8910 Meter dazwischen
16.01.2024 Auw, Region OberfreiamtHoch oben, tief unten
Freiämter Landwirtschaft am Agro-Träff in Auw
Wieder hat es der Freiämter Landwirtschaftsverein geschafft, hochspannende Persönlichkeiten an den Agro-Träff zu holen: Freitaucherin Julia Tobler und Bruno ...
Hoch oben, tief unten
Freiämter Landwirtschaft am Agro-Träff in Auw
Wieder hat es der Freiämter Landwirtschaftsverein geschafft, hochspannende Persönlichkeiten an den Agro-Träff zu holen: Freitaucherin Julia Tobler und Bruno Hufschmid, der als erster Aargauer auf dem Mount Everest war.
Aber nicht nur die Referenten überzeugten, auch der Verein. Mit der Wahl von Marlen Etterlin wurde der junge Vorstand weiter verjüngt und ist nicht mehr rein männlich. --ake
Eine Freitaucherin und ein Bergsteiger waren zu Gast am Freiämter Agro-Träff in Auw
Tiefer als sie ist ohne Sauerstoffflasche noch keine Schweizerin getaucht. Von ihrer Faszination für die Entspanntheit im Wasser berichtete Julia Tobler genauso wie Bruno Hufschmid von seiner Sucht, immer höhere Berge zu besteigen. Bis dies seit 2017 und der Expedition auf den Mount Everest nicht mehr möglich ist.
Annemarie Keusch
Höhen und Tiefen. Beides gehört in jedes Leben. «Beides braucht es, um das andere zu erkennen», ist Adrian Krebs überzeugt. Er ist Moderator des Freiämter Agro-Träffs, mit ihm taucht das Publikum auch diesmal ein in zwei ganz unterschiedliche Welten. Eine ist hoch oben, die andere tief unten und für beide Protagonisten ist ihre Welt jene des Glücks. Sowohl Bruno Hufschmid, der als bisher erster und einziger Aargauer je auf dem Mount Everest stand, als auch Freitaucherin Julia Tobler gehen immer wieder aus der Komfortzone. «Wobei, eigentlich gehe ich im Wasser in meine Komfortzone, weite diese aus», sagt Tobler.
62 Meter. So tief wie sie ist noch keine Schweizerin ohne Sauerstoffflasche getaucht. Wie sie zum Freitauchen kam? «Ich habe damit angefangen und nie mehr aufgehört.» Ein Tauchkurs in Ägypten, in Dahab, sei es gewesen, der in ihr das Feuer auslöste. Mittlerweile lebt sie in Dahab, der ägyptischen Stadt auf der Sinai-Halbinsel, die so anders ist als andere Städte im Land. «Liberaler. Mit dem Bikini am Strand zu sein, das ist hier kein Problem», sagt Tobler. Ein Drittel der Bevölkerung seien einheimische Beduinen, ein Drittel Ägypter, ein Drittel Ausländer. Hier, im «Blue Hole», kann sie ihre Leidenschaft ausleben – Tauchkurse anbieten, selber tauchen.
Bis zu fünfeinhalb Minuten ohne Luft
Es sei die tiefere Ruhe, die sie mit dem Freitauchen dem Tauchen mit Sauerstofff lasche vorzieht. «Es braucht keine grosse Ausrüstung, ist viel natürlicher, instinktiver. Wir Menschen sind dafür gemacht, im Wasser nicht zu atmen.» Und sie tauche nicht nur tief ins Wasser, sondern auch tief in sich selbst ein. «Um tief gehen zu können, braucht es eine Art meditativen Zustand. Einen Zustand voller Entspanntheit», sagt sie. Mit der richtigen Atmung erreiche sie diesen. «Dafür braucht es je nachdem nur drei, vier Minuten.» Tobler vergleicht es auch damit, dass sie zur Qualle werde. «Ich gehe ganz in meinen Körper, ohne Hirn.»
Als Freitaucherin ist sie immer entlang eines Seils unterwegs, das als Orientierung dient. Fünfeinhalb Minuten lang kann sie sein, ohne zu atmen. «Um auf 62 Meter ab- und wieder aufzutauchen, brauche ich gut zwei Minuten. Die Atmung respektive der Sauerstoff ist also nicht das Problem.» Die Schwierigkeit sei neben der völligen Entspanntheit der Auftrieb. «Wir tauchen immer mit voller Lunge und diese funktioniert wie ein innerer Schwimmring, hält einen an der Oberfläche.» Viel Kraft sei nötig, um dagegen anzukämpfen. «Ab rund 20 Metern Tiefe folgt die Schwerkraft, dann geht es quasi ohne Energie nach unten.» Beim Auftauchen sei es genau umgekehrt. Eine Monoflosse hilft Tobler, gegen den Auftrieb anzukämpfen.
