Im allerletzten Moment verloren

  08.12.2020 Ringen

Die RS Freiamt unterliegt Willisau mit 15:19 und holt nur Silber

Der Drei-Punkte-Vorsprung aus dem ersten Finalkampf ist zu wenig für die RS Freiamt. In Willisau verlieren die Freiämter mit 15:19 und müssen erneut mit dem Silberpokal Vorlieb nehmen.

Josip Lasic

Wie im Vorjahr reissen die Willisauer der RS Freiamt im Endspurt den Pokal aus den Händen. Routinier Reto Gisler ist der Pechvogel, der den 10. Kampf im zweiten Final bestreitet und gegen den Innerschweizer Tobias Portmann mit 0:3 unterliegt. Bitter, ein 0:2 hätte den Freiämtern zum Sieg gereicht..

Den Titel verlieren die Freiämter aber nicht in diesem Duell. Über den gesamten Abend bieten sich Chancen, den entscheidenden Punkt zu holen. Die RS Freiamt nimmt keine davon wahr. «Wir haben zu viele Matchbälle vergeben», fasst Trainer Marcel Leutert zusammen.

Enttäuschung grösser als im Vorjahr

Abgesehen von Nino Leutert gelingt keinem Freiämter ein Zu-null-Sieg. Überall werden Punkte abgegeben. Teilweise unnötig. Fast in jedem der zehn Duelle wäre dieser eine Punkt holbar gewesen, der der RS Freiamt zum Titel gefehlt hat.

Die Freiämter haben nicht schlecht gerungen. Es war auch nicht der beste Abend der RS Freiamt. Dennoch hat nur ein kleiner Punkt zum Meistertitel gefehlt. Gefühlt war die RS Freiamt noch näher am Pokal dran als im Vorjahr. Willisau schien im zweiten Finalkampf aber bereiter und selbstbewusster zu sein.

Für die RS Freiamt bleibt die Erkenntnis, dass das Potenzial in ihren Reihen gross ist und der Sieg in der Meisterschaft vermutlich nur eine Frage der Zeit. Er wäre auch in diesem Jahr eindeutig machbar gewesen, wenn ein bisschen cleverer gerungen worden wäre. Dadurch, dass man am Meistertitel näher dran war als ein Jahr zuvor, schmerzt diese Niederlage bei der RS Freiamt stärker. Leutert: «Letztes Jahr konnten wir uns über den zweiten Platz freuen, weil niemand mit uns gerechnet hat. Jetzt ist die Enttäuschung viel grösser.»


Brutal, aber selbst verschuldet

Nationalliga A, 2. Finalkampf: RC Willisau – RS Freiamt 19:15 (11:7)

Wie im Vorjahr fällt die Entscheidung im allerletzten Kampf der Saison. Erneut ist es ein Punkt Differenz, der Willisau zum Meister macht. Für die RS Freiamt wiederholt sich die Geschichte auf brutale Art und Weise.

Josip Lasic

Die Spannung in der BBZ-Halle in Willisau steigt ins Unerträgliche. Neun von zehn Duellen im zweiten Final sind vorbei. Gastgeber Willisau führt mit 16:15. Der letzte Kampf bringt die Entscheidung, wer Meister wird. Erinnerungen ans Vorjahr werden wach. Damals hatte Freiamts Nico Küng den «Schwarzen Peter» und musste gegen Willisaus Jonas Bossert antreten. Letzterer gewann das Duell und Willisau den Meistertitel. Diesmal ist es Routinier Reto Gisler, der 46-jährige Freistiltrainer der Freiämter, der die Entscheidung bringen soll. Er trifft im Freistil bis 75 kg auf Willisaus Kaderringer Tobias Portmann, mit 21 Jahren deutlich jünger als der Chef Leistungssport der Freiämter. «Gisi» reicht nach dem 18:15-Sieg der RS Freiamt aus dem Hinkampf aber eine Niederlage mit zwei Punkten Differenz. Dann ist der Gesamtpunktestand ausgeglichen. Dann kommt es auf die Anzahl Einzelsiege an. Nach wie vor Gleichstand. Bei den Schultersiegen führt Freiamt mit 1:0. Dadurch würden die Gäste den Titel nach Hause nehmen.

