Nicht nur die Amphibien freuts

  09.04.2021 Merenschwand

Seit einem Jahr ist die Strasse zwischen Merenschwand und Unterrüti mit Amphibien-Durchgängen ausgestattet

Frösche, Kröten oder Molche. Frühling für Frühling machen sich die Amphibien auf ihren Laichzug. Besonders viele querten dabei die Strasse zwischen Merenschwand und Unterrüti. Freiwillige trugen sie Tag für Tag auf die andere Strassenseite. Seit einem Jahr braucht es diese Arbeit dank den Amphibien-Durchgängen nicht mehr.

Annemarie Keusch

Bis zu 4000 Tiere, allein während des Laichzugs im Frühling. Die Passage zwischen Unterrüti und Merenschwand ist beliebt bei Amphibien, um die Strasse zu queren. Manuel Baldi vom Departement Bau, Verkehr und Umwelt spricht von einer der grossen Zugstellen im Kanton. Der Wald als Sommerlebensraum, die nahen Gewässer für das Laichen – Amphibien fühlen sich in diesen Gebieten wohl. Dass der limitierende Faktor der Population die immer stärker befahrene Verkehrsachse ist, war schon länger klar.

Zugewartet mit der Realisierung der Amphibien-Durchgänge wurde, um Synergien zu nutzen. Wenn die Strasse saniert werden muss, werden die Durchgänge umgesetzt, das war der Plan. Dieser nahm mehrere Jahre in Anspruch – auch wegen Einsprachen. Schliesslich wurde das Projekt letzten Frühling beendet. Die Strasse ist saniert, die Durchgänge gebaut.

Keine freiwilligen Einsätze mehr nötig

Einer, den das sehr freut, ist Josef Fischer, Geschäftsführer der Stiftung Reusstal. Er war einer jener Freiwilligen, die seit vielen Jahren Zäune stellten, um die Tiere einzusammeln und jeden Morgen auf die andere Strassenseite zu tragen. Er sagt: «Auf längere Zeiträume konnte mit diesen temporären Zäunen kein nachhaltiger Schutz garantiert werden.» Vor allem weil die Zäune nur während des Zugs zu den Laichgewässern im Frühling installiert wurden. «Der Rückzug der Adulten und die Abwanderung der Jungtiere, die sich über einen viel grösseren Zeitraum hinziehen, konnte aus Kapazitäts- und aus technischen Gründen nicht gesichert werden.» Umso glücklicher ist er, der drei Jahrzehnte die temporären Zäune zwischen Merenschwand und Unterrüti betreute, dass die Durchgänge nun Realität sind. «Es braucht keine freiwilligen Einsätze mehr.» Komme hinzu, dass die Durchgänge nicht nur Amphibien helfen, sondern auch anderen Kleintieren, deren Überlebenschancen beim Queren der immer mehr befahrenen Strasse immer geringer werden.

Wie wichtig solche Durchgänge sind, weiss auch Merenschwands Gemeindeammann Hannes Küng. «Bevor diese provisorischen Einrichtungen jeweils vor der Wanderzeit der Amphibien errichtet wurden, fand in Frühjahrsnächten mit guten Wanderbedingungen auf der Strasse regelmässig ‹Amphibiengemetzel› statt.» Das müsse nicht sein. Die Kosten für das Projekt übernahm zu hundert Prozent der Kanton, weil es im Ausserortsbereich liegt. Und trotzdem sagt Ammann Küng: «Die Frage, ob sich Projekte zugunsten der Natur lohnen, stellt sich mir so nicht. Wir müssen uns eher fragen, wie viel Naturzerstörung wir uns noch leisten können.»

Nicht unnötig Fruchtfolgefläche verbrauchen

Das Prinzip der Durchgänge funktioniert ganz einfach. Die Tiere werden durch Leitelemente zu den Durchgängen geführt. Josef Fischer weiss: «Die Amphibien wissen, wo in etwa die Laichgewässer zu finden sind, und versuchen alle Hindernisse auf dem Weg zu diesen zu umgehen.» Dank den Durchgängen müssen sie die Strasse nicht mehr queren. «Auf stark befahrenen asphaltierten Strassen können die Tiere in kühlen Nächten sich sogar etwas aufwärmen, verbleiben hier dann etwas länger, was ihnen zum Verhängnis werden kann», führt Fischer aus.

Die Elemente für die Durchgänge sind zwischen der Kantonsstrasse und dem Radweg, der auch als Schulweg dient, installiert worden. «Ja, die Durchlässe in Unterrüti haben für Velofahrerinnen und Velofahrer ein gewisses Gefährdungspotenzial», sagt Josef Fischer von der Stiftung Reusstal.

Ein Sturz auf die Betonelemente kann üble Folgen mit sich bringen. Aber Fischer sagt auch: «Gefährdungspotenzial haben viele andere Radweg-Passagen auch.» Manuel Baldi vom kantonalen Departement erklärt, weshalb der Amphibiendurchgang nicht auch noch unter dem Radweg durchführt. «Angrenzend am Radweg sind wertvolle Kulturlandflächen der Fruchtfolgeeäche 1. Mit der Anordnung der Amphibienleitelemente zwischen der Kantonsstrasse und dem Radweg hat man den Verbrauch an besonders gut geeignetem ackerfähigem Kulturland der Fruchtfolgefläche so gering wie möglich halten können.» Niedrigere Kosten seien ein weiteres Argument. Und Baldi sagt, dass die Höhendifferenz zwischen Fahrbahnoberfläche und Sockelfuss der Leitelemente zirka 45 Zentimeter betrage. «Für diese geringfügige Höhendifferenzen müssen keine Absturzsicherungsmassnahmen getroffen werden. Die Anlage weist beidseitig eine Randmarkierung auf und stellt kein Sicherheitsrisiko dar.»

Keine Meldungen von Unfällen

Ammann Hannes Küng ist bewusst, dass seit einem Jahr ein Graben ist, wo vorher keiner war. Und dass das ein Sicherheitsrisiko mit sich bringen kann.

«Gefährlich wird es aber so oder so, wenn Fahrräder vom Radweg oder Motorfahrzeuge von der Strasse abkommen.» Es liegen ihm keine Meldungen von Unfällen vor, die auf ein diesbezügliches Problem zwischen Merenschwand und Unterrüti hinweisen. Entsprechend zufrieden sind Küng, Baldi und Fischer auch, ein Jahr nachdem das Projekt umgesetzt wurde. Manuel Baldi sagt: «Diese Anlage entspricht den neusten Anforderungen an den Amphibienschutz. Die amphibientechnischen Schutzmassnahmen wurden hier vorbildlich umgesetzt. Wir haben deshalb keine Zweifel, dass die Schutzwirkung die gewünschten Ziele erreichen sollte und die Investitionen artgerecht eingesetzt wurden. Bis dato hat sich das Projekt bewährt und dementsprechend sind wir davon überzeugt, die gesetzten Ziele erreicht zu haben.»

Weitere Projekte in diesem Rahmen seien in der Region vorerst keine geplant. Dort, wo viele Tiere die Verkehrsachsen passieren, seien die Kantonsstrassen im Freiamt ausgebaut. «Unser Fokus richtet sich in dieser Region momentan auf Gemeindestrassen und Eisenbahnlinien.»


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