Manchmal kann es schnell gehen

  26.11.2021 Sport

Fussball, 1. Liga classic: Zug 94 – FC Wohlen (Samstag, 16 Uhr, Herti Allmend, Zug)

Leader gegen Schlusslicht. Favorit gegen krassen Aussenseiter. Wohlen reist nach Zug. Und trifft dabei auf Ex-Trainer Thomas Jent. «Dieser Sieg würde mich ein wenig mehr freuen als andere», sagt der 50-jährige Neu-Trainer von Zug.

Stefan Sprenger

«Ich hatte keinen Bock mehr auf Fussball», erklärt Thomas Jent. In den letzten Monaten habe er kaum mehr ein Spiel live gesehen. Dem sonst so fussballverrückten Mann aus Seon setzte die Entlassung beim FC Wohlen im Juli mehr zu, als es ihm lieb war. Doch dann – rund drei Wochen ist es her – kriegte er einen Anruf von Zug 94. Am anderen Ende der Leitung ist Aydogan Cilingir, Präsident von Zug 94. An einem Sonntag wird er zum Gespräch geladen, das drei Stunden dauert. Am nächsten Tag verpflichtet Zug seinen neuen Trainer namens Thomas Jent. Und am Dienstag (9. November) leitet er das erste Training. Eine alte Fussballweisheit hat sich wieder einmal bewahrheitet: «Im Fussball kann es schnell gehen», sagt Thomas Jent.

Und genau diesen Satz sagte er Mitte Juli zu dieser Zeitung. Schnell sei es gegangen und Jent wurde vom FC Wohlen entlassen. Mit einem gemieteten Kleinbus räumte er damals tieftraurig seine Sachen aus den Niedermatten. «Ich verstehe den Entscheid bis heute nicht», sagt Jent, der nach wie vor von «genialen Zeiten» spricht, die er beim FC Wohlen erleben durfte. «Ich glaube, es waren sogar die schönsten Zeiten meiner Trainerkarriere.»

Schnauze voll von Fussball

Thomas Jent hatte nach der Entlassung die Schnauze voll. Er wollte Ruhe vom Fussball. «Mindestens ein Jahr. Oder sogar für immer», wie Jent erklärt. «Ganz ehrlich, ich habe mir die Frage gestellt, ob ich mir das jemals wieder antun will.» Und es ist irgendwie verständlich. Im März 2019 wurde er für den entlassenen Piu in die Niedermatten geholt. Jent, davor jahrelang beim FC Baden tätig, konnte den Abstieg aus der Promotion League zwar nicht mehr verhindern, aber er überzeugte die Verantwortlichen des FC Wohlen. Corona sorgt danach für abgebrochene Meisterschaften, doch die Arbeit von Jent wird enorm geschätzt. Im März 2021 wird sein Vertrag verlängert. Nur, um ihn dann vier Monate später zu feuern. Der FC Wohlen wollte einen Neuanfang.

«Schade. Einfach schade», meint Thomas Jent und fügt an: «Fussball ist manchmal so. Komisch. Brutal. Unverständlich. Ich schaue jetzt vorwärts.» Und vorwärts heisst in diesem Fall zurück. Denn seine aktuelle Mannschaft empfängt am Samstag sein Ex-Team. Schlusslicht Zug will gegen Leader Wohlen punkten. «Ich weiss natürlich, dass dies eine enorm schwierige Aufgabe wird», sagt Jent. Als er das Team am 9. November übernommen hat, standen für Zug noch drei Spiele bis zur Winterpause an: Bassecourt, Köniz und Wohlen. Es sind die drei Topteams der Liga. «Ich habe allen hier gesagt, dass man keine Wunder erwarten kann.» Und doch hat es irgendwie geklappt. Im ersten Spiel gegen Bassecourt gab es eine 1:3-Pleite. Zug – das viele verletzte Spieler hat – war allerdings nahe dran an einem Punktgewinn. «Bei der Besammlung kamen Spieler xder zweiten Mannschaft aus der 3. Liga mit, die ich noch nie gesehen hatte. So prekär ist die Situation aktuell», erklärt Jent.

Im zweiten Spiel folgt die faustdicke Überraschung. Der FC Köniz wird zu Hause mit 3:2 besiegt. «Das Glück war an diesem Tag auf unserer Seite.» Für den Zusammenhalt und den Teamspirit sei dieser Erfolg enorm wichtig gewesen. Zug hat mit diesem Sieg acht Punkte auf dem Konto und ist nicht mehr abgeschlagenes Schlusslicht. «Der Glaube und die Freude sind zurück. Und das ist enorm wichtig.»

Freude, «die Jungs» zu sehen
Gegen den FC Wohlen ist Zug «natürlich der krasse Aussenseiter». Optimist Jent glaubt aber an die Chance auf Zählbares. «Dieser Sieg gegen Wohlen würde mich ein bisschen mehr freuen als andere Siege», meint er spitzbübisch. Auch wenn er mit (fast) allen Verantwortlichen des FC Wohlen mittlerweile wieder ein gutes Einvernehmen hat (Jent: «André Richner ist und bleibt ein guter Typ»), so würde ihn ein Erfolg gegen sein Ex-Team etwas mehr zum Jubeln bringen.

Am letzten Wochenende hat er den FC Wohlen in Münsingen (1:1) live gesehen. Jent meint: «Früher spielten wir mehr auf Spektakel. Heute steht der FC Wohlen defensiv stabiler.» Er freut sich sehr darauf, «die Jungs» morgen Samstag wieder mal zu sehen. Und er hofft, dass sich die Fussballweisheit «es kann schnell gehen» erneut bewahrheitet. Denn bei einem Sieg gegen Wohlen könnten die Zuger den SC Buochs überholen und würden so nicht als Letzter überwintern.

 


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