engere Zusammenarbeit aufgleisen könnten, aber auch an die Einwohner, die so näher zusammenrücken. «Zudem würden sich für beide Seiten ganz neue Naherholungsgebiete i n Fu ssma rsch nä he erschliessen», schaut Yves Moser voraus. «Die Reuss ist zwar nicht sehr breit, trennt heute aber doch stark.»

Wollen die Fischbach-Gösliker und Künter heute auf die andere Reussseite, müssen sie entweder südlich bis zur Fussgängerbrücke Bremgarten oder in den Norden zur Gnadenthalbrücke laufen. «Ein Fussgängersteg würde hier mehr und kürzere Varianten ermöglichen», so Moser. «Zwar gibt es die Fähre in Sulz. Diese ist aber unregelmässig in Betrieb. Dessen Verantwortliche sehen eine Brücke beim Campingplatz auch nicht als Konkurrenz, sondern als Bereicherung für die Dörfer.»

Gutes Miteinander

Wird das Projekt umgesetzt, könnte es noch mehr Erholungsuchende aus nah und fern anlocken. Um der Beeinträchtigung der sensiblen und teilweise seltenen Pflanzen- und Tierarten entgegenzuwirken, sieht die Baueingabe eine Reihe von Besucherlenkungsmassnahmen vor. «Ich mag den Begriff ‹Lenkung› nicht. Er ist für mich negativ behaftet», betont Yves Moser. «Es gilt vielmehr, die Leute positiv zu führen. Also ihnen zu zeigen, wo es attraktive Aussichtspunkte, Bade- und Feuerstellen oder schöne Naturschutzgebiete gibt.» Hans Peter Flückiger fügt an: «Störungsanfällige Orte möchten wir damit entlasten, sodass es ein gutes Miteinander zwischen Naturschutz, Naherholung und auch dem Hochwasserschutz gibt.»

Zur Lenkung gehört ebenfalls, dass die Gemeinden den Fussgänger- und den Fahrradverkehr entf lechten möchten. «Um das zu erreichen, werden wir wohl nicht um allgemeine Fahrverbote herumkommen», so Flückiger. «Im vollen Bewusstsein, dass diese nicht von allen Velofahrern eingehalten werden. Aber es hilft bereits, wenn sich die meisten an diese Regeln halten.»

Symbiosen nutzen

Um einen Konsens zu finden, arbeiten die beiden Gemeinden seit zirka 2015 am Fussgängersteg. So mussten Fischbach-Göslikon und Künten für den Kanton zuerst sämtliche Gemeinden zwischen Flachsee und Gebenstorf fragen, ob diese ebenfalls eine weitere Reussquerung planen. «Das tun sie nicht», ist Flückiger erleichtert, der sich auch in einer Arbeitsgruppe des Regionalplanungsverbandes mit Naherholung befasst.

Die Naturschutzorganisation Pro Natura Aargau plant in der Nähe des künftigen Stegs in Fischbach-Göslikon das neue Naturschutzgebiet «Grien». Flückiger und Moser sehen diese beiden Projekte nicht als Konkurrenten, sondern als Chance, hier Symbiosen zu nutzen. «Beide werden zur Attraktivität und erhöhten Erholungswirkung beitragen», ist Yves Moser überzeugt. «Sind die Menschen davon begeistert, könnte es für den Naturschutz in anderen Gemeinden gar Folgeprojekte auslösen», mutmasst er.

Bund könnte einen Drittel der Kosten übernehmen

Die Vorarbeiten für den Steg sind bereits weit fortgeschritten. Ein zusätzlicher Schub wurde im letzten Jahr ausgelöst, als in Aussicht gestellt wurde, das Projekt in das Agglomerationsprogramm Aargau Ost der 4. Generation des Bundes aufzunehmen. «Wird es dort angenommen, zahlt der Bund rund einen Drittel der Stegkosten», weiss Flückiger. «Deshalb gaben unsere beiden Gemeinden nochmals Geld aus, um die Kosten genauer zu evaluieren und das Projekt zu verfeinern.»

Dieser grosse Zusatzaufwand wurde kürzlich belohnt, indem der Fussgängersteg tatsächlich in die kantonale Liste aufgenommen wurde, die der Kanton dem Bund einreichte. «Das motiviert uns natürlich zusätzlich», strahlt Moser. «Gibt die Bundesverwaltung ihr Okay, könnten wir mit dem Bau frühestens 2024 beginnen. Deshalb ist es jetzt wichtig, dass wir einen gültigen Vorentscheid bewirken.» Zumal die beiden Gemeinden so mit zwei konkreten Kreditanträgen an die Gemeindeversammlungen treten könnten.

Dann könnte ein Projekt umgesetzt werden, das in Künten und Fischbach-Göslikon vor mehr als 100 Jahren ein Thema war. «Bereits damals wollten sie zwischen Künten und Fischbach-Göslikon eine Brücke bauen», weiss Yves Moser. «Wir sind zuversichtlich, dass es diesmal klappen wird.»


Bereits 1906 ein Thema

Bereits vor über 100 Jahren wurde an einer Reussbrücke bei Fischbach-Göslikon und Künten gearbeitet. Der Dorfchronik von Fischbach-Göslikon von 1991 ist zu entnehmen: «… Anfang 1906 arbeiteten immer ungefähr 10 Mann an der Korrektion. Am 1. Mai besichtigt die nationalrätliche Kommission mit 18 Herren in 4 Zweispännern die Baustelle. Die Ausschreibung für die Lieferung von 1500 m³ für Uferverbauungen erfolgt am 12. Mai. Von Ende Mai bis Anfang Juni werden die beschädigten Uferverbauungen repariert.

Auf Antrag von Herrn Nietlisbach beim Nationalrat übernimmt der Bund 48 Prozent anstelle von 45 Prozent der Baukosten. Die Bau kosten werden au f 700 000 Franken berechnet. Am 20. Juni wird anlässlich einer Konferenz im Restaurant Reusstal über die Fähre verhandelt. Die Fähre war an den Staat übergegangen. An das neue Schiff müssen die beiden Anstössergemeinden je 25 Franken übernehmen. Der Staat übernahm 200 Franken. Nach Vollendung der Bauarbeiten soll ein Steg errichtet werden.--red


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