Spielertrainer ist Kopf des Monats

  03.11.2020 Eishockey

Joel Nietlisbach ist der Häuptling, der den Indianern des HC Fischbach-Göslikon neues Leben eingehaucht hat. Seit der 36-Jährige aus Hermetschwil-Staffeln Spielertrainer bei Fi-Gö ist, geht es mit dem Team steil bergauf. Der bisherige Höhepunkt: der 4:3-Sieg im Derby gegen Wohlen. Nicht mal Fi-Gö-Urgesteine erinnern sich an den letzten Vollerfolg gegen das Fanionteam der Wohler. --jl


Historischer Derbyheld

«Kopf des Monats Oktober»: Spielertrainer Joel Nietlisbach brachte den Erfolg zum HC Fischbach-Göslikon

4:3. Fischbach-Göslikon schlägt Wohlen im Eishockey-Derby. Es ist ein Sieg für die Geschichtsbücher. Der Hauptgrund für den Höhenflug von Fischbach-Göslikon heisst Joel Nietlisbach, Spielertrainer aus Hermetschwil-Staffeln.

Josip Lasic, Stefan Sprenger

Trotz aufwendiger Recherche bleibt es unklar: Wann bezwang Fischbach-Göslikon den grossen Rivalen Wohlen? Nicht einmal in den Geschichtsbüchern lässt sich Inden, wie lange der letzte Derbysieg her ist. Am 22. Januar 2012 gewinnt Fi-Gö gegen Wohlen II mit 7:6. Das ist aber gegen die zweite Mannschaft Wohlens. Danach folgten 14 Derbypleiten in Serie.

Fi-Gö-Legende «Schnüzi» ist begeistert

Martin Jordi, Präsident des HC Fischbach-Göslikon, ist seit 1981 im Verein: «Es müsste irgendwann in den 80ern gewesen sein.» Im Archiv wird ersichtlich: In diesem Jahrtausend hat Fi-Gö die Wohler nie bezwungen. Es ist sogar möglich, dass der letzte Derbysieg noch auf dem zugefrorenen Fischbacher Mösli gefeiert wurde.

Am Samstag, 17. Oktober 2020, endet die Durststrecke. Noch bevor Corona für den Unterbruch sorgt, gewinnt Fi-Gö mit 4:3 im Schüwo-Park. Lars Simmen erzielt das matchentscheidende Tor. Für einmal gibt es gegen Wohlen keine Schlappe. Fi-Gö ist auch sonst in dieser Saison plötzlich sackstark unterwegs. Einer der Hauptgründe für den Höhenflug und den historischen Derbysieg ist Spielertrainer Joel Nietlisbach.

Beim Derby dabei ist Sepp Seiler alias Schnüzi, eine Figöler Eishockeylegende. Zwischen seinem 15 und 40 Altersjahr ein gefürchteter Spieler. Er meint: «Wir haben viel darüber diskutiert, wann der letzte Sieg gegen Wohlen war. Es ist ewige Zeiten her und ich glaube, ich habe da noch nicht gespielt», meint der 63-Jährige. Sein Sohn Marc Seiler ist im aktuellen Team mit dabei. Gemäss Sepp Seiler spielt Joel Nietlisbach eine Hauptrolle im Erfolgsschauspiel: «Nietlisbach macht seine Sache hervorragend. Er ist ein Motivator, ein starkes Vorbild. Und ein Eishockey-Kenner. Endlich haben wir eine gute Defensive. Das Team ist physisch ft und hat auch eine gewisse Konstanz entwickelt.» Sepp Seiler war und ist praktisch an jedem Spiel der Figöler dabei und erkennt einen klaren Aufwärtstrend. «Schade, bremst Corona jetzt den starken Lauf.»

«Duracell-Männchen»

In der Vergangenheit gab es für den HC Fischbach-Göslikon meist nur ein Ziel in der 3. Liga: nicht Letzter werden. Dann kam Joel Nietlisbach als Spielertrainer und alles wurde anders. Bereits in der ersten Saison 2019/20 unter dem 36-Jährigen zeigte sich das Team deutlich stärker als in den Vorjahren. Zum Start dieser Saison folgte die Kür: Die Festung Wohlen fiel. «Unglaublich. Jetzt wird der Kerl auch noch dafür belohnt, dass er uns geschlagen hat. Da tut die Niederlage ja doppelt weh», sagt Patrick Siegwart, Spielertrainer vom HC Wohlen Freiamt. Er fügt lachend an: «Das ist nur ein Spass. Ich gönne ihm von Herzen, wenn er ‹Kopf des Monats› wird. Er hat es sich verdient.»

