Im Bann der Igel

  25.08.2020 Bünzen

Einblicke in die Igelstation in Bünzen

Der Naturschutzverein Muri und Umgebung organisierte einen Besuch bei Igel-Ersatzmutter Allison Schulz. Sie zeigte den interessierten Teilnehmern ihre Arbeit und vermittelte viel Wissenswertes über die Säugetiere.

Runde, schwarze Kulleraugen. Eine Stupsnase und dank dem Stachelkleid eine unverwechselbare Haarpracht. Igel rufen bei vielen Menschen den «Jö»-Effekt hervor. Sie können die Leute schnell in ihren Bann ziehen. Eine, die sich dem Bann der Igel nicht mehr entziehen kann, ist Allison Schulz. Seit fünf Jahren betreibt sie in Bünzen eine Igelstation. Hier werden verletzte, schwache, kranke und junge Igel aufgenommen, versorgt und gepflegt. Wenn sie wieder fit sind, werden sie wieder in die Natur ausgesetzt. «Igel gehören erdgeschichtlich zu den ältesten noch existierenden Säugetierformen. Ich finde sie einfach faszinierend», sagt Allison Schulz. Ihre Erfahrungen und ihr Wissen über diese Stacheltiere gab sie den Teilnehmern am Anlass des Naturschutzvereins Muri und Umgebung gerne weiter. --sab


Kein Tag ohne Igel

Besuch auf der Igelstation von Allison Schulz in Bünzen

Wie sieht die Arbeit einer Igel-Ersatzmutter aus? Diese und weitere Fragen wurden am Anlass des Naturschutzvereins Muri und Umgebung geklärt. Die Besucher erfuhren bei Allison Schulz vieles über die stacheligen Säugetiere.

Sabrina Salm

Wunderbar und stark seien Igel. «Für mich gibt es kein faszinierenderes Tier», schwärmt Allison Schulz. Sie gibt indes auch zu: «Ich könnte stundenlang über Igel sprechen.» Dass es ihre Lieblingstiere sind, merken die Besucher der Igelstation auf Anhieb. Seit dreizehn Jahren lebt die gebürtige Schottin in der Schweiz. Und seit nun gut zehn Jahren kümmert sie sich um Igel – zuerst als Teil einer Mannschaft in einer Igelstation im Thurgau. Nun führt sie alleine seit 2015 die Igelstation in Bünzen. «Nur» 60 Igel hatte sie in ihrem ersten Jahr aufgenommen. Mit den Jahren wurden es immer mehr. «Es vergeht kein Tag ohne Igel.» Auch im Winter nicht. Ferien machen ist undenkbar. Letztes Jahr waren es 199 Igel, die vorübergehend ein Zuhause bei Allison Schulz gefunden haben. 125 Igel suchen bereits in diesem Jahr Schutz und Pflege bei ihr. «Das ist für eine Person ziemlich viel», lacht die sympathische Igel-Ersatzmama. Die Arbeit sei zwar streng und zeitintensiv, doch sie gebe ihr auch eine innere Zufriedenheit. Im Moment weilen 16 Igelpatienten bei Schulz in Bünzen. «Ich kann einfach nicht Nein sagen.» Dabei gehören nicht nur Igelbabys zu ihren Schützlingen. Der grösste Igel, der im Moment bei ihr ist, wiegt 1,5 Kilogramm und der kleinste 52 Gramm.

Wasser für die Igel bereitstellen

Wenn die Hilfe suchenden Igel zu Alli son Schulz kommen, sind sie oft voller Maden und Fliegeneier. Viele von ihnen hätten auch Lungenwürmer. Diese erhalten sie meist von Schnecken. «Igel essen eigentlich nur in der Not Schnecken. Zu ihrer Nahrungsquelle gehören die Schneckenlarven und -eier», erklärt Allison Schulz. Regenwürmer gehören bei Nahrungsnot auch auf ihren Speiseplan, obwohl von denen auch eine Gefahr ausgeht. Nämlich Darmhaarwürmer. «Igel sind absolute Fleischfresser. Obst und Gemüse können sie gar nicht richtig verdauen. Wenn sie das fressen, dann nur, weil sie Feuchtigkeit brauchen.» In den letzten Jahren ist Allison Schulz noch etwas aufgefallen: Immer mehr verstümmelte Igel kommen auf ihre Station. Sie werden von Roboterrasenmäher, Fadenmäher oder Tellersensen verletzt. «Wir Menschen sind auch Schuld an dem Tod vieler Igel», sagt sie. Das Fehlen von Futter verschuldet der Mensch ebenso wie das Fehlen der mehr.» 60 Prozent der Igel überleben das erste Jahr nicht. Was hält die Igel-Ersatzmutter von der Fütterung der Tiere durch Katzenfutter? «Persönlich habe ich nichts dagegen. Es gilt aber einiges zu beachten, und man sollte nicht ausser Acht lassen, dass das bereitgestellte Futter auch andere Tiere anlockt.» Wenn Katzenfutter, dann Trocken- und kein Nassfutter. «Was aber auf jeden Fall hilfreich ist, ist das Bereitstellen von Wasser.» Was kann man sonst noch tun, um den Igel zu schützen, wollen die Teilnehmer der Exkursion von Allison Schulz wissen. «Decken sie Gräben und Lichtschächte in ihrem Garten ab, die bergen eine grosse Gefahr für Igel.» Ausserdem sollte man Wildblumen in seinem Garten erlauben und an ausgesuchten Stellen Astund Laubhaufen lassen. So finden nicht nur die Igel selber Schutz, sondern auch ihre Nahrungsquelle.

Der Natur wieder mehr Raum geben

Der Naturschutzverein Muri und Umgebung organisiert immer wieder solche Anlässe auch in Kooperation mit der Stiftung Reusstal. «Wir wollen damit die Leute aufwecken», sagt Brigitta Stauffer vom Vorstand. «Und ihnen zeigen, dass man mit kleinen Gesten schon viel bewirken kann und so der Natur wieder mehr Platz gibt.» Naturnahe Plätze in Siedlungsraum ist das fokussierte Thema des Naturschutzvereins. Seit 1986 gibt es den Naturschutzverein Muri und Umgebung, der 340 Mitglieder zählt.

Trotz aller Bemühungen und Fürsorge sterben viele der Igel auf der Igelstation. Wie geht Allison Schulz mit dem Verlust der Tiere um? «Es tut mir jedes Mal weh», gesteht sie. «In diesem Jahr gab es eine Phase, in der einer nach dem anderen gestorben ist. 15 in einer Woche. Da habe ich gedacht: Jetzt reichts. Ich höre auf», erzählt sie. Der Verein «Pro Igel», mit dem Allison Schulz auch zusammenarbeitet, meinte, dass es zu dieser Zeit vielen Igelhelfern gleich ging. Wahrscheinlich sei das Wetter Schuld an der Misere gewesen. Trotz der Verluste seien die Gefühle der Erfolge stärker: «Wenn nur einer überlebt, gibt mir das wieder Kraft und Motivation, um für sie zu kämpfen.»


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