«Es gibt immer eine Lösung»
15.10.2024 WohlenDrei Wohler waren Teil einer Gruppe, die vier Wochen abseits der Strassen durch die Mongolei reiste
Sie sind alle über 70. Aber sie haben noch Lust auf Abenteuer. Und so machten sich sechs Herren auf einen Roadtrip quer durch die Mongolei. Darunter mit Marcel ...
Drei Wohler waren Teil einer Gruppe, die vier Wochen abseits der Strassen durch die Mongolei reiste
Sie sind alle über 70. Aber sie haben noch Lust auf Abenteuer. Und so machten sich sechs Herren auf einen Roadtrip quer durch die Mongolei. Darunter mit Marcel Lüthi, Thuri Fischer und Kurt Meier drei Wohler. Natürlich wissen sie jetzt ganz viel zu erzählen.
Chregi Hansen
«Als ich zurückgekommen bin, hat mich meine Frau gefragt, was ich auf der Reise vermisst habe. Und ich musste sagen: Eigentlich nichts», erzählt Marcel Lüthi. Der ehemalige Pilot, der in Wohlen aufgewachsen ist und heute in Regensberg lebt, hat schon viele solcher Reisen unternommen, gehört zu den Urgesteinen der «Celeste Adventures», wie sich die Gruppe nennt.
Im Gegensatz zu ihm war der Wohler Transportunternehmer Kurt Meier erstmals mit von der Partie. Er hat zwar auch schon einige Reisen abseits der gewohnten Routen unternommen, aber ein solcher Roadtrip als Teil einer Sechsergruppe über Stock und Stein, durch Wüsten und Geröll, über Berge und durch Wasser, das war doch eine neue Erfahrung. Und im Gegensatz zu seinem Kumpel Marcel Lüthi gibt er zu, dass es durchaus Sachen gibt, auf die er sich nach der Rückkehr gefreut hat. «Die Dusche, das WC und das eigene Bett», sagt er grinsend.
Kein Erholungsurlaub
Auch für den dritten Wohler im Bunde ist es immer wieder speziell, diese Unterschiede zu erleben. Thuri Fischer war zum zweiten Mal bei einer solchen Tour dabei. «Bei einer solchen Reise wird einem wieder bewusst, in welchem Luxus wir leben. Es tut gut, mal ein paar Wochen auf all das zu verzichten», sagt er. Es ist nicht nur das einfache Leben, das die sechs Männer in dieser Zeit führen. «Man ist fast den ganzen Tag gefordert, hat kaum Zeit, um sich erholen», so Fischer. Und die Fahrten sind kein Spaziergang. «Wir haben eigentlich täglich die Strecke von hier ins Tessin unter die Räder genommen. Aber das auf Strassen, da sind unsere Feldwege im Vergleich dazu Autobahnen», ergänzt Meier.
Rund vier Wochen waren die sechs Herren mit drei Offroadern unterwegs quer durch die Mongolei. Ein Land, das für die meisten vorher völlig unbekannt war. Das sie aber alle extrem fasziniert hat. Die Mongolei sei, was die geografische Lage betrifft, gar nicht so anders als die Schweiz. Aber die klimatischen Bedingungen sind viel rauer. «Man sieht kaum Bäume im Land. Manchmal fährt man kilometerweit durch leere Landschaften. Und fast nach jedem Hügel erwartet einen eine neue spannende Region», erklärt Lüthi. Spannend sei es auch, die Entwicklung des Volkes mitzuerleben. «Viele Mongolen sind im Sommer noch immer als Nomaden unterwegs. Aber statt mit dem Ross heute mit dem Auto», erzählt Meier. Trotzdem sei es nach wie vor beeindruckend, wie sie in dieser kargen Landschaft überleben können, fügt er an.
Jeder hat ein Handy
Und in einer Sache seien die Mongolen den Schweizern weit voraus: beim Umgang mit dem Handy. «Jeder hat eines. Und jeder kann die modernsten Apps spielend bedienen. Das macht es auch möglich, sich mit ihnen zu unterhalten, denn sie nutzen Übersetzungsprogramme», berichtet Fischer. Das Handy ist immer dabei und liegt fast immer in der Hand. Und der Staat hat darauf reagiert. «An den Fussgängerampeln in den Städten werden die Signale auf den Boden projiziert, denn es schaut eh jeder nach unten und nicht nach vorn», berichtet Lüthi lachend.
Es ist eine von ganz vielen Anekdoten, die sie nach diesen vier Wochen erzählen können. Die Gruppe hat viel erlebt. Musste auch immer wieder Probleme lösen. «Aber es gibt immer eine Lösung», weiss Lüthi nach all den Reisen. Geholfen hat auch die enorme Gastfreundschaft der Mongolen. Mehr als einmal wurden sie eingeladen. Mehr als einmal wurde ihnen aus der Patsche geholfen. Etwa, wenn es um eine Übernachtungsmöglichkeit ging. Oder bei den Schäden an den Autos. Diese waren schon in einem schlechten Zustand, als die Gruppe sie in der Hauptstadt Ulaan Bataar in Empfang nahm. «Aber diese Wagen werden einfach immer wieder geflickt, das gehört dort dazu, da wird auch improvisiert», sagt Lüthi. Vieles wirke zudem dreckig, aber auf Äusserlichkeiten lege man eben nicht so viel Wert. «Die haben andere Probleme, um die sie sich kümmern müssen», hat Meier erfahren.
