Heisse Debatten und kühle Köpfe
Flurin Burkard, SP, Waltenschwil.
Eine erfrischende Kühle lag am Morgen über der Kantonshauptstadt, als es im Saal des Grossen Rats bereits hitzig zu- und herging. ...
Heisse Debatten und kühle Köpfe
Flurin Burkard, SP, Waltenschwil.
Eine erfrischende Kühle lag am Morgen über der Kantonshauptstadt, als es im Saal des Grossen Rats bereits hitzig zu- und herging. Gleich zu Beginn des Sitzungstages versuchte sich das Parlament in nationaler Politik und beschloss die Ausarbeitung einer Standesinitiative, die die Bundesversammlung auffordert, die Abstimmung über Verträge mit der Europäischen Union dem obligatorischen Referendum zu unterstellen. Über Sinn und Unsinn dieses Begehrens kann man geteilter Meinung sein. Klar ist hingegen, was mit den Aargauer Standesinitiativen in Bundesbern passiert: Sie verpuffen bekanntlich wie Tropfen auf heissem Stein.
Nach dem Versuch, national mitzumischen, wandte sich der Grosse Rat der Beratung des Jahresberichts und der Jahresrechnung 2024 zu. Der Kanton Aargau schliesst das vergangene Rechnungsjahr mit einem Überschuss von rund 144 Millionen Franken. Er äufnet damit die Ausgleichsreserven, welche auf stattliche Höhe von über einer Milliarde Franken anwachsen. Einmal mehr wurde zu konservativ und zu wenig sorgfältig budgetiert. Dies brachte der Regierung dann auch Kritik von vielen Seiten ein. So weit zumindest war man sich im Saal einig.
Weniger Konsens herrscht über die Verwendung der zurückgelegten Mittel. SP und Grüne fordern den Regierungsrat und das Parlament auf, die Versäumnisse der letzten Jahre zu korrigieren und überfällige Investitionen in den Bereichen öffentliche Sicherheit, Gesundheit, Bildung und Umwelt zu tätigen. Rechtsbürgerlich hingegen überbot man sich regelrecht mit Forderungen nach Steuergeschenken. Letzteres stellt auch die Regierung in ihrer Botschaft in Aussicht und verweist auf die anstehenden Steuergesetzrevisionen.
In Zeiten, in denen der Arbeitgeberpräsident in Frage stellt, ob Löhne zum Leben reichen müssen, gilt es soziale Gräben zu schliessen und nicht Steuergeschenke an Grossverdiener und Vermögende zu schnüren. Bleibt zu hoffen, dass die Mitglieder von Regierung und Parlament trotz heissem Sommer kühlen Kopf bewahren und der Ausgleichsreserve bei der nachsommerlichen Budgetschlacht den Zweck belassen, für den sie geschaffen wurde – nämlich konjunkturelle Schwankungen auszugleichen, getreu dem Grundsatz: «Spare in der Zeit, so hast du in der Not.»