Schaniel orientiert sich neu

  14.05.2021 Sport

Orientierungslauf: Der Bremgarter Ricardo Schaniel startet am Weltcup in Neuenburg – für die USA

Seit er elf Jahre alt ist, betreibt Ricardo Schaniel Orientierungslauf. Am Wochenende bestreitet er seinen ersten internationalen Wettkampf. Da er in den Vereinigten Staaten auf die Welt gekommen ist, wird er die USA am Weltcup in Neuenburg vertreten.

Josip Lasic

Es wird der nächste Schritt in Ricardo Schaniels Karriere als Orientierungsläufer. Von heute Freitag bis übermorgen Sonntag startet er am OL-Weltcup in Neuenburg im Knockout-Sprint und im Einzel-Sprint. «Insgesamt treten etwas mehr als 120 Athleten an. Mein Ziel ist, beide Wettkämpfe irgendwo zwischen Rang 60 und 90 zu beenden. Da es mein erster internationaler Wettkampf in der Elite ist, kann ich das Niveau schwierig beurteilen. Ich werde aber kämpfen, und wenn ich einen noch besseren Platz erringe, ist es umso schöner.»

Der 21-jährige Bremgarter hat ein grosses Ziel. Die Orientierungslauf-Weltmeisterschaften 2023 finden in der Schweiz statt. Genauer gesagt im Kanton Graubünden, dem Kanton, wo der Vater des Freiämters ursprünglich herkommt. «Das ist für mich eine Heim-WM. Bei der will ich vorne mitmischen.» Um dieses Ziel erreichen zu können, will der Orientierungsläufer internationale Erfahrungen sammeln und sich weiterentwickeln. Die Schweiz ist allerdings neben den skandinavischen Ländern eine der stärksten OL-Nationen der Welt. In den Nationalkader zu kommen, war schwierig. Deshalb hat der junge Mann eine Entscheidung getroffen. Da er in den USA zur Welt gekommen ist, hat er Anrecht auf die amerikanische Staatsbürgerschaft. Das hat Ricardo Schaniel genutzt, um einen Platz im OL-Nationalteam der USA zu erhalten, für die er jetzt antreten wird.

Geboren in South Carolina
Ende der 90er-Jahre leben und arbeiten Philip und Evelyn Schaniel, die Eltern von Ricardo, drei Jahre lang in den USA. Drei Monate bevor sie in die Schweiz zurückkehren, am 3. April 2000, kommt Ricardo Schaniel in Sumter in South Carolina zur Welt. «Das ist ein Glücksfall für mich. Denn eigentlich habe ich nicht den allergrössten Bezug zu den USA. Ich bin in der Schweiz aufgewachsen.»

Genauer gesagt in Bremgarten. 2011 finden in der Reussstadt die Schweizer Meisterschaften im Orientierungslauf statt. Damals kommt Valentin Brunner, der Vater der Freiämter OL-Koryphäe Anina Brunner, zu Ricardo Schaniel in die Schule und stellt die Sportart vor. Seine Klasse darf in Zweier-Gruppen in einer speziellen Kategorie an der SM starten. «Es hat mir extrem grossen Spass gemacht. So bin ich in die Sportart reingerutscht.» Seit 2012 ist Schaniel Mitglied des Bussola-OK. Der Verein ist ein Zusammenschluss der beiden OL-Gruppen OLG Büttikon und OLG Birrfeld und unter anderem auch Anina Brunners Stammverein.

Training mit dem TV Wohlen

Aktuell besucht der Orientierungsläufer die Wirtschaftsmittelschule in Baden. Er ist im vierten Jahr und absolviert momentan ein Praktikum bei der Stadt Baden in der Personal-Abteilung. Die Abschlussprüfungen stehen bald an. Die Ausbildung macht Schaniel Spass, ist aber anspruchsvoll. Dennoch beträgt sein Trainingsaufwand pro Woche zehn bis zwölf Stunden. Unter anderem trainiert er am Donnerstagabend auf den Niedermatten in Wohlen mit den Mittelstreckenläufern des TV Wohlen. «Dafür, dass ich mittrainieren darf, starte ich für den Verein an den Schweizer Vereinsmeisterschaften in der Leichtathletik. Im letzten Jahr bin ich über 3000 m angetreten.»

Der Trainingsaufwand hat sich gelohnt. 2018 konnte Schaniel im Team mit zwei Kollegen den Vize-Schweizer-Meister-Titel feiern und holte an einem nationalen Orientierungslauf den 4. Platz. Letztes Jahr gewann er ausserdem mit dem Aargauer Nachwuchskader den Jugendcup. «Am Orientierungslauf gefällt mir einfach der Mix. Einerseits muss man schnell sein und Ausdauer haben. Gleichzeitig muss man mit dem Kopf bei der Sache sein und schnelle Entscheidungen treffen können.»

Mit viel Liebe zum Sport

Ricardo Schaniel bleibt realistisch. Er weiss, dass es schwierig ist, von seinem Sport leben zu können. «Von Preisgeldern allein geht das sowieso nicht. In der Schweiz kann vielleicht die absolute Elite wie Simone Niggli oder Matthias Kyburz von OL leben. Und selbst sie brauchen gute Sponsoren.» Der Freiämter wird nach dem Abschluss der Wirtschaftsmittelschule zuerst ein Zwischenjahr einlegen und seinen Militärdienst absolvieren. Danach möchte er Betriebsökonomie studieren.

Beruflich wird seine Zukunft nicht im OL liegen. Aus Leidenschaft zu seinem Sport bleibt er dran. «Ich will weiter so grossen Spass haben und einen nächsten Schritt in Richtung Leistungssport gehen.»


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