Licht am Ende des Tunnels

  02.03.2021 Region Unterfreiamt

Die Richnerstutz AG in Villmergen hofft, dass das WEF nach Davos zurückkehrt

Das WEF (World Economic Forum) in Davos macht jeweils einen riesigen Umsatz aus für die Richnerstutz AG. Die Verschiebung des WEF 2021 wegen der Coronapandemie war der grosse Tiefschlag im letzten Jahr. In der ohnehin arg gebeutelten Veranstaltungsbranche war dies die heftigste Ohrfeige. Jetzt gibt es Grund zur Hoffnung.

Stefan Sprenger

Rund 5,6 Millionen Franken Umsatz macht die Richnerstutz-Gruppe jeweils am WEF in Davos. 4 Millionen für die Firma in Villmergen, 1,6 Millionen für die Tochterfirma «India Zelt und Event AG» in Rothenburg. «Dieser Anlass ist enorm wichtig für uns», sagt André Richner, Mitinhaber und Geschäftsführer. «Gut 10 Prozent des Jahresumsatzes machen wir am WEF. Zudem ist es ein riesiges Schaufenster für unsere Leistungsfähigkeit.» Am WEF arbeitet die Freiämter Firma jeweils mit den renommiertesten Event-Agenturen weltweit zusammen.

«Da kriegten wir richtig Angst»

Das WEF 2020 fand ganz normal statt. Das war noch vor der Coronapandemie. Über die Ausführung im Jahr 2021 wurde lange Zeit diskutiert. «Während dieser Coronakrise war das WEF ein wichtiger Ankerpunkt und eine Motivation», erklärt Richner. Im September wird klar: Das WEF ist abgesagt, es gibt lediglich eine Sondertagung in Singapur. Dies, nachdem die Firma für eine allfällige Ausführung auf dem Bürgenstock schon zahlreiche Konzepte erarbeitet hat. «Die Absage war für uns der grosse Tiefschlag im letzten Jahr. Da kriegten wir richtig Angst, ob wir noch mehr Mitarbeiter auf die Kündigungsliste setzen müssen», erklärt Richner.

In einer Risikoanalyse, die jedes Jahr mindestens einmal durchgeführt wird, wurde ersichtlich, wie wichtig das WEF für den Betrieb ist. Zahlreiche Mitarbeiter beschäftigen sich mit dem Projekt das ganze Jahr hindurch. «Heute können wir sagen, dass wir uns in den letzten 12 Monaten so weit angepasst haben, dass eine Absage des WEF für uns kein kein existenzielles finanzielles mehr darstellt. Wir haben viele Kosten von fixen auf variable Auslagen geändert. Aber selbstverständlich wäre es so, dass die Innovationskraft der Firma damit masslos geschmälert würde. Die Margen für eine Produktionsund Dienstleistungsfirma in der Schweiz sind aufgrund des grossen Druckes aus dem Ausland sehr gering. Und mit diesem Event können wir uns ein gewisses Polster erarbeiten», erklärt André Richner.

«Count Me» hat geholfen

Dieses Polster drohte erneut wegzubrechen. Bis vor drei Wochen war die Richnerstutz überzeugt, dass es auch 2022 kein WEF in der Schweiz geben wird. Mittlerweile hat sich dies geändert. «Zu 95 Prozent wird das WEF im nächsten Jahr wieder in Davos stattfinden», weiss Richner. «Den Stein, der von unseren Herzen gefallen ist, konnte man im ganzen Freiamt hören.»

Die Richnerstutz AG an der Durisolstrasse in Villmergen gehört zu jenen Firmen, die besonders an der Coronasituation zu beissen haben. Ihre Aufgabenbereiche: Werbetechnik, temporäre Architektur und Zeltbau, Event-, Messe- und Ladenbau, Aussenwerbung – und einiges mehr. Keine Events bedeutet für die Firma keine Aufträge. Wie geht es der Richnerstutz heute? Richner sagt: «Wenn ich andere Firmen in unserer Branche anschaue, dann müssen wir zufrieden sein.» Das Projekt «Count Me», ein Menschen-Zählsystem für Einkaufsläden in Coronazeiten, hat die Firma einigermassen über Wasser gehalten. «Count Me» ausgenommen, hatten wir im letzten Jahr einen Einbruch von über 70 Prozent. Wenn ich das Standardgeschäft unserer ganzen Gruppe anschaue, sind wir mit einem blauen Auge davongekommen.»

Haushälterisch mit dem Geld umgegangen

Klingt gut, hat aber einen grossen Haken. «Schwieriger wird es in diesem Jahr. Wir rechnen damit, dass wir noch bis Herbst unter den Folgen der Lockdowns leiden werden. Leider sind die Umsätze mit unserem Zählsystem ‹Count Me› eingebrochen.»

Die Kurzarbeit ist zwar ein valables Mittel für die Richnerstutz, um kurzfristig Linderung zu schaffen, «aber für Firmen wie unsere gänzlich ungeeignet, um eine solche Katastrophe einigermassen schadlos zu überstehen. Wir können aber sagen, dass wir gut und haushälterisch mit unserem Geld umgegangen sind und auch dieses Jahr noch überstehen werden.»

«Sieben überforderte Politiker»

Auch wenn die Richnerstutz gebeutelt wurde von der Coronakrise, unterstützte André Richner jeweils das Vorgehen und die Massnahmen des Bundesrates. Mittlerweile hat sich das geändert und er wählt deutliche Worte: «Im Moment sehe ich nur sieben komplett überforderte Politiker, welche den Draht zur Realität verloren haben. Es werden Massnahmen-Pakete geschnürt, welche jeglicher Logik entbehren, und vor allem entzieht man der Wirtschaft ein sehr wichtiges Gut: nämlich die Planbarkeit von Aktionen. Ich verstehe, dass alles gemacht werden muss, um das Volk zu schützen. Aber mit Hüftschüssen seit einem Jahr hat noch niemand einen Krieg gewonnen. Es muss eine Strategie gefunden werden, welche Sicherheit und Verständnis bringt. Davon sind wir aber sehr weit entfernt.»

Da das WEF wahrscheinlich zurück nach Davos kehrt, hofft Richner auch in anderen Bereichen auf Besserung. Es gibt Licht am Ende des Tunnels. «Wir können nur hoffen, dass es bald wieder losgeht», sagt er.


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