Inspiration auf dem Velo

  19.07.2022 Wohlen

Debora Brunold aus Sins ist ein Velo-Phänomen

Sie fährt 1130 km alleine über die Pyrenäen und dabei folgen ihr 80 000 Menschen in den sozialen Medien. Debora Brunold aus Sins ist eine Inspiration für viele Menschen.

Sie ist gerade erst nach Hause zurückgekehrt von ihrem Pyrenäen-Abenteuer. Vom Atlantik zum Mittelmeer, nur sie, das Gepäck und ihr Velo. In elf Tagen legte sie 1130 km und 23 600 Höhenmeter zurück. «Es war eine grandiose Erfahrung», sagt die 28-Jährige aus Sins.

Auf Instagram lässt sie die Menschen teilhaben an ihren Erlebnissen auf ihren Touren. Und jetzt, nach ihrer Pyrenäen-Fahrt, kamen rund 50 000 neue Follower dazu. Das hat positive Konsequenzen für die junge Freiämterin. Auf ihren Ausfahrten wird sie erkannt und um ein Foto gebeten. Berühmte Velomarken wollen mit ihr zusammenarbeiten. Sie ist in der Rad-Szene ein erfrischender Paradiesvogel. Und sie wird nun ihren Job bei der Spitex reduzieren, um noch mehr auf dem Velo zu sein. «Ich tue einfach, was ich liebe», sagt Debora Brunold. --spr


Allein über die Pyrenäen

Die Freiämterin Debora Brunold ist in der Radsportszene ein Paradiesvogel und eine Nummer für sich

Täglich ist sie auf ihrem Rennrad unterwegs und überquert dabei auch Pässe in ganz Europa. Sie ist dabei eine Inspiration für viele Menschen. Auf Instagram folgen Debora Brunold 80 000 Menschen. «Ich hasse Sport. Ich liebe aber Velofahren», sagt die 28-Jährige, die an vielen Orten im Freiamt zu Hause ist.

Stefan Sprenger

In den letzten 30 Tagen hat Debora Brunold 5,5Millionen Menschen über Instagram erreicht. Das bedeutet für die junge Freiämterin aber auch viel Aufwand. Es hagelt Hunderte Nachrichten – pro Tag. Sehr oft wird sie nach Tipps und Tricks gefragt in ihrem Alltag als Hobby-Radfahrerin. Sie hat aber auch schon kuriose Anfragen erhalten. Einen Heiratsantrag beispielsweise. «Dankend abgelehnt», hat sie diesen.

«Ich hoffe, es hilft anderen Frauen, mutiger zu sein»

Vor einem Jahr hatte sie 15 000 Follower auf der Social-Media-Plattform Instagram (Ihr Name dort: _de_by). Mittlerweile sind es über 80 000. Täglich postet sie Bilder von ihren Ausflügen mit dem Rennrad. Täglich gibt es mehr Menschen, die ihre Beiträge «liken». Woher dieser grosse Erfolg? Debora Brunold hat die Antwort auf diese Frage auch nicht. Sie vermutet aber: «Ich denke, mein Stil ist wiedererkennbar. Es ist eine Sportart für Männer und dann falle ich als Frau eben auf. Ich hoffe, es hilft anderen Frauen, mutiger zu sein, und wirkt motivierend. Das höre ich von vielen Menschen immer wieder.» Ihre Art ist authentisch. Debora Brunold tut es nicht, um den Menschen zu gefallen. Sie ist auch keine verbissene Sportlerin. Sie tut es einfach, weil sie Freude am Radfahren hat. Dazu hat sie immer wieder verrückte Ideen, die sie, ohne gross zu studieren, umsetzt.

So eine verrückte und mutige Idee setzte sie vor wenigen Tagen in die Tat um. Sie überquerte die Pyrenäen. Vom Atlantik zum Mittelmeer. Alleine. Sie nennt es «eine neue Challenge». Im letzten Jahr war sie in Frankreich, hat innert 10 Tagen alle berühmten «Tour de France»-Pässe abgefahren. Damals hatte sie noch mehr Hilfsmittel, war oft mit dem Auto unterwegs. Bei der Pyrenäen-Überquerung verzichtete sie auf Hilfsmittel. Nur sie, ihr Gepäck und das Velo.

Mit dem Flieger ging es von Zürich nach San Sebastian (Spanien). «Und dort gibt es gleich den ersten Schock», sagt sie lachend. Ihr Fahrrad war nicht mehr da. Es wurde beim Umsteigen von der Fluggesellschaft in Madrid vergessen. Als sie wenige Tage später endlich ihr Velo hatte, ging es los. «Die Landschaft war ein absoluter Traum. Ich hatte eine wundervolle Zeit», erzählt sie. Selbst die heissen Temperaturen bis zu 47Grad konnten ihr nicht viel anhaben. «Ich schaute, dass ich bis zur Mittagszeit immer den Berg hochfahren konnte – und danach nur noch runterzufahren brauchte.» Sie war minimalistisch unterwegs. Nur das Nötigste hatte sie eingepackt. «Eine grossartige Erfahrung», wie sie meint. «Wenn ich Leute getroffen habe, waren alle sehr herzlich und hilfsbereit – und vor allem sehr interessiert, was ich hier so alleine mache.»

«Was mache ich hier eigentlich?»

Sie selbst hatte gegen ihren inneren Schweinehund zu kämpfen. In ihrem Kopf war es ein schmaler Grat zwischen Gedanken wie «Ich bin frei und glücklich» und «Was mache ich hier eigentlich?». Aber, «alles in allem war es einfach eine herausragende und tolle Erfahrung», so Brunold. In elf Tagen legte sie 1130 Kilometer und 23 600Höhenmeter zurück – und kam in Barcelona an.

Auf Instagram hat sie die Menschen teilhaben lassen an ihrer spannenden Pyrenäen-Tour. Und innert weniger Wochen kamen rund 50 000 neue Follower dazu. Während ihrer Tour hat sie viele Nachrichten bekommen, praktisch nur positive. Bis zu 300Mails pro Tag. «So viele haben meine Reise verfolgt. Verrückt», sagt sie. Eine Influencerin, das will sie nicht sein. Der Ausdruck ist ihr zu negativ behaftet. «Ich mache einfach, was ich liebe, und teile es mit anderen Menschen», sagt sie. Und diese Menschen interessieren sich dafür – und es scheint sehr zu gefallen. «Ich höre sehr oft, dass ich andere inspiriere und motiviere. Das ist schon ziemlich cool.»

Ihr Erfolg auf Social Media hat Konsequenzen, und die sind positiv für sie. Sie erhält Anfragen für Werbung, für Foto-Shootings oder wird an Veranstaltungen eingeladen. Bekannte Fahrradmarken wollen mit ihr zusammenarbeiten. Solche Anfragen gibt es immer mehr. Eine lukrative Sache. Sie wird ab September ihren Job bei der Spitex auf 70 Prozent reduzieren, «da ich noch mehr Zeit für mein Hobby haben möchte und flexibler sein will».

Weniger Arbeit, mehr Velofahren

Brunold war in diesem Jahr schon auf Mallorca, überquerte die Pässe in den Dolomiten und ist natürlich viel und oft in der Schweiz unterwegs. Bei ihren Touren wird sie immer öfters erkannt. «Leute sprechen mich an, wollen ein Selfie machen. Das ist sehr ungewohnt.» Doch komme, was wolle: «Ich bleibe mir treu», sagt die Freiämterin. «Ich nehme nur Anfragen an, wo ich dahinterstehen kann.» Sie bleibt eine Hobby-Sportlerin. Rennen fahren sei «nicht ihr Ding».

Auf ihrem Rad kommt Debora Brunold viel herum. Sie kurvte in ihrer Vergangenheit auch an vielen Orten im Freiamt herum. In Wohlen ist sie aufgewachsen, besuchte die Schule im Halde- und im Junkholzschulhaus, wohnte an der Turm- und der Niederwilerstrasse. Mit 12 Jahren zügelte sie nach Zufikon, Niederwil und Dottikon. Heute lebt sie in Sins. Ihre Lehre absolvierte sie in der Pflegi in Muri. Sie arbeitet bei der Spitex in Bonstetten.

Am vergangenen Wochenende war sie wieder zurück in ihrer Heimat, dem Freiamt. Und für einmal legte sie das Rennrad für einen Tag zu Seite. Ihre Zwillingsschwester heiratete. Denise Brunold (neu heisst sie Wicki) ist Fahrlehrerin bei der Drive-Swiss in Wohlen – und lebt in Hägglingen. Sie ist zudem schwanger. Schwester Debora wird Patentante. «Wieder ein neues Abenteuer. Ich freue mich riesig», sagt Debora Brunold. Und auch sie hat Pläne für die Zukunft. Pläne, über die die Single-Frau (noch) schweigt. Eines ist aber sicher: Es hat mit ihrem Velo zu tun.


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