Vorgeschmack auf Halbfinal-Feeling

  06.10.2020 Sport

Ringen, Nationalliga A: RS Freiamt – RR Einsiedeln 17:18 (7:9)

Ohne vier ihrer grossen Namen muss sich die RS Freiamt zu Hause mit 17:18 gegen Einsiedeln geschlagen geben. Durch dieses Ergebnis werden die Freiämter und die Schwyzer höchstwahrscheinlich auch im Halbfinal aufeinandertreffen. Der Kampf am Samstag war beste Werbung dafür.

Josip Lasic

Von wegen «es geht um nichts mehr». Ja, die Teams sind alle bereits für den Halbfinal qualifiziert, die Begegnungen dort stehen so gut wie fest. Nichtsdestotrotz liefern sich die RS Freiamt und die RR Einsiedeln einen spannenden und emotionalen Kampf in der Bachmattenhalle in Muri.

Eine Kostprobe der Emotionen. Im Duell zwischen Freiamt-Captain Pascal Strebel und Jan Neyer gelingt dem Einsiedler ein umstrittener Punkt. Strebel meint dazu trocken: «Man muss ihn nicht geben, aber man kann.» Freiamt-Trainer Marcel Leutert macht hingegen nonverbal deutlich, wie er entschieden hätte. Er zerlegt kurzerhand seine Coaching-Box. Strebel gewinnt dank Technischer Überlegenheit dennoch mit 4:1. Als im Duell zwischen Freiamts Marc Schärer und Yves Neyer der Kampfrichter aus Leuterts Sicht eine Aktion zu früh für Neyer wertet, brennen ihm nochmals die Sicherungen durch. Er und Freistil-Trainer Reto Gisler reden auf Kampfrichter Kilian Motzer ein, der beiden die Gelbe Karte zeigt. «Bei der Box ist es ein wenig mit mir durchgegangen», sagt Leutert nach dem Kampf lachend. «Aber es gab ein paar Entscheidungen, die mich auf die Palme gebracht haben.» Es war auch keineswegs so, dass nur die Freiämter emotional wurden. Beim Duell zwischen Randy Vock und Adrian Mazan kommt es zu Nickligkeiten zwischen den beiden Ringern. Der Kampfrichter will diese unterbinden, wobei sich Mazan benachteiligt vorkommt. Noch während dem Kampf beginnt der Schwyzer sich lautstark zu beschweren. Das geht weiter, als Mazan am Ende des Kampfes nach dem Handshake mit Marcel Leutert protestierend durch die Freiämter Ecke spaziert. Stimmungstechnisch ist aufgetischt für den Halbfinal.

Starkes Quartett fehlt

Bei einem Blick auf die Freiämter Aufstellung werden vier bekannte Namen vermisst. Nico Küng fällt verletzungsbedingt für die gesamte Saison aus. Magomed Ayshkanov bestreitet einen Mixed-Martial-Arts-Kampf in Deutschland. Marc Weber muss wegen einer Zerrung passen. Michael Bucher wird von Trainer Marcel Leutert geschont. «Wir wussten nach dem Abwägen, dass es einen engen Kampf gibt», so Pascal Strebel. «Ich habe eine Niederlage befürchtet», sagt Marcel Leutert.

Beide behalten recht. Flurin Meier muss sich nach Technischer Unterlegenheit gegen Oleksandr Golin mit 0:4 geschlagen geben. Roman Zurfluh unterliegt gegen Boris Illenseer mit 0:2. Nils Leutert gegen Kay Neyer (3:1), Nino Leutert gegen Michel Schönbächler (2:1) und Christian Zemp gegen Sven Neyer (2:1) halten für die Freiämter bis zur Pause den Schaden in Grenzen. 7:9 steht es zur Halbzeit.

Danach muss sich Kimi Käppeli gegen Andreas Burkard mit 0:3 geschlagen geben. Randy Vock gewinnt mit 2:1 gegen Adrian Mazan. Pascal Strebel mit dem 4:1 gegen Jan Neyer und Joel Meier mit einem Schultersieg gegen Sascha Schmid bringen die RS Freiamt zurück. Im letzten Kampf feiert Einsiedelns Yves Neyer einen Schultersieg gegen Marc Schärer und bringt so den knappen Sieg ins Lager der Innerschweizer. «Ohne die Leistung von Joel Meier und mit etwas weniger Wettkampfglück kann so ein Kampf auch deutlicher für Einsiedeln ausgehen», sagt Strebel. «Aber wir waren kadertechnisch deutlich geschwächt, während sie mit ihrer besten Mannschaft auflaufen konnten. Im Halbfinal sind wir nach wie vor der Favorit.»

In Kriessern Selbstvertrauen abholen

Mit dem Sieg gegen die Freiämter ist Einsiedeln ziemlich sicher der Halbfinalgegner der RS Freiamt. Marcel Leutert nimmt in Anbetracht dessen die Niederlage mit einem Punkt Unterschied gelassen. «Gemessen an der Aufstellung hätte es eine deutlichere Niederlage für uns geben können. Wir haben mit den verfügbaren Möglichkeiten viel herausgeholt.»

Einziger Wermutstropfen ist, dass Freiamt jetzt drei Niederlagen in Serie aufweist. Mit einer solchen Bilanz wollen die Freiämter ungern in den Halbfinal. «Bevor es so weit ist, gehen wir erst noch nach Kriessern», sagt der Freiamt-Trainer. «Dort holen wir uns Selbstvertrauen für den Halbfinal.» Wenn der auf dem Level des Kampfes vom Samstag wird, kann man von packenden Duellen ausgehen.


Schutzkonzept stört Stimmung nicht

RS-Freiamt-Präsident über das Ringen zu Zeiten von Corona

370 Zuschauer wohnen dem Kampf zwischen der RS Freiamt und der RR Einsiedeln bei. Die Stimmung und der Lärmpegel unterscheiden sich kaum von den Vorjahren, als die Kämpfe noch ohne Coronapandemie und Schutzkonzept stattfinden konnten. «Ich bemerke ehrlich gesagt auch keinen grossen Unterschied», sagt RS-Freiamt-Präsident Nicola Küng. «Der Zuschauerschnitt ist nicht tiefer als in den Vorrunden der Vorjahre.»

Die Zuschauer werden in Sektoren à maximal 100 Personen eingeteilt. Ausserhalb der Sektoren herrscht Maskenpflicht. Andere Sektoren dürfen nicht betreten werden und auch die Verpflegung muss im eigenen Sektor konsumiert werden. Dazu werden die Kontaktdaten aller Personen vor Ort aufgenommen. Die RS Freiamt musste das in drei Heimkämpfen in drei verschiedenen Hallen umsetzen. In Merenschwand, Auw und Muri. Trotzdem kamen 350, 450 und 370 Zuschauer. «Wir haben in diesen drei Heimrunden dazugelernt», erklärt Küng. «Mittlerweile haben wir Routine gewonnen und konnten einige Prozesse, wie den Einlass in die Halle, optimieren.» Für die RS Freiamt sind die Zuschauer und die Stimmung in der Halle wichtig. Nicht zuletzt wegen der «gelb-blauen Wand» konnten die Freiämter in den letzten Jahren immer wieder eine Medaille gewinnen. Der Nachteil ist, dass ab dem Halbfinal die Anzahl der Zuschauer nicht grossartig ansteigen wird, wie das ansonsten der Fall war. Letztes Jahr waren im dritten Finalkampf in Willisau 2000 Zuschauer vor Ort. So viele Leute wird man in diesem Jahr nicht an den Ringerkämpfen sehen. «Das ist schade. Wichtig ist aber, dass wir überhaupt ringen können und Zuschauer haben.» --jl


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote