Mit der Sprache noch auf Kriegsfuss

  13.04.2021 Dottikon

Bei der 7. Staffel von «Adieu Heimat» sind zwei Auswanderinnen aus Dottikon dabei

Ab übermorgen Donnerstag kann das Publikum auf 3+ einmal mehr das Schicksal von Schweizer Auswanderern miterleben. Mit dabei sind diesmal auch die beiden Freiämterinnen Esther und Fabienne Frey, die im Süden Ungarns einen Gnadenhof für Tiere führen.

Chregi Hansen

Etwas mehr als 10 Kilometer sind es zur Grenze zu Serbien. Weitere 70 bis nach Rumänien. Hier in Ruzsa, ganz im Süden von Ungarn, praktisch mitten im Nirgendwo, haben Esther und Fabienne Frey ihr neues Glück gefunden. «Wir sind mitten im Wald, weit und breit gibt es keine Nachbarn. Manchmal sehen wir tagelang keine Menschen», erzählen sie. Und genau das haben sie gesucht. Einen Ort, an dem sie in Ruhe mit ihren Tieren leben können.

Dass sie dereinst im Osten Europas wohnen, das hätten sie sich kaum je vorstellen können. Zwar träumte Esther Frey schon lange vom Auswandern, «aber dabei dachte ich eher an Frankreich und Italien», erklärt sie. Doch weil das Paar insgesamt acht eigene Hunde besitzt, darunter auch zwei Rottweiler, erwies sich das als nicht ganz so einfach. In Ungarn sind sie mehr per Zufall gelandet. Hier kann man eben noch zu günstigen Preisen grosse Landstücke kaufen. «Als ich die Angebote sah, dachte ich zuerst, die hätten hinten eine 0 vergessen», lacht Fabienne Frey.

Umzug als Abenteuer

Seit gut anderthalb Jahren leben die beiden Frauen in einem umgebauten Einsiedlerhof auf einem 60 Aren grossen Areal. Zuvor führten sie im Freiamt eine Hundeschule und ein Hundehotel in der Hämbere. Letzteres haben sie vermietet, dies garantiert ihnen ein regelmässiges Einkommen. «Wir brauchen nicht viel zum Leben», berichten sie. Viele Umbauten haben sie selbst durchgeführt. Daneben führen sie auf ihrem Grundstück einen Gnadenhof für Tiere, wofür sie Spenden sammeln. «Die Gelder, welche für die Tiere gespendet werden, kommen voll und ganz den Tieren zugute. Wir finanzieren unser Leben selber», betonen sie.

Der Umzug war ein Abenteuer – nicht zuletzt der Sprache wegen. «Wir haben zwar bereits in der Schweiz privat Unterricht genommen, aber Ungarisch ist für uns so fremd, dass wir uns noch immer sehr schwertun. Es ist zum Verzweifeln», geben sie zu. Zu Beginn hat ihnen eine Dolmetscherin geholfen, inzwischen können sie sich mit einigen Brocken Ungarisch ganz gut durchschlagen. «Was Baumaterialien angeht, sind wir top», scherzen sie. Zudem können viele der älteren Ungarn noch etwas Deutsch und die Jungen Englisch. «So langsam verstehen wir, was gesprochen wird. Nur selber reden fällt noch schwer», geben sie zu.

Gnadenhof war nicht geplant

Die beiden Freiämterinnen fallen auf in Ungarn. Nicht weil sie als Frauen zusammenleben. «Das ist höchstens ein politisches Thema, die Leute hier interessiert das nicht gross. Und wir müssen und wollen das auch nicht überall demonstrativ zeigen, schliesslich sind wir Gast in diesem Land», berichten sie. Aber dass sie alten und kranken Tieren einen Platz anbieten, das sorgt für Erstaunen. Es sei nicht so, dass die Menschen im Süden Ungarns ihre Tiere schlecht halten, «aber alle Tiere sind Nutztiere. Wenn es keinen Nutzen hat, wird es geschlachtet», so Fabienne Frey. Und das sei zu einem gewissen Grad auch verständlich. «Wenn ich einen Hund zum Tierarzt bringe, kostet mich das schnell 300 Euro. Ein neuer Hund kostet 30 Euro», erklärt sie.

