Nichts zu holen mit zehn Mann

  20.10.2020 Sport

Fussball, 1. Liga classic: FC Biel – FC Wohlen 3:0 (2:0)

Der FC Wohlen schadet sich selbst und muss gegen Leader Biel über 80 Minuten in Unterzahl spielen. Die Freiämter zeigen in Anbetracht der Situation eine gute Leistung. Am Ende reicht die Kraft nicht, um gegen den Spitzenreiter etwas zu holen.

Josip Lasic

Die Stimmung beim FC Wohlen zur Halbzeitpause spricht Bände. Luigi Milicaj flucht vor sich hin, tritt gegen Banden, schlägt gegen Wände. Co-Trainer Alessandro Vicedomini ist ruhiger: «So hat es eigentlich keinen Sinn, weiterzuspielen.» Goalie-Trainer Boris Ivkovic: «Es ist eine Katastrophe.» Was hat beim FC Wohlen für solch schlechte Laune gesorgt? Zu einem grossen Teil Schiedsrichter Hüseyin Sanli. Die Freiämter fühlen sich vom Referee und seinem Assistenten benachteiligt. Wieder einmal.

Nach zehn Minuten zwei Gelbe abgeholt

In den letzten Spielen gibt es für Wohlen immer mal wieder Platzverweise. Auch gegen Biel geht die Rot-Misere weiter. Trainer Thomas Jent darf nach zwei Spielsperren (nach der Roten Karte gegen Solothurn) wieder auf der Trainerbank Platz nehmen. Dafür sitzt Kreativkopf Ronny Minkwitz auf der Tribüne und sitzt die erste von zwei Spielsperren ab. Er hat beim 4:1-Sieg in der Cup-Qualifikation Rot gesehen.

Im Spiel gegen Leader Biel steht der Schiedsrichter nach zehn Minuten vor FCW-Verteidiger Nikola Bozic und schickt ihn vom Feld. Aussenverteidiger Bozic schafft das Kunststück und holt zwei Gelbe Karten innert zehn Minuten ab. «Das darf einem erfahrenen Spieler wie ihm nicht passieren», sagt Adrian Meyer, Leiter Sport beim FC Wohlen. «Das Foul bei der ersten Gelben Karte ist schon sehr hart. Da konnte Bozic froh sein, nicht direkt vom Platz zu fliegen. In so einem Fall musst du dich danach cleverer verhalten.»

Das tut Bozic nicht. Diese Ampelkarte wird zur Schlüsselszene des Spiels. Wohlen muss gegen den ungeschlagenen Leader 80 Minuten in Unterzahl ran. Das kann nicht gut gehen.

Trotzdem spürt man zuerst nicht viel von der numerischen Überlegenheit der Bieler. Im Gegenteil. Wohlen schnuppert gar an der Führung. Momo Seferi trifft die Latte, Adijan Keranovic tritt einen starken Freistoss. Im Abschluss bleiben die Freiämter glücklos und durch das lange Spiel in Unterzahl am Ende auch kraftlos.

Vor der Pause entscheidet Biel die Partie

Kurz vor der Pause läuft der FCW in einen Konter. Brian Beyer zieht allein auf FCW-Goalie Olivier Joos, überlobbt ihn und bringt Biel in Führung. Drei Minuten später köpfelt Pietro Di Nardo zum 2:0-Pausenstand ein. Biel bringt in der zweiten Hälfte kaum noch gefährliche Angriffe auf das Wohler Tor. Müssen sie auch nicht. Es genügt gegen diesen dezimierten FC Wohlen. Das 3:0 in der 88. Minute durch Alban Mulaj ist ein Muster ohne Wert. Die Gastgeber kontern völlig ausgepowerte Freiämter aus und treffen zum Endstand. «Eine Übermannschaft waren diese Bieler jetzt nicht», sagt Meyer. «Aber es war enorm schwierig, wenn wir nach zehn Minuten unsere taktischen Überlegungen über Bord werfen müssen.»

Der Schiedsrichter hat in diesem Spiel keine klare Linie. Der FC Wohlen allerdings auch nicht. Dem Unparteiischen die Schuld in die Schuhe zu schieben, wäre aus Wohler Sicht vermessen.

Die Wohler lernen nicht aus ihren Fehlern

Es ist mangelnde Cleverness, die zum frühen Platzverweis führt. Der FC Wohlen verliert in Biel mit 0:3. Trainer Thomas Jent ist frustriert, kickt eine Getränkef lasche weg. Der Schiedsrichter zeigt ihm die Gelbe Karte. Die Fehler wiederholen sich. Die Wohler scheinen nicht daraus zu lernen. Jent möchte nach Spielschluss nicht sprechen. «Ich verstehe, dass er frustriert ist», sagt Meyer. «Es bringt ohnehin nichts, über solche Situationen zu diskutieren. Diese passieren in jedem Spiel. Momentan kippen derartige Situationen nicht zu unseren Gunsten. Deshalb müssen wir uns cleverer verhalten.»

Gegen das Spitzenteam Biel hat diese Cleverness gefehlt. Die Berner sind mit 25 Punkten davongezogen. Wohlen liegt auf Rang 5 mit 13 Zählern. «Jetzt müssen wir Schadensbegrenzung betreiben bis zur Winterpause und aus der Negativspirale herauskommen», so Meyer. «Rang 2 oder 3 können wir immer noch erreichen.»


FCW gehen die Spieler aus

Sieben Ausfälle drohen gegen Zug

Nikola Bozics sehr frühe Rote Karte lässt den FC Wohlen gar nicht erst in die Nähe eines Punktgewinns bei Leader Biel kommen. Durch diesen Platzverweis ist der Aussenverteidiger im nächsten Heimspiel gegen Zug gesperrt (Samstag, 16 Uhr). Ebenso fehlen wird Ronny Minkwitz, der für seinen Platzverweis gegen Höngg zwei Spielsperren aufgebrummt bekommen hat. Dazu kommt – auch da prangert der Leiter Sport Adrian Meyer mangelnde Cleverness an – Nicolas Künzli. Der Innenverteidiger holt sich gegen Biel die vierte Gelbe Karte der Saison. Resultat: Sperre gegen Zug.

Das wäre weniger wild, wenn die Verletztenliste der Wohler nicht so lang und prominent wäre. Die Offensivspieler Vilson Doda und Luiyi Lugo fehlen genauso wie Goalie Luca Thaler gegen Biel. Captain und Abwehrchef Marko Muslin geht zur Pause präventiv raus, weil er Schmerzen hat. Sollten alle sieben Akteure im nächsten Spiel gegen Zug ausfallen, wäre der FCW enorm geschwächt. Hoffnung ist da, dass zumindest Doda und Muslin ins Team zurückkehren können. Ansonsten bleiben nur 15 Spieler übrig. Darunter aber Leute wie Florian Weber, der gegen Biel sein 1.-Liga-Debüt gemacht hat oder Kerim Bali, der in dieser Saison nur eine Minute eingesetzt wurde.

Ob es der richtige Zeitpunkt ist, die jungen Spieler ins kalte Wasser zu werfen? Sollten noch mehr Akteure ausfallen, müsste das Kader mit Leuten aus der zweiten Mannschaft und den A-Junioren aufgefüllt werden. Keine gute Ausgangslage, um zur Aufholjagd zu blasen. --jl


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote