Mit dem Schirm im Frauenholz

  01.09.2020 Besenbüren

Waldumgang in dem Gebiet, das seit Anfang Jahr den Besenbürer Ortsbürgern gehört

Rund 40 Leute – darunter einige Neuzuzüger – liessen sich vom schlechten Wetter nicht beirren. In gutem Schuhwerk und mit Regenschutz und Schirm nahmen sie am Waldumgang teil. Dieser führte ins Gebiet Frauenholz, das neu den Ortsbürgern gehört.

Annemarie Keusch

Kein Jahr ist es her, dass die Ortsbürger dem Kauf des Waldgebietes Frauenholz zustimmten. 420 000 Franken zahlten die Ortsbürger für die 18,7 Hektaren Wald. Mit dem Jahreswechsel wurde der Besitzerwechsel vollzogen. Um «ihr» neues Waldstück besser kennenzulernen, luden Forstbetrieb und Gemeinderat zum Waldumgang im Frauenholz. Und dabei erfuhren sie viele Details zum Waldgebiet. Förster Oliver Eichenberger ging auf die Geschichte dieses Waldes ein, auch wenn diese nur aus Überlieferungen bekannt ist.

Die Erbengemeinschaft Huber war es, die der Ortsbürgergemeinde das Waldstück verkaufte. Seit 1999 und dem Sturm Lothar bewirtschaftet der Forstbetrieb Region Muri das Gebiet. «Damals war ein Verkauf zum ersten Mal ein Thema», weiss Eichenberger. Weil der Sturm einen Grossteil des Waldbestandes beschädigte, waren grosse Investitionen nötig. Die Hubers nahmen sie auf sich. Mit einer Gegenstimme erfolgte der Kauf dann im letzten Jahr doch – zu einem Preis von 420 000 Franken. «Viel mehr, als der Kanton beim Verkauf des Waldstückes bekam», weiss Oliver Eichenberger. Das war 1890, als der Kanton den Wald, der ihm nach der Klosteraufhebung zugesprochen wurde, an Private verkaufte. 40 000 Franken lautete damals der Preis – viel Geld für die damaligen Verhältnisse.

Enorme Zwangsnutzung

Zum Kauf des Waldstückes gratulierte der Förster den Ortsbürgern. «Jetzt habt ihr das Sagen, was hier passiert, und nicht der Kanton.» Der Kanton wäre der Käufer gewesen, wenn die Gemeinde abgelehnt hätte. Dominik Graber gewährte einen weiteren, spannenden Einblick in das Waldgebiet. Er erläuterte detailliert, wie der Kaufpreis eruiert wurde. Gerade weil ein Grossteil des Gebietes dem Sturm Lothar zum Opfer fiel, sei es ein sehr junger Wald. Laub- und Nadelholz halten sich in etwa die Waage. Von einem jährlich nutzbaren Hiebsatz von 170 Kubikmeter sprach Graber. Das sei in etwa so viel, wie für den neuen Forstwerkhof im Murianer Maiholz verbaut wurde. «Es sind unglaublich viele Faktoren, die den Preis eines Waldstückes ausmachen.» Der ideelle Wert, klimatische Entwicklungen, Umfang der einzelnen Bäume – alles spiele mit hinein.

Kein Jahr ist es her, dass die Ortsbürger das Waldstück Frauenholz in Richtung Mohrental kauften. Doch die interessierte Bevölkerung erfuhr später an einem der drei Posten, dass der damals gekaufte Wald längst nicht mehr so aussieht wie vor einem Jahr. «950 Kubikmeter Käferholz, mit dem Sturmholz kommen wir auf einen Fünftel der Waldfläche, die im letzten Jahr zwangsgenutzt werden musste», erläuterte Forstwartvorarbeiter Andi Budliger. Wenn die eigentlich jährliche Nutzungsfläche bei 170 Kubikmeter liegt, hat das zur Folge, dass in den nächsten Jahren im Frauenholz kein Holz geerntet werden kann. Entsprechend bleiben wichtige Einnahmen aus. «Das Gleichgewicht gerät aus dem Ruder.»

Kampf gegen Borkenkäfer

Einen der Gründe dafür erläuterte er an seinem Posten: den Borkenkäfer. 120 Arten gebe es in der Schweiz, in der Region bekannt seien der Buchdrucker und der Kupferstecher. «In den letzten Jahren ist dies bei uns hochaktuell», führte Budliger aus. In trockenen Jahren vermehren sich die Käfer überfallsartig. 20 bis 80 Eier sind es pro Brut und ab einer Temperatur von 16 Grad startet im Frühling der Schwärmflug – als erstes Stadium der Fortpflanzung der Borkenkäfer. «Liegendes Holz mit Rinde ist ideal für die Käfer», sagt Budliger. Es sei noch frisch, safte aber wenig.

Das Problem liegt aber darin, dass vor allem nach Sturmereignissen nicht alles Holz schnell genug weggeräumt werden kann. «Dann haben wir schlichtweg keine Chance.» Ein neuer Trick wird seit Kurzem angewendet. «Wir transportieren das Fichtenholz aus dem Wald, wo es im Umkreis eines Kilometers keine Fichten hat», erklärt Budliger. Denn Borkenkäfer können nicht viel weiter als 500 Meter fliegen und das auch nur mit Rückenwind. «So versuchen wir, die befallenen Bäume vom gesunden Bestand zu trennen.» Ob es gelingt, wird sich zeigen.

Zukünftige Gefahr: Hirsche

An zwei weiteren Posten ging einerseits Förster Eichenberger darauf ein, wie sich eine Schadenfläche nach einem Sturmereignis entwickelt, welche Bäume von alleine wachsen und welche gepflanzt werden. Lehrling Roman Brunner und Forstwart Andreas Herzig zeigten, wie die gesetzten Bäume vor Verbiss- oder Fegeschäden durch Wildtiere geschützt werden. Und sie machten auf ein zukünftig drohendes Problem aufmerksam: «Siedelt sich der Hirsch bei uns an, nützen die jetzigen Schutzmassnahmen wenig», sagt Herzig. Die Hirsche seien zu gross und könnten die jungen Bäume beschädigen. Zäune wären ein möglicher Lösungsansatz.

Die Besenbürer Bevölkerung erhielt also einen vielseitigen und detaillierten Einblick in «ihren» neuen Wald. Und ein Znüni samt Dessert winkte am Schluss im Waldhaus.


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