Knapper geht es nicht

«Gisi, Gisi» hallt es in der zuschauerlosen Halle aus den Kehlen des Freiämter Teams. Portmann kann punkten. 1:0, 3:0, 4:0. Noch ist alles in Ordnung. 4:0 nach Einzelpunkten bedeutet ein 2:0 in der Teamwertung. Zu wenig für Willisau. Dann holt Portmann das 5:0. Das wäre ein 3:0 und damit der Sieg für die Innerschweizer. Der Freiämter dreht auf. Portmann kann nicht mehr punkten – Gisler auch nicht. Es bleibt beim 5:0. Willisau ist Meister. Gisler ist enttäuscht, aber gefasst. «Ich war sehr ruhig vor dem Kampf und konnte gut dagegenhalten. Ein Punkt war nicht machbar. Er hatte viel Energie, die er ins Rennen geworfen hat. Sehr viel.» Dann ergänzt der 46-Jährige: «Ich glaube nicht, dass wir uns an meinem Kampf abarbeiten müssen. Den Titel haben wir schon vorher verloren.»

Strebel kratzt an Überraschung

Freiamt-Captain Pascal Strebel stellt sich schützend vor den Routinier. «Völliger Unsinn, einen Fehler oder die Schuld bei Reto zu suchen. Er war da, um den Schaden zu minimieren. Ein 0:2 oder 1:3 wäre nicht unrealistisch gewesen. Jetzt war es ein 0:3. Ich denke, dass wir vorher genug Matchbälle hatten, die wir liegen liessen.» Den letzten hatte der Olympionike von 2012 selbst. Er bestritt den vorletzten Kampf des Abends gegen Jonas Bossert in der Kategorie Greco bis 75 kg. Der Willisauer ist nach zwei Siegen in der Qualifikation Favorit. Doch Strebel dreht auf und führt den Gegner an den Rand einer Niederlage. Bossert dreht das Ergebnis und siegt trotzdem. Die letzten zwei Duelle liefen mehr oder weniger, wie es zu erwarten war. Die grösseren Fehler unterliefen der RS Freiamt vorher.

Der gefallene Held

Der Abend beginnt für die Freiämter unglücklich. Nils Leutert unterliegt gegen Timon Zeder bis 57 kg Greco mit 1:2. Bald-Olympionike Stefan «Stifi» Reichmuth lässt darauf bis 130 kg Freistil Roman Zurfluh keine Chance. 4:0 durch technische Überlegenheit. Mit einem 3:0-Sieg im Freistil bis 61 kg gegen Lukas Bossert bringt Nino Leutert die Freiämter wieder auf die Spur.

Dann folgt das «Duell der Giganten» und vermutlich der grösste Nackenschlag des Abends für die RS Freiamt. Willisaus Vize-Europameister Samuel Scherrer trifft auf Freiamts Christian Zemp bis 97 kg Greco. Der Neuzugang der Freiämter gewann im Hinkampf gegen Willisau gegen Daniel Häfliger durch einen Schultersieg mit 4:0. In der Vorrunde konnte er Scherrer ein 1:2 abverlangen. Diesmal dreht der Willisauer auf und holt sich das 4:0 durch technische Überlegenheit. Die Luzerner schreien sich die Freude aus den Lungen, strotzen vor Selbstvertrauen. Die Freiämter wirken geknickt, verunsichert. «Ich hätte nicht gedacht, dass Christian mit 0:4 verliert», sagt Pascal Strebel. «Aber wir dürfen nicht vergessen, dass es für ihn der erste Final ist. Und der Gegner war Samuel Scherrer. Er und Stifi Reichmuth bringen momentan halt eine Klasse auf die Matte, wie sie niemand in der Schweiz hat.»