Geplant war der Gnadenhof nicht, als sie ihre Koffer packten und die Schweiz verliessen. «Das hat sich so entwickelt. Die Menschen hier wissen, dass wir Tiere lieben, und brachten uns welche vorbei», erklärt Esther Frey. Heute leben Hunde, Katzen, Schafe und weitere Tiere bei ihnen. Welche und wie viele, das wollen sie noch nicht verraten, dieses Geheimnis wird in der Fernsehsendung «Adieu Heimat» gelüftet. Dass sie in dieser auftreten, ist ebenso zufällig wie ihre neue Heimat in Ungarn. «Wir schauen öfters Sendungen wie ‹Bauer, ledig, sucht …› oder ‹Bachelor›. Dabei wurde auch Werbung für ‹Adieu Heimat› gemacht», erzählen sie. Weil sie vor Kurzem ausgewandert sind, haben sie sich auch angemeldet. «Eigentlich bloss aus Spass, wir haben nie damit gerechnet, dass sie uns nehmen», sagt Fabienne Frey.

Werbung für das Tierwohl

Und: Sie hatten das Ganze eigentlich schon vergessen, als plötzlich das Telefon klingelte. Und es ernst galt. «Wir machen in der Sendung mit, weil uns das Wohl der Tiere am Herzen liegt», betont Esther Frey. Und sie so die Möglichkeit haben, zu zeigen, was sie hier in Ungarn leisten. Wohin die Spenden aus der Schweiz fliessen. Die Dreharbeiten empfanden sie als sehr angenehm. «Das Team hält sich sehr zurück, fängt wirklich unseren Alltag ein. Es sind keine gestellten Szenen», erzählt Fabienne Frey. Was nun genau gesendet wird, wissen sie auch nicht. «Wir sind selber gespannt und werden am Donnerstag nervös vor dem TV sitzen», lachen sie. Falls die Internetverbindung dann nicht zusammenbricht, wie es hier schon mal vorkommen kann.

Und wie halten sie sonst die Verbindungen in der Schweiz aufrecht? «Das ist wegen Corona schwierig geworden», erzählen sie. Nach einer Reise müssen sie zehn Tage in Quarantäne, die von der Polizei regelmässig kontrolliert wird. Aber eigentlich vermissen sie ihre alte Heimat gar nicht. «Ich war letztes Jahr zu Besuch bei meinen Eltern in Hägglingen. Nach drei Tagen sehnte ich mich zurück nach der Ruhe hier in Ungarn», erzählt Esther Frey.

Hunde in der Stube

Genau diese Ruhe und Abgeschiedenheit haben sie gesucht. Und gefunden. «Wir können unsere Hunde hinauslassen und müssen nicht Angst haben, dass sich jemand daran stört. Denn hier ist gar niemand», lachen sie. Und da ist noch etwas, was die Menschen um sie herum mit Erstaunen registrieren – dass die Hunde mit den Menschen im Haus leben. Das sind sie sich nicht gewohnt, bei ihnen sind die immer draussen, selbst bei minus 10 Grad im Winter. Auch wenn die beiden Schweizerinnen längst in Ungarn angekommen sind, alles wollen sie nicht ändern. Und darum dürfen die Hunde auch in der warmen Stube sitzen, wenn Esther und Fabienne Frey am Donnerstag vor dem Fernseher sitzen. «Wir freuen uns, wenn es endlich losgeht», sagen sie.

Die siebte Staffel von «Adieu Heimat – Schweizer wandern aus» startet am 15. April und wird jeweils donnerstags um 20.15 Uhr auf 3+ ausgestrahlt. Informationen zum Gnadenhof im Internet unter: https://tanya-szivarvanygnadenhof-regenbogen.jimdosite.com


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