Verkehrte Eishockey-Welt

  20.10.2020 Sport

Eishockey, 3. Liga: Fischbach-Göslikon gewinnt das Derby gegen Wohlen 4:3 (1:1, 1:2, 1:0, 0:1)

Begonnen hat das Freiämter Derby wie immer: Wohlen geht in Führung. Aber das Ende war alles andere als Routine: Fi-Gö gewinnt in der Overtime mit 4:3 und jubelt über den ersten Derbysieg seit Ewigkeiten.

Alexander Wagner

Im Moment ist sehr wenig «normal» oder «wie bis anhin». Die 100 Zuschauer im Schüwo-Park in Wohlen mussten zum Saisonauftakt und ersten Freiämter Derby alle Masken tragen und die Stimmung war sicherlich weniger ausgelassen als bei anderen Partien. Aber wenigstens etwas war wie immer: Die favorisierten Wohler gingen bereits nach etwas über drei Minuten in Führung: Spielertrainer Patrick Siegwart bediente Christian Sulser und dieser brachte Wohlen Freiamt standesgemäss in Führung.

Spiel gedreht

Doch damit hat es sich auch schon, was an diesem Abend gleich war wie in den letzten Jahren. Marc Seiler, Lars Simmen und Michael Neff brachten bis zur 27. Minute den HC Fischbach-Göslikon mit 3:1 in Führung. Und das hat den Gästen mächtig in die Karten gespielt. «Danach konnten wir einfach spielen und abwarten», erklärt Fi-Gö-Spielertrainer Joel Nietlisbach. «Wir sind es uns gewohnt, dass der Gegner das Spiel macht», weiss er aus Erfahrung. Nietlisbach kam Anfang des letzten Jahres zu Fischbach-Göslikon und seine Arbeit trägt langsam Früchte.

Fi-Gö hat unter ihm hart an der Kondition gearbeitet und das zahlt sich jetzt aus, das Team ist läuferisch besser geworden. Und auch an der Disziplin wurde gearbeitet. «Unnötige Fouls und Strafen wegen Reklamieren liegen einfach nicht drin», weiss der Spielertrainer, der damals nur unter der Bedingung kam, dass er zusammen mit Urs Simmen das Team übernimmt. Simmen übernimmt während der Partien das Coaching, damit sich Nietlisbach ganz auf seine Aufgaben auf dem Eis konzentrieren kann.

Starkes Boxplay

Mit der Führung im Rücken liess es sich für Fi-Gö einfacher spielen im ersten Derby der neuen Saison. «Im Boxplay sind wir stark. Da können wir uns auf die Verteidigungsarbeit konzentrieren», weiss er genau um die Stärken und Schwächen seines Teams. Und weil seiner Mannschaft das Spiel oft aufgezwungen wird, ist sie an solche Situationen gewöhnt. Zwar musste Fi-Gö nach zwei Treffern durch Michael Frei und David Steuri das 3:3 hinnehmen, doch Wohlen konnte trotz den zahlreichen Chancen die Partie nicht mehr drehen. Entweder scheiterten sie am starken Rückkehrer Maurits de Jongh im Goal von Fi-Gö oder an der vielbeinigen Abwehr – oder an sich selbst.

Mindestens 14 Derbypleiten in Serie

3:3. Damit war eine fünfminütige Verlängerung angesagt, bei der nur noch drei Feldspieler pro Team aufs Eis dürfen. Doch diese war gar nicht nötig: Wohlens Captain Pascal Gnepf kassierte eine Zweiminutenstrafe wegen Beinstellen und Fi-Gö nutzte dies aus und erzielte durch Lars Simmen den goldenen Siegtreffer. Die Freude war natürlich riesig. «Ich weiss gar nicht mehr, wann wir das letzte Mal gewonnen haben. Und ich bin 40 Jahre dabei», meinte Coach Urs Simmen strahlend. Doch nach einigen Recherchen mit Spielertrainer Nietlisbach einigte man sich darauf, dass es wohl der erste Derbysieg seit über einem Jahrzehnt für Fischbach-Göslikon ist.

Ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt: Am 22. Januar 2012 gewinnt Fi-Gö gegen Wohlen II mit 7:6. Das ist der letzte Derbysieg, allerdings gegen die zweite Mannschaft Wohlens. Danach folgten 14 Derbypleiten in Serie.

Gleiches Modell bei beiden Teams

Auch Wohlen setzt mit Patrick Siegwart auf einen Spielertrainer und Roger Burkart übernimmt während der Partien das Coaching. Vor vier Jahren kam er zurück nach Wohlen, nachdem er über ein Dutzend Saisons in der NLB mit Olten und Chur sowie in der 1. Liga bei Aarau gespielt hatte. Das ABC des Eishockeys hat er auf der offenen Eisbahn in Wohlen gelernt. Jetzt will der 46-Jährige sein grosses Wissen an sein Team weitergeben. Am Anfang war dies nicht ganz einfach, weil das Niveau, das Tempo und die Härte im Amateurbereich in der 3. Liga schon anders sind. Doch mittlerweile hat er sich daran gewöhnt und seine Ansprüche heruntergeschraubt.

Trotzdem war er natürlich gar nicht zufrieden: Zuerst mit seiner eigenen Leistung, dann natürlich auch mit dem Auftritt seiner Mannschaft. Er sieht die Gründe für die Derbyniederlage jedoch tiefer. «Das hat bereits am Donnerstag im Training begonnen. Wir waren nicht bereit», meint er kopfschüttelnd. «Danach haben wir zu Beginn trotzdem Dampf gemacht und früh den ersten Treffer erzielt. Doch der Ausgleich zum 1:1 war der Knackpunkt, da sind wir richtig erschrocken», ist der Routinier überzeugt.

Nicht lange Zeit zum Grämen

Davon schien sich sein Team die ganze Partie nicht mehr zu erholen. Trotzdem mochte er am Wochenende nicht mehr gross die Niederlage analysieren. Heute Dienstag im Training will er nochmals ein paar Punkte ansprechen, denn er hat auch viele gute Ansätze gesehen. Aber natürlich auch den Hebel für Verbesserungen ansetzen. Denn es bleibt nur ein Training am Dienstag, bereits morgen Mittwoch spielt Wohlen schon wieder, auswärts gegen Binningen.

Und weil in dieser Saison genau wie an diesem Abend nichts wie üblich ist und eine Dreierrunde gespielt wird, hat Wohlen noch zwei Chancen, um ein Freiämter Derby gegen Fischbach-Göslikon zu gewinnen.


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