Friedlich, sauber und laut

  06.06.2023 Wohlen

20 000 Menschen feiern am Hive Air in Wohlen – der Anlass verläuft grösstenteils problemlos

Wohlen war Gastgeber einer riesigen Party. 20 000 Menschen feiern friedlich zu elektronischer Musik. Die Hauptprobe für das «Argovia Fäscht» vom nächsten Wochenende ist geglückt. Der Veranstalter zieht ein positives Fazit. Geklappt hat einiges – aber nicht alles.

Stefan Sprenger

Samstag, 16 Uhr. Am Bahnhof in Wohlen ist einiges los. Der Coop und der Kiosk können sich vor Kundschaft kaum retten. Mit Bahn und Bus werden die Besucher des Hive Air auf das Gelände zwischen Wohlen und Waltenschwil verfrachtet. Die meisten sind mit den ÖV angereist. Trotzdem: Das Parkhaus am Bahnhof ist voll. Ausverkauft. Wohl zum ersten Mal seit der Eröffnung vor rund zwei Jahren. Die Autokennzeichen lassen erahnen, wie stark die Anziehungskraft des Hive Air ist. Aus dem Wallis, aus Deutschland und Frankreich sind Elektro- und Techno-Fans angereist. Die Hotels in der Region sind ausgebucht. Im Dorf Wohlen selbst ist nur wenig zu spüren vom Grossaufmarsch der jungen Tanzgeneration.

Die Stimmung ist wie das Wetter

Samstag. 17 Uhr. Auf der Bühne steht «Diplo». Der DJ und Musikproduzent aus den USA arbeitete schon mit Pop-Grössen wie Madonna oder Justin Bieber zusammen und sorgt nun für einen ersten Höhepunkt am Hive Air. Das Fröschenteich-Gelände zittert. Die Stimmung ist wie das Wetter: bestens. Alles friedlich. Stephan Gürber, Macher der früheren Festivals an dieser Stelle, blickt über die Menschenmenge nimmt einen Schluck von seinem Wasser. «Toll. Ich ha de Plausch. Eine Riesensache», sagt er. Gürber ist mit dem Velo angereist – und ist damit die Ausnahme. Von den 2000 zur Verfügung gestellten Fahrradabstellplätzen sind nur ein paar Dutzend belegt. Das zeigt, dass an diesem Wochenende das Publikum eher nicht aus der Region kommt.

Samstag, 21 Uhr. Fritz Kalkbrenner sorgt für den richtigen Sound. Die Stimmung wird ausgelassener – bleibt aber enorm friedlich. Die Sicherheitsleute sind arbeitslos. Die Food-Stände, zu denen auch die regionalen «Marco Polo» und der «Stiefelchnächt» gehören, haben viel zu tun. Die Schlangen vor den Getränkeständen werden länger, genauso die Wartezeiten. Alles im Rahmen. Auf den Toiletten sieht die Situation dafür an einigen Orten übel aus. Überlaufende Toiletten, kein Wasser, um die Hände zu waschen. Das ist auch dem Veranstalter bewusst (siehe «Nachgefragt»).

Die Bise trägt den Bass nach Büttikon und Villmergen

Mitternacht. Die Stimmung ist auf dem Höhepunkt angelangt. Auf der Hauptbühne legt der 60-jährige Carl Cox auf. Der DJ aus Grossbritannien, der 1997 zum besten DJ der Welt gekürt wurde, ist eine der grössten Nummern auf dem Hive Air. In Wohlen spielt er 2023 seine einzige Show in der Schweiz. Seinen rund 2 Millionen Followern auf Instagram schreibt er zum Auftritt: «Was für eine wundervolle Nacht in der Schweiz.»

Der Bass pumpt. Die Bise bläst den Sound Richtung Villmergen und Büttikon. Es gab diverse Lärmklagen, was irgendwie dazugehört. Der Veranstalter hatte dabei klare Lautstärke-Auflagen einzuhalten, die digital überwacht wurden und in diesen Tagen ausgewertet werden. Sofern die Richtlinien gebrochen wurden, wird es Konsequenzen geben. Es ist anzunehmen, dass alles eingehalten wurde. In den sozialen Medien forderten jedenfalls einige Nachteulen die Veranstalter auf, die Musik weiter aufzudrehen, es sei zu leise und das Hive Air «ist ja kein Kindergeburtstag».

Taxi-Rüppel holen Bussen ab

Das Festival neigt sich immer mehr dem Ende zu. Viele der 20 000 Menschen sind immer noch da und wollen jetzt nach Hause. Rund um das Gelände – besonders im Gebiet der oberen Halde – herrscht nun Taxi-Wildwest. Die Uber- und Taxifahrer halten sich nicht an die Vorschriften, stellen eigenhändig und stinkfrech Gitter weg. Es waren ausschliesslich Fahrdienste mit Zürcher Nummernschildern. Dutzende von ihnen wurden mit 100 Franken gebüsst.

Polizei ist zufrieden

Es war ein kleiner Tropfen auf den heissen Stein. Denn das Hive Air mit 20 000 Menschen hat bei seiner Erstauflage bestens funktioniert. Marco Veil, Chef der Regionalpolizei Wohlen, sagt: «Aus polizeilicher Sicht war es ein guter Anlass. Wir hatten kaum etwas zu tun.» Es gab eine Ausschreitung inklusive der Hospitalisierung einer Person. Angesichts der grossen Menschenmenge ist das aber ein enorm niedriger Wert. «Es war sehr friedlich», sagt Veil. Am Mittwoch wird gemeinsam mit dem Veranstalter eine Sitzung abgehalten, um kleine Dinge nachzubessern, «aber es hat so weit alles gut funktioniert», so Veil.

Am nächsten Morgen ist alles wieder sauber

Sonntagmorgen, 10.30 Uhr. Das Parkhaus am Bahnhof ist fast wieder leer. Rund um den Bahnhof in Wohlen ist es beeindruckend sauber. In den Morgenstunden wurde ordentlich aufgeräumt und geputzt. Ebenso sieht es rund um das Festivalgelände zwischen Wohlen und Waltenschwil aus. Es ist kaum mehr Abfall zu sehen. Dafür traut sich nun die (ältere) Wohler Bevölkerung in die Nähe, um einen Einblick zu erhalten, was hier wenige Stunden zuvor abgegangen ist. 20 000 Menschen feierten eine grosse, laute und friedliche Party, die für keine nennenswerten Zwischenfälle sorgte. Die Hauptprobe für das «Argovia Fäscht» vom nächsten Wochenende ist geglückt.


NACHGEFRAGT

«Grosser Anklang»

Das Hive Air ist durch. Das «Argovia Fäscht» am nächsten Freitag und Samstag steht vor der Tür. Joel Steiger, Leiter PR «CH Media» Entertainment, gibt Auskunft, wie das erste Wochenende gelaufen ist.

Das Hive Air ist vorbei. Gab es viele Lärmklagen?

Joel Steiger: Lärmklagen gab es nur eine Handvoll, jedoch alles im normalen Rahmen einer Veranstaltung in dieser Grössenordnung.

Was war die Obergrenze für die Lärmbelastung?

Genauso wie bei vergangenen Veranstaltungen, bei denen CH Media Veranstalterin war, hielten wir uns auch beim Hive Air und halten uns künftig immer an jegliche behördlichen Vorgaben, so auch in puncto Lärmschutz

Wie lautet die Bilanz aus Sicht des Veranstalters?

Positiv. Unter strahlend blauem Himmel feierten 20 000 Besuchende, damit war das erste Hive Air in Wohlen ausverkauft. Es ereigneten sich keine nennenswerten Zwischenfälle und unser ÖV-Konzept hat sich bewährt.

Was war gut und was war schlecht am neuen Standort Wohlen?

Der neue Standort fand grossen Anklang beim Publikum. Vor und während dem Anlass pflegten wir stets einen guten und sehr erfreulichen Austausch mit den regionalen Behörden. So auch mit der lokalen Bevölkerung, von welcher einige bereits im Vorfeld unser Festivalgelände besuchten. Negative Punkte gibt es nicht. Allerdings war die Topografie beim Aufbau teilweise etwas herausfordernd. Die Steigungen und Gefälle bringen aber gleichzeitig Arenacharakter, wodurch das Publikum eine noch bessere Sicht auf die Bühne hat, dies auch aus grösserer Entfernung. Wir freuen uns, wenn wir weitere Festival-Ausgaben auf dem neuen Gelände in Wohlen veranstalten dürfen.

Benötigt es Anpassungen für das «Argovia Fäscht»?

Trotz minutiöser Planung im Vorfeld gehört es dazu, dass nach einer Grossveranstaltung wie dieser das eine oder andere justiert werden muss, insbesondere, wenn die Veranstaltung an einem neuen Standort stattfindet.

Die Fahrradabstellplätze blieben nahezu unbenutzt, die Quartiere hatten ein erhöhtes Verkehrsaufkommen. Hat das Verkehrskonzept geklappt?

Nach erster Lagebeurteilung ziehen wir eine positive Bilanz und unser neues Verkehrskonzept, für welches die SBB verantwortlich war, hat sich bewährt. Die Polizei verteilte eine Handvoll Parkbussen im erwähnten Quartier, ein Parkchaos blieb aber aus. Die bescheidene Nutzung der Fahrradabstellplätze lag primär an der etwas längeren Anfahrt einer Mehrheit des Hive-Air-Publikums, weshalb das ÖV-Angebot umso mehr genutzt wurde. Erfahrungsgemäss ist das «Argovia Fäscht»-Publikum regionaler, weswegen wir dann von einer intensiveren Nutzung des Fahrradabstellplatzes ausgehen.

Thema Toiletten: Da gab es ziemlich üble Zustände mit überlaufenden WCs und mit Urin vollgesogenen Böden. Was lief da schief?

Der besagte Fall betraf eine Toi-Toi-Insel. Das Problem konnte jedoch behoben werden. Ansonsten ereigneten sich rund um das Thema sanitäre Einrichtungen keine Zwischenfälle.

Uns ist bewusst, dass die Toiletten-Situation nicht optimal war, weshalb wir bereits im Austausch mit der besagten Firma sind. Für das nächste Wochenende werden wir Verbesserungen vornehmen. --spr


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