GASTKOLUMNE

  24.07.2020 Kolumne

Patrick Grob, Wohlen.

Ob nah oder fern

Es ist so eine Sache mit den Ferien in der Coronazeit. Bleibe ich in der Schweiz oder gehe ich ins Ausland? Kürzlich traf ich «Zwiifli» und auch er hatte mit der Entscheidungsfindung zu kämpfen.

Ich muss sagen, ich treffe «Zwiifli» nicht mehr so oft. «Weisst du, Gröbli, dieser ganze Zirkus mit Abstand, Maske und Desinfektionsmittel geht mir langsam auf die Nerven.» Der Geruch des Mittels löse in ihm den innigen Wunsch nach einem Kafilutz aus. «Das duftet genau gleich», schwärmt er. Ich für meinen Teil kann das Zeugs kaum mehr riechen und auch die Lust auf Kafilutz bleibt weg.

«Dieser Seich nimmt mir die ganze Lust, das Haus zu verlassen.» Zwiifli jammert. Auf die Frage, ob er nicht in die Ferien wolle, meint er nur: «Ich hatte vor, meine Nichte in Barcelona zu besuchen.» Das falle jetzt aber ins Wasser. Ich klärte ihn auf, dass er (noch) nach Spanien reisen könne. Doch er meinte nur: «Mit dieser Maskenpflicht halte ich es aber keinen halben Tag aus.» Er bleibe lieber Zu Hause in seinem Garten und fahre vielleicht mal eine Runde mit seinem Puch um den Hallwilersee. Gut, ich selber lasse mir die Möglichkeit nicht nehmen, meine Familie zu besuchen – mit der Hoffnung, das BAG setze Spanien nicht auf die «schwarze Liste».

Ich schlage Zwiifli vor, er könne doch wandern gehen. Zwiifli tätschlet seinen Bauch – ich muss sagen, die Wampe ist etwas gewachsen seit dem letzten Treffen – und meint grinsend: «Gröbli, mit der Pauke komm ich kaum die Treppe hoch. Gopffriedstutz! Und du möchtest mich den Berg hochjagen.» Na gut, dann bleibt es wohl bei Balkonien und der Ausfahrt um den See.

Er frage sich schon, ob er seine Nichte dieses Jahr noch besuchen könne. «Weisst du, Gröbli, ich zweifle dran, dass die Normalität in absehbarer Zeit eintrifft», gesteht er mir etwas bedrückt.

Ich bestätige ihn mit einem Nicken. Trotzdem bin ich guter Dinge, dass auch Zwiifli ohne die Maskenpflicht bald seine Nichte besuchen kann. Und ich hoffe es nicht nur für ihn, sondern für alle, die diesen Sommer ihre Familien im Ausland nicht besuchen können.


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