Spannung hoch halten
Mittlerweile nimmt Julia Tobler kaum mehr an Wettkämpfen teil, arbeitet vielmehr als Tauch-Instruktorin, Yoga-Lehrerin und gibt auch Reisetipps für die Wüste Ägyptens weiter. «Wüstensafari ist zu meiner zweiten Leidenschaft geworden.» Noch immer ist das Tauchen aber sehr präsent in ihrem Leben. «Der Flow, wenn ich unter Wasser bin, aber gar nicht merke, dass ich nicht atme. Dann, wenn ich komplett in der Gegenwart bin, dann bin ich glücklich.»
Von einem Flow kann auch Bruno Hufschmid erzählen. Er ist Bergsteiger, stand 2017 als erster und bisher einziger Aargauer auf dem höchsten Berg der Welt. «Nur ist dann erst die Hälfte geschafft, der Abstieg ist oft heikler, weil das grosse Ziel schon erreicht ist. Es gilt, die Spannung und die Konzentration hoch zu halten», sagt Hufschmid. Am 27. Mai 2017, um 5 Uhr morgens, erreichte er den Gipfel des Mount Everest. «Es windete und schneite, viel gesehen habe ich nicht», sagt er. Es war das Ende einer Sucht, die vor über 20 Jahren ihren Anfang nahm. Einer seiner Söhne war in der Lenzerheide unterwegs, als ihm ein besonders schöner Berg auffiel. Eine Woche später umarmten sich Vater und Sohn frühmorgens auf dem Gipfel des Lenzerhorns, erreichten am selben Tag noch den Gipfel des Rothorns. Hufschmids war der Sucht nach immer höheren Gipfeln schnell verfallen. Ein Jahr später folgte der erste 4000er. Mittlerweile fehlen noch das Schreckhorn, das Grünhorn und das Finsteraarhorn, dann hat er alle 4000er der Schweiz bestiegen. Der erste 7000er in Südamerika, der erste 8000er in Tibet. «Vom Cho Oyu sah ich die Silhouette des Everest.»
«Ja, man begegnet auch Toten»
Hufschmid ist in Nesselnbach auf einem Bauernhof aufgewachsen, lebt mittlerweile in Bellikon. Und nachdem er das eigene Gartenbauunternehmen einem seiner Söhne übergeben hatte, wurde der Traum des Everest immer konkreter. Mit total 70 Kilogramm Gepäck – der begeisterte Hobbyfotograf nahm alleine 25 Kilogramm an Kamera-Ausrüstung mit – reiste Hufschmid Anfang April 2017 nach Nepal, bezog das erste Basecamp, dann das nächste, ging wegen Wetterkapriolen wieder nach unten. Während sechs Wochen unternahm er Akklimatisationstouren, bis der Aufstieg zum Everst in einem zwei bis drei Tage dauernden Zeitfenster dann möglich war. «Wir waren 15 in der Gruppe, 10 schafften es.»
Neben den körperlichen Voraussetzungen sei auch die Ausrüstung zentral. «Sonst wird es schnell gefährlich.» Beispiele, die tödlich endeten, traf Hufschmid mehrere an. «Ja, man begegnet am Berg gefrorenen Toten.» Man müsse sich des Risikos bewusst sein. «Es kann alle treffen.» Es sei einmalig gewesen. Das Miteinander mit den Sherpas, «den wahren Helden», das Miteinander in der Gruppe, die Glücksgefühle auf dem Gipfel. «Ja, eine solche Expedition ist teuer, meine kostete rund 60 000 Franken, aber für mich hat es sich mehr als gelohnt.»
Abschied nach 16 Jahren
GV des Freiämter Landwirtschaftsvereins
Alle zwei Jahre Generalversammlung, alle zwei Jahre Freiämter Agro-Träff. Fortan werden diese beiden Anlässe miteinander verbunden. Und so konnte Präsident Christoph Meier wohl eine Rekordzahl an Besuchenden zur GV begrüssen. Er blickte zurück auf die letzten beiden Jahre, in denen die ALA in Lenzburg und die GV des Bauernverbandes Aargau, die in Waltenschwil stattfand, die Höhepunkte waren. Finanziell hätten die zwei Jahre nicht unterschiedlicher sein können. 2021 resultierte ein Minus von über 4000 Franken, 2022 ein Gewinn von fast 8000 Franken.
Das grösste Traktandum waren die Wahlen. Zumal Meinrad Rüttimann nach 16 Jahren im Vorstand seinen Rücktritt bekannt gab. «Er hat uns mit seiner wertvollen Arbeit sehr unterstützt. Das Sofa für den Agro-Träff zu organisieren, war nur eine seiner Aufgaben.» Als Dank bekam er seine Leibspeise: weisse Schokolade. Neu in den Vorstand gewählt wurde Marlen Etterlin aus Benzenschwil. Vor zwei Jahren habe sie den Landwirtschaftsbetrieb ihres Vaters übernommen und bewirtschafte diesen mit ihrer Familie. Mastschweine, Mutterkühe und Ackerbau gehören dazu. «Ich freue mich, in diesem jungen Vorstand mitzuarbeiten», betonte sie. Dank Etterlin sind dort nun auch die Frauen vertreten. --ake