Siegwart kennt Nietlisbach schon seit fast 13 Jahren. Drei Saisons lang waren sie Sturmpartner beim EHC Aarau in der 1. Liga. 2013 wurde Nietlisbach Spielertrainer beim HC Wohlen Freiamt und war derjenige, der Siegwart ins Freiamt geholt hat. Schon vor dem ersten Aufeinandertreffen in der vergangenen Saison warnte Siegwart, dass Fi-Gö mit Nietlisbach gefährlich werden kann. Damals siegte Wohlen in beiden Duellen knapp mit 6:4. Jetzt waren die «Huskys» fällig. «Ohne Joel Nietlisbach wären die Fischbach-Gösliker nicht auf dieses Niveau gekommen», so Siegwart. «Egal ob in Beruf oder Sport, er gibt immer 100 Prozent und erwartet das auch von seinem Team. Er schafft eine gute Mischung aus Spass und hartem Training.» Siegwart sagt, dass Nietlisbach auch auf dem Eis noch eine gute Figur macht. «Er ist ein Duracell-Männchen, das nie müde wird.»

Spieler haben «Höllenrespekt»

Dem stimmt Vincenzo Di Federico, Captain der Figöler zu. «Er hat uns im Sommertraining geschlaucht. Die Trainings waren noch nie so hart wie unter ihm», so Di Federico. «Aber: Er geht immer ans Limit und pusht uns so, auch alles zu geben.»

Der Captain lobt die ruhige Art von Nietlisbach und beschreibt den Spielertrainer als sehr ehrgeizig. In der vergangenen Saison war Fi-Gö zufrieden, wenn das Team einen guten Auftritt gezeigt hat. «Jetzt nicht mehr. Er hat uns kommuniziert, dass wir immer auf Sieg spielen müssen.» Di Federico erklärt, dass durch Nietlisbachs Beziehungen zu den Argovia Stars eine Partnerschaft entstanden ist. Die Clubs unterstützen sich, wodurch Fi-Gö ein breiteres Kader als früher hat. «Lange waren wir diejenigen, denen die Puste ausging, jetzt können wir unser Spiel über 60 Minuten durchziehen, während die Gegner anfangen einzubrechen».

Urs Simmen, Coach der Figöler, meint: «Joel ist ein ruhiger, freundlicher Typ. Aber wenn die Spieler keine Disziplin zeigen, ist er gnadenlos. Und wenn man es sich mit ihm verscherzt, dann hat man ein Problem. Das Team hat einen Höllenrespekt vor ihm. Das ist auch wichtig. Ohne die Strukturen, die er eingeführt hat, würden wir vermutlich in der 4. Liga herumdümpeln.»

Er lebt für Eishockey

Martin Jordi, Präsident des Clubs, hat vor zwei Jahren kommuniziert, dass er das Amt nur übernimmt, wenn ein neuer Trainer zur Verfügung steht. «Ich war überrascht, dass sich ein ehemaliger Juniorennationalspieler und Erstliga-Crack wie Nietlisbach für uns entscheidet», so Jordi. «Ich bin aber froh, dass wir ihn haben. Besonders seine Konsequenz ist zu bewundern. Früher wussten die Spieler, dass sie ohnehin im Aufgebot stehen, da wir so wenige Leute haben. Joel nimmt lieber nur neun Leute mit an eine Partie, als dass er sich auf der Nase herumtanzen lässt. Er lebt Eishockey und versteht nicht, wenn jemand eine Larifari-Einstellung an den Tag legt.»

Der Höheniug des HC Fischbach-Göslikon wird auch nach Corona weitergehen – sofern Nietlisbach weiterhin alles für den Verein gibt. Und vielleicht werden dann Figöler Derbysiege auch zur Normalität.


Die bisher Gekürten

«Kopf des Monats» Januar ist Reto Holzgang vom Murianer Kino Mansarde. Ausgezeichnet wurde er für seine Kreativität und sein Engagement für die Kultur in der Region. Hans Kneubühler aus Fischbach-Göslikon setzt sich mit vollem Engagement für die Erdverkabelung der 380-Kilovolt-Leitung von Niederwil nach Obfelden ein. Dafür wurde er von der Redaktion im Februar zum «Kopf des Monats» gewählt.

Die Wahl im Monat März fiel auf Reto Schoch. Der Joner hat aus eigenen Mitteln die Planzung von 500 Bäumen ermöglicht und die Arbeit mit 45 Personen gleich selber umgesetzt. Tobias Schär aus Merenschwand ist «Kopf des Monats» April. Er sammelt alte Laptops, bereitet sie auf und verschenkt sie bedürftigen Familien. Im Mai wurde David Güntert ausgezeichnet. Er leitete die Coronahilfe der Jungwacht Wohlen.

Im Juni wurde der Waltenschwiler Robert Dubler zum «Kopf» gekürt. Trotz heisser Diskussion um die von ihm produzierten Mohrenköpfe blieb er immer ruhig und sachlich. Im Juli ging die Auszeichnung an Max Vogelsang aus Wohlen. Er hat die «Beech 18», ein legendäres Flugzeug, restauriert und wieder zum Fliegen gebracht. Im August stand die in Wohlen wohnhafte Merenschwanderin Susanne Küng zuoberst auf dem Podest. Sie war eine von zwölf Schiedsrichterassistentinnen, die für das Finalturnier der Women’s Champions League nominiert wurden. Im September ging der Titel gleich an zwei «Köpfe». Andreas Muntwyler und Ulla Tikka haben es gewagt, in einer Zeit, in der fast die ganze Veranstaltungsbranche am Boden liegt, einen Zirkus zu gründen. --red


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