Trostloser Geister-Wettkampf

  29.01.2021 Sport

Dominique Berger und Julia Hammesfahr vom TV Wohlen starteten am Hallen-Meeting

Swiss Athletics organisiert für die Mitglieder des Nationalkaders vier Einladungswettkämpfe. Vom TV Wohlen sind Julia Hammesfahr und Dominique Berger startberechtigt. Am Hallen-Meeting in St. Gallen erleben die beiden Freiämterinnen, was es heisst, in Coronazeiten einen Wettkampf zu bestreiten.

Stefan Sprenger, Josip Lasic

Die Maske ist steter Begleiter. Nur wer gerade am Rennen, Werfen oder Weitspringen ist, darf sie kurz abziehen. Beim Warten auf den Wettkampf hat jeder Athlet einen eigenen Stuhl – jeweils mit einem 1,5 Meter grossen Abstand zueinander. Alles ist genau geplant und die Sportler dürfen nur während eines kurzen Zeitfensters in die Halle. Quasi schnell rein, um abzuliefern – und innerhalb von 20 Minuten muss man wieder draussen sein. Zuschauer sind keine erlaubt, nur ein Trainer darf jeweils mit.

Die Begebenheiten am ersten Leichtathletik-Wettkampf des Jahres waren besonders. Die Schutzmassnahmen sehr streng. Vom TV Wohlen waren Dominique Berger und Julia Hammesfahr dabei. Sie sind die Einzigen des Vereins, die in einem Nationalkader sind. Das Fazit von Dominique Berger: «Ich bin überrascht, wie gut die Stimmung trotz dieser speziellen Situation gewesen ist», erzählt die 18-Jährige.

Rolf Stadler, Leiter der Leichtathletik-Riege des TV Wohlen und Vizepräsident des Vereins, war als Begleiter vor Ort. Er zieht ein betrübtes Fazit: «Die Wettkämpfe sind trostlos. Es sind keine Zuschauer erlaubt, keine Fotografen, keine Presse. Die Athleten dürfen die Halle nur gestaffelt betreten. Man hört kein Anfeuern, nichts.» Stadler sieht aber auch die Vorteile des Wettkampfs in St. Gallen: «In der Halle war eine gewisse Erleichterung bei den Sportlern spürbar. Sie sind immerhin unter den Glücklichen, die Wettkämpfe bestreiten können.»

Hammesfahr mit persönlicher Bestleistung

Dominique Berger und Julia Hammesfahr sind froh, sich mal wieder mit anderen Athleten zu messen. Die Sarmenstorferin Berger startete total in drei Disziplinen. Über 60 m erzielte sie eine Zeit von 8.34. Über 60 m Hürden 9.66. Und Im Weitsprung gelang ihr eine Distanz von 5.07 m. Die 18-jährige Julia Hammesfahr ging im Kugelstossen an den Start und erzielte dort mit 12.92 m eine neue persönliche Bestleistung.

Die beiden Athletinnen sind beim TV Wohlen in der momentanen Coronazeit wahre Unikate. Berger und Hammesfahr sind die Einzigen im Verein, neben den U16-Sportlern, die in der Halle trainieren dürfen. Die restlichen Clubmitglieder trainieren unter strengem Schutzkonzept in Fünfergruppen – vier Sportler und ein Trainer – draussen. Wettkämpfe finden nur für die Aktiven aus den Nationalkadern statt. Abgesehen von vier Einladungswettkämpfen hat der Verband nur noch die Schweizer Meisterschaften der Aktiven terminiert.

Das beeinflusst auch die Planung des TV Wohlen stark. Bis Ende Februar wird nichts passieren. Auch das traditionelle Trainingslager im Südtirol steht auf sehr wackligen Beinen. Mit dem «Schnellschte Wohler», dem Kantonalen Schülermeeting, den Offenen Kantonalen Einkampfmeisterschaften und einem Nachwuchswettkampf organisiert der Verein jährlich vier grössere Anlässe, die allesamt auf der Kippe stehen. «Aktuell sind wir rudimentär am Planen», so Stadler. Was möglich sein wird im Jahr 2021, bestimmen Corona und die Massnahmen des Bundes. In St. Gallen hat Stadler miterlebt, welche Schutzmassnahmen erforderlich sind, um Wettkämpfe durchführen zu können. «Wenn wir auch solch einen Aufwand betreiben müssen, weiss ich nicht, ob sich das wirklich lohnt.»

Am Wochenende in Magglingen

Dominique Berger ist froh, dass sie das Privileg hat, relativ normal weiterzutrainieren und zudem an die Einladungswettkämpfe zu dürfen. «Trotzdem finde ich es sehr schade, dass so viele Leichtathletinnen und Leichtathleten nicht die Möglichkeit haben, normal zu trainieren und sich an Wettkämpfen gegeneinander zu messen.» Wie in so vielen Sportarten in dieser Zeit fehlt auch den Leichtathleten das Salz in der Suppe. «Ich hoffe, dass wir im Sommer wieder alle gemeinsam an den Start gehen können», so Berger.

Morgen Samstag und übermorgen Sonntag starten Berger und Hammesfahr erneut an einem Wettkampf in Magglingen. Es wird wieder ein Geister-Wettkampf.


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