Die Begegnungen mit den Einheimischen gehören zu den Höhepunkten der Reiseteilnehmer. Aber auch die Tatsache, wie das Team funktioniert hat. Nicht selbstverständlich, denn einige kennen sich erst seit Kurzem. «Aber jeder hatte seine Aufgabe und man wusste, man kann sich auf ihn verlassen», betont Fischer. Meier, der erstmals dabei war, lobt besonders die beiden Leader Werner Bührer und Marcel Lüthi. «Man spürt, dass sie schon viele solche Trips unternommen haben. Sie haben die Reise top vorbereitet und liessen sich nie aus der Ruhe bringen», sagt er.
Einmal verfahren, aber genug Bier im Vorrat
Auch dann nicht, als die beiden den Rest der Gruppe auf dem Weg durch die Wüste Gobi verloren. Es gibt dort eben keine richtigen Strassen, sondern oft nur Spuren im Sand. Und manchmal auch mehrere. Nicht immer ist klar, welches der richtige Weg ist. Und so kam es, dass Bührer und Lüthi, die wegen Fotoaufnahmen etwas zurücklagen, bei einer Gabelung eine andere Spur nahmen als die anderen. «Der Funk funktioniert hier draussen nicht», schaut Lüthi auf den Tag zurück. Allein unterwegs in der Wüste, das sei nicht optimal. Natürlich fingen sie sich auch noch einen Platten ein. «Wenn etwas schief geht, dann richtig», so die Erfahrung der drei Wohler. Aber Angst hätten sie nie gehabt, berichtet Lüthi. «Wir hatten Bier, Wasser, einen Sack Nüsse und Biskuits. Und ein Abend ohne Nachtessen tut uns auch mal gut», erzählt Lüthi lachend. Am nächsten Tag gelang es dann den anderen, den Standort ausfindig zu machen und war die gesamte Gruppe wieder zusammen.
«Es gab einige brenzlige Situationen. Lebensgefährlich wurde es nie», sagt Lüthi. «Aber es hätte schnell richtig gefährlich werden können», fügt er an. Dass nichts passiert sei, habe auch damit zu tun, dass man sich auf möglichst alle Situationen vorbereitet habe. Und auch jeden Abschnitt vorausgeplant und sich abends ausgetauscht habe. «Dabei waren wir längst nicht immer gleicher Meinung», gibt Fischer zu. Letztlich aber habe man als Team gut funktioniert. Und den Abend meist bei einem guten Bier ausklingen lassen. «Nach der anstrengenden Fahrerei war man dann schon froh, wenn man schlafen konnte», so Meier.
Profitiert hat man auch vom meist guten Wetter, erst gegen Schluss kam der grosse Regen. «Dann kann man abseits der Strasse kaum noch fahren. Aber genau deswegen machen wir ja solche Trips», so Lüthi. Die Verhältnisse waren auch so schon oft knifflig, es braucht gute Fahrtkenntnisse, um all die Hindernisse zu meistern. Im Gegensatz zum letzten Mal blieb man auch von gesundheitlichen Beschwerden verschont. Überhaupt sei der Trip körperlich weniger anstrengend gewesen als frühere. «Aber das Alter spürt man schon, man steckt die Strapazen weniger schnell weg», gibt Fischer zu.
Das Positive bleibt hängen
Zurück in der Schweiz schwelgen sie in vielen Erinnerungen. «Am letzten Abend haben wir uns ausgetauscht über unsere Eindrücke», berichtet Fischer. Dabei kam viel zusammen. Etwa das Übernachten ganz alleine in der Natur und unter dem freien Sternenhimmel. «Auf dem Land ist die Luftund Lichtverschmutzung natürlich viel kleiner als bei uns. In der Grossstadt dafür umso schlimmer», sagt Meier. Auch an die einfachen Verhältnisse in den Dörfern haben sie sich gewöhnt. «Da gibt es kein WC, nur ein grosses Loch abseits der Häuser. Da ist man froh, wenn man nicht reinfällt», erklärt Lüthi. Umgekehrt habe es auch in kleineren Dörfern immer eine Schule und einen Arzt. Da spüre man, dass das Land kommunistisch geprägt sei.
Trotz der anstrengenden Reise hat er jeden Abend einen Bericht verfasst und online gestellt. Werner Bührer hat dazu die passenden Bilder ausgesucht. «Viele haben so unsere Reise tagtäglich verfolgt», weiss Fischer. Und auch wenn so manches in diesen vier Wochen ein Kulturschock war (dazu gehört etwa der Umgang der Menschen mit den Tieren oder die Korruption im Land), so bleiben am Schluss vor allem die positiven Erinnerungen. «Es war einfach lässig», schwärmt Meier, der das erste Mal dabei war. Und war es auch das letzte Mal? «Das haben wir schon nach der letzten Reise 2017 gesagt. Wir werden sehen. Jünger werden wir nicht», sagt Lüthi zum Schluss.







