Nach der Einreise nicht gemeldet

  03.12.2021 Muri

69-jährige Mazedonierin vor Bezirksgericht Muri

Im September letzten Jahres reiste sie aus Nordmazedonien in die Schweiz ein, ging in Quarantäne, meldete sich aber nicht beim kantonsärztlichen Dienst. Weil die Beschuldigte gegen den Strafbefehl Einspruch erhob, sass sie nun vor Bezirksgericht.

Immer wieder, wenn sie von ihrer Schwester spricht, wird die Stimme der Beschuldigten leise und gerät ins Stocken. Sie sei todkrank, deshalb sei sie im September letzten Jahres nach Nordmazedonien gereist. «Ich habe schon zwei Schwestern verloren, und nur noch diese eine ist mir geblieben», sagt sie vor Gericht.

Die Übersetzerin gibt es auf Deutsch wieder. Dass die Mazedonierin im Herbst letzten Jahres die Reise nach Skopje antrat, war nicht der Grund, weshalb sie sich nun vor Gericht verantworten musste. Als sie nach rund zehn Tagen, «genau weiss ich es nicht mehr», nach Zürich zurückflog, begab sie sich zehn Tage in Quarantäne. «Sogar elf. Ich habe zwei Enkel, ich will, dass es ihnen gut geht.» Aber sie meldete sich nicht beim kantonsärztlichen Dienst. Und das hätte die Beschuldigte müssen. «Ich wusste es nicht», hält sie mehrmals fest. Ihr Sohn habe für sie die Reise gebucht, nur wenige Tage bevor sie abflog.

Dass sie eine Maske tragen musste, das wusste die Beschuldigte. «Das musste man ja überall.» Auf die Quarantäne sei sie am Flughafen in Skopje und in Zürich hingewiesen worden. Von wem, konnte sie Gerichtspräsidentin Simone Baumgartner nicht mehr sagen. Von einer Meldepflicht habe sie nie etwas gehört. Warum sie sich nicht selber informierte? «Ich bin nicht mobil, habe weder Internet noch ein Smartphone.»

Auf hundert Franken verkleinert

Eine Busse von 500 Franken beantragte die Oberstaatsanwaltschaft. «Ich kann das nicht bezahlen und müsste ins Gefängnis», sagte die Beschuldigte mehrmals. Sie habe es nicht extra unterlassen, sich zu melden. «Das hätte mich ja nichts gekostet und ich hätte es sicher gemacht», betonte die Rentnerin. Dass sie es vorsätzlich gemacht habe, das sei nie Thema gewesen, führte die Gerichtspräsidentin nach nur fünf Minuten Unterbruch zur Urteilsbesprechung aus. Deshalb sei die Anklage auch wegen fahrlässiger Verletzung der Meldepflicht erhoben worden. «Wir glauben Ihnen, dass Sie es nicht absichtlich getan haben.»

Das Gericht habe nun geprüft, ob die Beschuldigte alles unternommen habe, um zu wissen, dass sie sich hätte melden müssen, oder nicht. «Gerade weil die Situation im letzten Herbst schon einige Monate andauerte, darf man von den Leuten erwarten, dass sie sich informieren, bevor sie ins Ausland reisen», sagte Baumgartner.

Auch wenn sie nicht selber im Internet nachschauen konnte, hätte das ihr Sohn übernehmen können, oder ein Reisebüro. «Sie sperren sich nicht grundsätzlich gegen Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie, Sie begaben sich in Quarantäne. Deshalb ist das Verschulden klein», führte Baumgartner weiter aus.

Die Strafe verminderte sie aufgrund des kleinen Einkommens auf 100 Franken oder einen Tag Ersatzfreiheitsstrafe. Zudem muss die Angeklagte die Verfahrenskosten tragen. «Zahlen Sie dieses Geld. Es will niemand, dass Sie ins Gefängnis gehen», appellierte die Gerichtspräsidentin. --ake


Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote