Perfekt zusammengesetzt

  09.08.2022 Wohlen

Der Circus Monti begeisterte an seiner Premiere

Mit magischen Bildern und noch nie gesehenen Nummern verzaubert der Monti auch diesmal.

Der Applaus wollte an diesem Abend nicht enden, immer wieder mussten die Artisten den letzten Tanz wiederholen und sich erneut feiern lassen. Das neue Programm des Circus Monti durfte ein erstes Mal die Zuschauer begeistern. Einmal mehr ist es dem Monti gelungen, aus acht komplett verschiedenen Artisten-Nummern ein beeindruckendes Gesamtpaket zu schnüren. Die künstlerische Leitung hat die Nummern perfekt zusammengesetzt und darum herum eine Geschichte inszeniert, die durch ihre magischen Bilder fasziniert. Licht, Musik und Kostüme setzen das Ganze bestens in Szene. --chh


Das Unmögliche möglich machen

Der Circus Monti feierte in Wohlen seine Premiere – nun geht er auf Tournee

«Contre vents et marées», so lautet der Titel des neuen Programms. Masha Dimitri und Faustino Blanchut schicken die Artisten und das Publikum auf eine wundersame Reise durch die Wüste. Wobei Erstere ganz vielen Widerständen trotzen müssen. Und Letztere einfach geniessen dürfen.

Chregi Hansen

Der Titel des Programms passte an diesem Abend. Denn gegen Wind und Wetter musste auch das Premierenpublikum antreten. Kurz vor der Vorstellung fegte ein Hagelsturm über Wohlen hinweg. Und genau so stürmisch ging es teilweise in der Manege zu und her. Nach einem ruhigen, fast schon sinnlichen Start entwickelte sich das Programm mehr und mehr zum veritablen Sturm, der in den wirbelnden Keulen von Mario Muntwyler und Delaney Bayles seinen Höhepunkt fand. Gefolgt vom ebenso stürmischen Applaus des Publikums.

Hagelsturm am Premierenabend

«Dieser Sturm passt zum heutigen Tag», meinte denn auch Direktor Johannes Muntwyler am Schluss der Vorstellung. Und strahlte dabei. Auch wenn eine Premiere für ihn beim Start zur 37. Tournee mittlerweile Routine ist, so bleibt doch immer ein Rest Anspannung. Die mit dem Schlussapplaus komplett abfiel. Es seien keine einfachen Wochen gewesen, denn die Artisten und die künstlerische Leitung mussten bei grösster Hitze proben, so der Direktor. Das Thema des Programms, der Gang durch die Wüste, wurde plötzlich Realität. «Ich bin beeindruckt, wie konzentriert und engagiert dennoch gearbeitet wurde», so Muntwyler weiter, der in diesem Jahr selber nicht auftritt. Aber es sich natürlich nicht nehmen liess, am Schluss allen Beteiligten persönlich zu danken.

Bis dahin erlebten er und auch das Publikum eine wunderbare Reise mit ganz vielen Höhepunkten. Wie immer bei den Monti-Programmen werden nicht einfach einzelne Nummern aneinandergereiht, sondern eine ganze Geschichte erzählt. Sie beginnt bereits magisch – mit dem zeremoniellen Einmarsch der singenden Artisten durch die Zuschauerreihen. Sie machen sich auf den Weg durch die Wüste, wunderbar dargestellt durch den besonderen Bühnenboden, der wirklich einer Sandlandschaft gleicht, und die einfach, aber wirkungsvoll in Szene gesetzte Kulisse. Es ist der passende Auftakt in ein spezielles Abenteuer.

Gegen Wind und Wetter müssen die 14 Artisten ankämpfen. Sie machen spezielle Begegnungen, suchen nach Wasser, hoffen auf Regen, müssen sich Abenteuern stellen, streiten sich und kommen wieder zusammen. Die Gruppennummern sind wunderbar choreografiert mit ganz viel Liebe zum Detail. Oft rasant, dann wieder besinnlich. Und die meisten Artisten und Artistinnen beweisen grosses schauspielerisches Talent. Und wie immer gilt: Man bräuchte eigentlich viel mehr als zwei Augen, um alle Details erkennen zu können.

Das grosse Staunen

Vermögen die Gruppennummern schon zu faszinieren, so toppen die einzelnen Vorführungen das Ganze nochmals. Wer meint, er habe im Zirkus schon alles gesehen, der wird eines Besseren belehrt. Das gilt ganz besonders für die Trapeznummer der beiden deutschen Artisten Milena Schwenkenberg und Christoph Hartwig. Wie sie quasi als Puppe von ihm durch die Nummer gehoben und geworfen wird, das ist ganz grosses Kino. Scheinbar leblos hängt die Artistin am Trapez und lässt alles mit sich machen und beweist dabei – genau wie ihr Partner – unglaubliche Körperbeherrschung. Der Applaus war denn auch besonders gross bei ihrer Nummer.

Aber auch sonst blieb dem Publikum oft nur das Staunen. Wie rasant das Quartett mit Cameron Clarke, Santiago Esviza, Theddy Nardin und Augustin Thériault durch die kleinen Ringe springt und hechtet, ist beeindruckend. Die vier Männer aus Amerika, Argentinien, der Schweiz und Kanada lassen den Zuschauern dabei keine Zeit zum Durchatmen und wagen sich an immer spektakulärere Flugeinlagen. Mindestens so beeindruckend ist das, was die Ukrainerin Valeriia Dolynych mit ihrem Stab zeigt. Sie lässt ihn über ihren ganzen Körper rotieren und turnt darauf herum, als gäbe es keine Schwerkraft. Eine Disziplin, die man eher selten sieht und darum besonders gefällt.

Die Schwerkraft austricksen

Das gilt aber auch für Amie Patching. Handstandnummern gehören ja eher zum Spektrum männlicher Artisten, aber die Australierin beweist, dass auch Frauen diese kraftstrotzende Disziplin beherrschen. Fast mühelos hält sie ihren Körper auf einem Arm in Balance und findet noch die Zeit, ganz verschiedene Figuren zu zeigen. Und das mit einer beeindruckenden Anmut. Hoch hinaus geht es mit Rosaleen Rogmans, die am Vertikalseil fast mühelos hoch und runter purzelt und steigt. Die Amerikanerin wirkt bei all der Anstrengung stets elegant und hat sich und auch das Seil immer im Griff. Felix Martin lässt nicht nur in der Auftaktnummer das Diabolo wirbeln, immer wieder darf er zeigen, was er drauf hat, denn das Diabolo selber spielt eine wichtige Rolle in der Geschichte.

Wahrer Wirbelwind zum Schluss

Das grosse Staunen gab es auch bei der Schlussnummer von Delaney Bayles und Mario Muntwyler, die beide mit Keulen jonglierten, als wäre es das Leichteste der Welt. Sie warfen sie sich gegenseitig zu, nahmen sie sich weg, funktionierten im Duo und am Schluss hielten sie gleich zehn dieser Keulen in der Luft. Wahnsinn. Aber natürlich darf auch ein Clown nicht fehlen, in diesem Jahr sind es deren zwei. Larissa Wagenhals und Adrien Borruat folgen auf ihre ganz eigene Art der Karawane als zweiköpfige und vierarmige Figur im breiten Mantel und sorgen für ebenso lustige wie poetische Momente, welche nicht nur die Kinder im Publikum zum Lachen bringen.

Alles passt zusammen

Der Circus Monti hat auch in diesem Jahr wieder ein tolles Programm einstudiert. Speziell zu erwähnen ist die Musik. Thierry Epiney ist es gelungen, einen wunderbar passenden Soundtrack zu komponieren, der sich ganz verschiedenster Stile bedient bis hin zu harten Gitarrenriffs und elektronischen Klängen. Die anspruchsvollen Melodien werden von der eigenen Zirkuskapelle und der Leitung von Piotr Gunia perfekt wiedergegeben, wobei auch meditative Gesänge eine wichtige Rolle spielen. Olivia Grandy wiederum hat den Artisten die Kostüme auf den Leib geschneidert und es dabei geschafft, sie in ihrer Schlichtheit doch mit ganz viel kreativen Ideen zu versehen. Und nicht zuletzt sorgt Christoph Siegenthaler auch dieses Jahr dafür, dass die Geschichte ins rechte Licht gerückt wird. Ihm gelingt es im Laufe der zwei Stunden, für etliche magische Momente zu sorgen.

Magische Momente, die sich an diesem Abend abwechseln mit einem Wirbelwind der Artistik. Während draussen der Sturm langsam abflacht, erreicht er im Zelt am Schluss den Höhepunkt. Mit dem tosenden, nicht enden wollenden Applaus. Und dem Wissen, dass der Monti auch dieses Jahr wieder ganz viele Zuschauer begeistern wird. Am kommenden Wochenende bereits in Windisch. Danach in Basel. Ein Besuch lohnt sich sehr.


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