Hasler-Rakete startet durch

  13.11.2020 Sport

Bob: Die Bob-Pilotin Melanie Hasler darf im Weltcup starten

Vom Volleyball-Ass an die nationale Spitze im Bobsport. Die 22-jährige Melanie Hasler darf in dieser Saison erstmals im Weltcup starten. Die Olympischen Spielen rücken damit ein grosses Stück näher.

Stefan Sprenger

Beeindruckend, wie sich Melanie Hasler auf ihr Ziel fokussiert. Die 22-Jährige wird im Eiskanal immer schneller. Nun hat die Bob-Pilotin aus Berikon ein weiteres Teilziel erreicht. An den Selektionsrennen vor wenigen Wochen überzeugt sie. Der Verband urteilt: Melanie Hasler startet neu im Weltcup für die Schweiz. «Das wird eine Herausforderung, da wir jetzt mit den besten Frauenteams der Welt gemessen werden», sagt die Freiämterin. «Aber es wird auch sehr aufregend.»

Vorteile dank Spitzensport-RS

Die junge Frau liebt Herausforderungen. Vor wenigen Jahren war sie noch auf dem Weg, eine richtig starke Volleyballspielerin zu werden. Dank ihrer enormen Sprungkraft wurde der Bobverband auf sie aufmerksam. Sie war auf Anhieb begeistert vom Eiskanal – und hat dort neue Ziele gefunden. Das unerfahrene Bob-Küken durfte letzte Saison erstmals eine ganze Saison im Europacup absolvieren. Und nur ein Jahr später folgt der Sprung in den Weltcup.

Sie wurde immer schneller, immer besser. Und das hat mehrere Gründe. Beispielsweise die Spitzensport-Rekrutenschule in Magglingen, die sie im Frühling absolvierte. Da machte sie grosse Fortschritte auf vielen Ebenen. Mitte August hat sie diese beendet und war in den vergangenen Monaten nur für den Bobsport unterwegs. Von ihrem Job bei den Allianz-Versicherungen hat sie unbezahlten Urlaub genommen. Wie geht das finanziell? «Während der Zeit im Militär konnte ich viel sparen», meint sie. Weil sie eine von wenigen Frauen war, die die Spitzensport-RS absolvieren durfte, war sie auch in den Medien präsenter. Das hat sich auch positiv auf die Sponsoringsuche ausgewirkt, die erfolgreicher war als gedacht. Im teuren Bobsport ein wichtiger Faktor.

Nach Riga mit dem Auto, um den neuen Bob zu holen

Wenn sie von den vergangenen Monaten erzählt, dann verliert sie selbst etwas den Überblick. Wochenlanges Training und Vorbereitungen in Oberhof, Winterberg und Königssee. Trainiert wird übrigens mit Maske, sofern sie den Helm nicht aufhat. In jeder Woche gab es zwei Coronatests (die alle negativ waren). Im September fuhr sie mal eben mit dem Auto von Berikon nach Warschau – und weiter nach Riga, nur um ihren neuen Bob abzuholen. In Lettland musste sie innert sechs Stunden wieder das Land verlassen, weil sie sonst in Quarantäne gesteckt worden wäre. «Strenge Zeiten, aber ich liebe es», meint die Powerfrau.

Die intensive Trainingszeit hat ihr einen Schub verpasst. Hasler konnte fahrerisch und athletisch zulegen. Die Beziehung zum Verband wurde vertieft und sie und sammelte wertvolle Erfahrungen. «Beim Start kann ich noch viel rausholen. Auf der Bahn muss ich noch konstanter werden», sieht sie ihre Verbesserungsmöglichkeiten.

Sie startet auch im Monobob

Zudem startet sie neuerdings auch im Monobob. Eine Sportart, wo sie alleine im Bob sitzt und die ebenfalls olympisch ist. Ihr Bob-Club St. Moritz hat ihr diesen Schlitten finanziert. «Weil ich sehr athletisch bin, rechne ich mir gute Chancen aus», so die Berikerin. Um sich für die Olympischen Spiele zu qualifizieren ist es von Vorteil, wenn sie auch im Monobob zur nationalen Spitze gehört. So erhöht sie die Chancen für ihren Olympia-Traum.

Grosses Aber: Sie wird in dieser Saison resultatemässig nichts für Olympia tun können. Das Ranking wird wegen Corona eingefroren, da es mit den momentanen Bestimmungen unmöglich ist, die Bob-Saison in normalem Rahmen durchzuziehen. Viele Rennen sind abgesagt oder stehen auf der Kippe. Die Weltmeisterschaft wurde aus den USA nach Altenberg in Deutschland verlegt. Hasler macht das Beste daraus: «Ich will immer besser werden. Insofern ist diese Saison sehr wichtig für weitere Ziele.» Dass die WM in Altenberg ist, sieht sie sogar als Vorteil. «Ich mag diese Bahn.»

Olympia-Chancen? «Sehr gut»

Der Verband steht hinter Melanie Hasler, sie spürt Vertrauen. Man setzt auf die Freiämterin. Mithilfe der Familie und Sponsoren hat sie sich zudem neues Material gekauft. «Ich erhalte von vielen Seiten Unterstützung, sei es Familie, Freunde, Sponsoren oder Verband. Alle helfen bei meinem Traum», so Hasler. Das Interesse der Menschen gebe ihr einen Kick – ähnlich wie beim Adrenalin-Kick im Eiskanal. Und das spornt sie an, weiterzumachen. Und zwar mit Vollgas. «Vor einem Jahr hätte ich nicht gedacht, dass Olympia 2022 in Peking erreichbar ist. Jetzt stehen mir viele Türen offen. Die Olympischen Spiele 2022 sind ein Ziel, das ich erreichen kann. Wenn diese Saison gut läuft, dann stehen die Chancen gut, sehr gut sogar.»

An Weihnachten in Berikon

Der Schweizer Bobverband selektionierte jeweils zwei Teams bei den Männern und den Frauen. Neben Melanie Hasler fährt auch Martina Fontanive im Weltcup. Bei den Männern sind es die Piloten Michael Vogt und Simon Friedli. Die Höhepunkte der Saison für sie wird die Weltmeisterschaft und die Junioren-Weltmeisterschaft im Februar sein. Die Weltcupsaison startet am 21. November in Sigulda, Lettland. Hasler wird auch jeweils Rennen im Monobob fahren. Langweilig wird es ihr mit Bestimmtheit nicht. Erst an Weihnachten wird sie wieder bei ihrer Familie in Berikon zu Besuch sein. Hasler, die Freiämter Rakete im Eiskanal, sie will diesen Winter so richtig durchstarten. «Ich freue mich wahnsinnig auf den Start im Weltcup. Wir geben unser Bestes und sind topmotiviert. Egal ob Europacup oder Weltcup, wir machen einfach unser Ding.»


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote