Gestern Montag startete der Unterricht an Gymnasien und Berufsschulen wieder. Der Bund hat auf den Druck der Kantone reagiert und die umstrittenste Aufage gelockert. Die Zwei-Meter-Abstandsregel ist immer noch eine Empfehlung. Auch die Kantonsschule Wohlen und das Berufsbildungszentrum Freiamt (bbz) haben sich auf die Wiederaufnahme des Unterrichts vorbereitet. --dm

Spannend und anspruchsvoll

Im Berufsbildungszentrum Freiamt (bbz) erhalten die beiden Abteilungen unterschiedliche Unterrichtsformen

Für die einen Unterricht im Schulhaus, für die anderen Online-Schule. Im Berufsbildungszentrum Freiamt gibt es zu den Sommerferien Unterschiede. Rektor Philippe Elsener erklärt die anspruchsvolle Situation.

Daniel Marti

Die Neuigkeiten sind seit knapp einer Woche auf der Homepage aufgeschaltet: Im Berufsbildungszentrum Freiamt (bbz) wurde der Unterricht gestern Montag wieder aufgenommen. Zumindest teilweise. Die Lernenden der Abteilung Gewerbe und Technik werden vorwiegend vor Ort unterrichtet. Der Unterricht der Abteilung Wirtschaft (KV) wird bis zu den Sommerferien online weitergeführt. Prüfungen werden im Schulhaus gestaffelt geschrieben.

Standortbestimmung für alle

Warum die Präsenz der Schülerinnen und Schüler bei der Abteilung Wirtschaft inklusive KV im Schulhaus nicht umsetzbar ist, dafür nennt Rektor Philippe Elsener klare Gründe. Auf der Sekundarstufe II gilt die Auflage, den Zwei-Meter-Abstand zwischen den Jugendlichen zu garantieren. Obwohl diese Empfehlung gestern Montag vom Bund abgeschwächt wurde, hält sich das bbz freiamt weiter daran. «Dies ist mit Halbklassen in den Unterrichtszimmern machbar, in den Gängen und auf den Pausenplätzen ist dies bei vollem Schulhaus aber nicht möglich», so Elsener. Probleme sind hier vorprogrammiert, vor allem bei Ankunft, Pausen, Mittagspausen und WC-Besuchen.

Auch wenn die Schule alles Erdenkliche umsetzen würde, sieht Elsener kaum eine Chance, die Abstandsrichtlinien umzusetzen. «Wir müssten dauernd Polizist spielen und die Schülerinnen und Schüler nonstop auf die Distanzregel aufmerksam machen.»

Anders sieht es bei den Klassen und Lehrpersonen der Abteilung Gewerbe und Technik aus. Da sei es wichtig, so Elsener, dass sie vor den Schulwechseln noch einmal am bbz sein können, «um die Zeit hier am bbz gemeinsam abschliessen zu können». Mit der reduzierten Schülerzahl, notabene ohne KV-Lehrlinge, und einer adäquaten Unterrichtsund Schutzorganisation sei dies möglich.

Online-Humor ist schwierig

Dagegen sind die Schülerinnen und Schüler der kaufmännischen Abteilung gemäss einem speziell erstellten Stundenplan zur Überprüfung des aktuellen Lernstands für Prüfungen in allen Fächern ins Schulhaus aufgeboten. «Dies ist eine wichtige Standortbestimmung für die Schülerinnen und Schüler sowie für die Lehrpersonen und die Lehrbetriebe.» In der Aula gibt es genügend Platz, um die Prüfungen mit der ganzen Klasse durchzuführen. Die Schülerinnen und Schüler sehen sich somit vor den Sommerferien, wenn auch nur für die Prüfungen. «Mit dem Online-Unterricht haben wir unter den Rahmenbedingungen, die seit dem 16. März gelten, eine optimale Lösung», betont Elsener. Der Unterrichtsstoff könne ohne grosse Einschränkungen weiter vermittelt werden.

Rektor Elsener betont, dass auch die Lehrpersonen und Schüler der kaufmännischen Abteilung «liebend gern ins Schulzimmer zurückkehren» würden. «Face to Face» mit den Schülerinnen und Schülern im Schulzimmer sei in keiner Weise mit Fernunterricht zu vergleichen. So seien Emotionen zwischen Menschen möglich, dies sei ein zentrales Element des produktiven Unterrichts. Humor beispielsweise sei online schwierig, «wenn alle Mikrofone stummgeschaltet sind. Selbstverständlich fehlt auch der Kontakt vor Ort zwischen den Lehrpersonen massiv, da hilft auch ein virtuelles Lehrerzimmer nicht viel.» Unter den aktuellen Bedingungen sei Online-Unterricht jedoch «die beste Lösung».

Ein Wunsch für die gute Fee

Im bbz freiamt ist die Coronakrise bisher jedenfalls gut gemeistert worden. Und der Wechsel zum Online-Unterricht ist laut Elsener «von Beginn weg optimal gelungen». Weil die Schule seit August 2019 digital unterwegs ist, konnten die Lehrpersonen schnell auf Online-Unterricht umstellen, auch methodisch-didaktisch. «Das war und ist eine Riesenleistung, die mit einigem Mehraufwand verbunden war. Die Erfahrungen mit den Lernenden sind ebenfalls äusserst positiv», bilanziert der Rektor. Wie gut die Stoffvermittlung und die grössere Eigenständigkeit der Schülerinnen und Schüler tatsächlich geklappt hat, «sehen wir nach den Prüfungen».

Auch die Verwaltung habe stets gut funktioniert. Für wichtige unterrichtsorganisatorische Aspekte wurden Online-Lehrerkonferenzen durchgeführt.

«Die Zeit war und ist sehr intensiv, aber durchaus auch spannend», so Elsener, «aber wenn ich mir von der guten Fee etwas wünschen könnte, dann wäre es, dass wir so schnell wie möglich zum Normalzustand zurückfnden. Das würde ich auch unseren Lehrbetrieben gönnen.»

Sechs kleine Feiern für den besonderen Moment

Auch bei den Abschlussfeierlichkeiten gibt es wie bei den Abteilungen unterschiedliche Lösungen. In der gewerblichen Abteilung sind die Diplomfeiern über die Berufsverbände, nicht über die Schule, organisiert. «Dort werden einzelne Feiern durchgeführt, andere sind abgesagt», informiert der bbz-Rektor. «In der kaufmännischen Abteilung ist die traditionelle Diplomfeier mit fast 600 Personen zum jetzigen Zeitpunkt schlicht nicht durchführbar.»

Trotzdem sei immer klar gewesen, «dass wir unsere Schülerinnen und Schüler, die wir drei Jahre lang begleitet haben und die uns ans Herz gewachsen sind, würdig verabschieden wollen». Der erste Berufsabschluss sei doch etwas Besonderes, und diesen will man am bbz freiamt in irgendeiner Form feiern.

Als die Schutzmassnahmen Ende Mai immer mehr gelockert wurden, wagten sich die Verantwortlichen an die Planung. Während eines Nachmittags soll statt einer grossen Feier für sechs Klassen je eine kleine Feier für jede Klasse veranstaltet werden. «Dies hat den Vorteil, dass auch die Eltern und die Berufsbildner dabei sein können, wenn wir die Diplome überreichen», betont Philippe Elsener. «Wir freuen uns auf alle Fälle sehr auf diesen besonderen Moment.»