Danach läuft es für die RS Freiamt gut. Michael Bucher schlägt Roger Heiniger bis 65 kg Greco mit 3:1, Magomed Ayshkanov gewinnt mit dem selben Resultat gegen Gergely Gyurits im Freistil bis 86 kg. Randy Vock und Marc Weber entscheiden ihre Duelle gegen Mansur Mavlaev und Michael Portmann im Freistil bis 70 kg beziehungsweise Greco bis 80 kg je mit 2:1 für sich. Das Problem: Alle geben sie einen Punkt ab. Bucher, Vock und Weber nach – teilweise deutlicher – Führung. Ein Zu-null-Sieg hätte gereicht, um den Titel ins Freiamt zu bringen. Randy Vock: «Verglichen mit meinen anderen Kämpfen in diesem Jahr, war das nicht gut. Statt Vollgas weiterzuringen, habe ich versucht, den Vorsprung zu verwalten. Es schien, als hätten wir Angst gehabt.»

So sieht es auch der Trainer. «Es war einfach keine geschlossene Teamleistung wie im Hinkampf. Dabei will ich keinen Ringer als den Buhmann herauspicken. Wir haben den ganzen Abend Punkte verschenkt», sagt Leutert. Die Freiämter sind selbstkritisch. So gut wie kein Kampf lief so, wie es im Ringerkeller in Aristau geplant wurde. «Wir müssen mental und taktisch zulegen», sagt Captain Pascal Strebel. «Und an Cleverness. Das kann man lernen.» Und daran hat es in diesem Finalkampf den Freiämtern gefehlt. Um den Titelverteidiger zu stürzen, müssen weniger Fehler passieren.

«Der Erfolg wird kommen»

Am Ende war Reto Gisler der Pechvogel, der das Ganze hätte retten sollen. Wie soll es seiner Meinung nach weitergehen? «Wie sagen die Fussballtrainer so schön: Wir müssen es analysieren», antwortet «Gisi», der mittlerweile sein Lachen wiedergefunden hat. «Willisau war bereiter. Es gilt das zu verdauen und weiterzumachen. Wir arbeiten hart. Der Erfolg wird früher oder später kommen.»


Lob vom Meister

Die RC Willisau hat viel positive Worte für die Freiämter übrig

Für Willisau-Trainer Thomas Bucheli ist es nach zehn Jahren als Coach der letzte Kampf. Statt einer Abschiedsrede richtet er die letzten Worte nach dem Kampf an die Gäste. «Es war uns eine grosse Freude, gegen euch zu . Der Kampf war enorm knapp und spannend.»

Er ist froh, dass er sich mit seinem dritten Meistertitel verabschieden konnte. «Die Freiämter haben uns aber nichts geschenkt. Wir müssen ehrlich sein. Wenn bei 20 Duellen beide Teams je zehn gewinnen und ein Punkt den Unterschied macht, hätten es beide verdient.»

Auch «Stifi» Reichmuth zeigt Sportsgeist. Nachdem der erste Jubel durch ist, sitzt er beim weinenden Nino Leutert und tröstet ihn. «Auf der Matte sind wir Gegner, aber Leute wie Randy Vock oder auch Nino sind für mich wie Brüder.» Reichmuth und Bucheli verweisen beide darauf, dass Willisau zweimal ähnlich knapp gegen Kriessern unten durch musste. Beide betonen, dass auch die Zeit der Freiämter noch kommen wird.

Mit Vize-Europameister Samuel Scherrer macht auch der zweite grosse Name aus den Reihen der Willisauer den Freiämtern Mut: «Am Ende war es knapp. So ist der Sport. Das Glück kippt irgendwann auf die Seite der Freiämter.» --jl


RINGEN TELEGRAMM

Willisau – Freiamt 19:15 (11:7)
BBZ Willisau. – 0 Zuschauer. – KR: Jean-Claude Zimmermann.
57 kg Greco: Timon Zeder – Nils Leutert 2:1. 61 kg Freistil: Lukas Bossert – Nino Leutert 0:3. 65 kg Greco: Roger Heiniger – Michael Bucher 1:3. 70 kg Freistil: Mansur Mavlaev – Randy Vock 1:2. 75 kg Greco: Jonas Bossert – Pascal Strebel 2:1. 75 kg Freistil: Tobias Portmann – Reto Gisler 3:0. 80 kg Greco: Michael Portmann – Marc Weber 1:2. 86 kg Freistil: Gergely Gyurits – Magomed Ayshkanov 1:3. 97 kg Greco: Samuel Scherrer – Christian Zemp 4:0. 130 kg Freistil: Stefan Reichmuth — Roman Zurfluh 4:0.


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