Mehr Lacher als Tränen

  01.07.2022 Wohlen

Geschäftsführer Peter Truttmann verlässt nach zwei Jahren die Integra in Wohlen

Wer verabschiedet wird, erhält normalerweise ein Geschenk. Bei Peter Truttmann ist es genau umgekehrt. Bevor er sein Amt als Regierungsrat in Nidwalden antrat, lud er alle in der Integra zu einer Feier ein. Das Duo Comedia Zap sorgte dabei für viele Lacher.

Chregi Hansen

Manche Dinge haben sich in diesen zwei Jahren nicht verändert. Schon bei seinem Amtsantritt im Juni 2020 wollte Peter Truttmann nur ungern im Rampenlicht stehen. Beim Fototermin damals sollten auch Mitarbeitende und Klienten dabei sein. Das ist ihm auch jetzt wichtig. «Ich will meinen Abschied nicht gross zelebrieren, unsere Klienten und Klientinnen sollen im Mittelpunkt unserer sinnstiftenden Arbeit stehen», sagt er.

Ganz so einfach kann er sich dann doch nicht davonschleichen. An seiner Abschiedsfeier, zu der an diesem Nachmittag ein Grossteil der Integra-Familie erschienen ist, steht er trotzdem im Zentrum. Schon vor dem höchst vergnüglichen Auftritt des Duos Comedia Zap bedanken sich ganz viele bei ihm und wünschen ihm viel Glück. Und nachdem Cécile Steck und Didi Sommer die Bühne verlassen haben, kommt er nicht darum herum, ein paar Worte zu sagen. Ja, er sei etwas traurig, dass er jetzt gehe, betont der Geschäftsführer. «Aber ich bin ja selber schuld.» Umso mehr freue er sich, dass der Auftritt der beiden Künstler für so viele Lacher bei den Zuschauern gesorgt habe.

Geschenke verteilt und erhalten

«Es sind heute deutlich mehr Lacher als Tränen. Und das ist gut so», sagt Truttmann mit leicht feuchten Augen. Um dann sofort wieder von sich abzulenken und einem Mitarbeiter zur Geburt des Kindes zu gratulieren, ihm dafür ein Geschenk zu überreichen. Das ist typisch. Der gelernte Käser, der schon so viel gemacht hat in seinem Leben, sieht sich eben als Teamplayer. «Allein kann ich nichts erreichen. Ich hatte auch hier in Wohlen immer ein gutes Team um mich. Das gibt mir die Gewissheit, dass die Integra auch in Zukunft erfolgreich ist», sagt er, als das kleine, aber feine Abschiedsfest zu Ende ist.

Doch noch ist es nicht so weit. Peter Truttmann verteilt nicht nur Geschenke, er wird auch beschenkt. Ein Lächeln erscheint auf seinem Gesicht, als er einen Wohler Strohhut aus dem Paket zieht. «So einen habe ich mir schon immer gewünscht. Jetzt bin ich endlich ein richtiger Wohler», sagt er lachend. Und dann brechen alle Dämme. Ganz viele Klienten und Klientinnen wollen eine letzte Umarmung oder ein letztes Foto zusammen mit Peter Truttmann. Und er erfüllt allen diesen Wunsch. «Normalerweise müssen wir auf eine professionelle Distanz achten. Aber heute sind so viele Emotionen mit dabei, heute hat das Platz», sagt er schon fast entschuldigend.

Die meisten finden es einfach schade

Auch viele der Mitarbeitenden bedanken sich persönlich bei ihm. «Es war mir wichtig, heute hier dabei zu sein und dir Adieu sagen zu können», meint eine Betreuerin. Der scheidende Geschäftsführer wiederum freut sich, dass so viele Personen aus dem Wohnbereich ins Hauptgebäude gekommen sind oder ihre Arbeitspause mit ihm verbringen. «Ich durfte hier viel erleben und habe viel gelernt von euch. Ich werde euch immer in bester Erinnerung behalten», sagt er denn auch und spricht von einer Superzeit hier im Freiamt. Und eine der Klientinnen bringt es wohl auf den Punkt, als sie nach dem Mikrofon verlangt und erklärt: «Es ist einfach schade, dass du gehst.»

Gute Verankerung und viele Freiheiten

Dann endlich leert sich der Saal und Peter Truttmann findet Zeit, um auf seine Arbeit zurückzublicken. Am 1. Juni 2020 hat er begonnen, 25 Monate später verlässt er die Institution bereits wieder. Und was nimmt er mit aus dieser Zeit? «Ganz viel Positives. Ich habe eine wunderbare Gegend kennengelernt, viele tolle Menschen getroffen, konnte eine sinnstiftende Aufgabe ausüben und durfte dabei viele Freiheiten geniessen», sagt der 56-Jährige. Er lobt dabei die Verantwortlichen der Integra und durfte gleichzeitig erfahren, wie gut die Institution verankert ist in Wohlen und Umgebung. Wie viele Menschen ihr positiv gegenüberstehen. Er betont aber auch, dass die Klienten das Wichtigste sind, «sie machen die Integra aus. Sie sind ehrlich und unbestechlich. Man muss sie einfach gernhaben.»

Gut ins neue Jahr gestartet

Die letzten zwei Jahre waren nicht immer einfach für ihn. Gerade Corona hat ihn und den ganzen Betrieb stark gefordert. «Man vergisst zu oft: Wir können nicht einfach schliessen und unsere Klienten heimschicken. Wir sind immer für sie da. Teilweise sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag.» Was innerhalb dieser Mauern geleistet werde, sei leider von aussen oft nicht sichtbar. Man müsse dem Personal Sorge tragen, lautet darum eine seiner Forderungen, der Fachkräftemangel macht auch vor der Integra nicht halt. Hier seien Bund, Kanton, aber auch die Institutionen aufgefordert, Lösungen zu finden.

Trotzdem schaut er, was die Integra betrifft, positiv in die Zukunft. «Wir haben drei gute Rechnungsabschlüsse in Folge vorgelegt. Auch dieses Jahr sind wir gut auf Kurs, die Produktion ist sehr gut ausgelastet, die Plätze im Wohnbereich wieder zu 100 Prozent belegt», sagt er. Auch die Rezertifizierung ist bereits wieder aufgegleist, die Zusammenarbeit mit Kanton, Gemeinde und der Sozialversicherung sehr gut. Und die Institution erhalte in der Person von Jonas Meier einen sehr guten neuen Geschäftsführer. «Er ist einer von hier. Er kennt die Institution und den Sozialbereich gut. Er wird den bisherigen Weg sicher weitergehen», sagt Truttmann.

Sich noch mehr öffnen

Der Geschäftsführer wünscht sich zum Abschied, dass sich die Integra wieder vermehrt zeigt in der Öffentlichkeit. Wie mit der Kunstausstellung letzte Woche. Dem Konzert in der Übersehbar. Oder der Übernahme des Verpf legungsstandes an einem Augustwochenende in der Sommerbar. «Wir müssen uns bemühen, noch mehr unserer Klienten in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Noch mehr Leuten zu ermöglichen, möglichst selbstständig zu leben», meint er. Gleichzeitig müsse man sich aber bewusst sein, dass es auch Menschen gibt, die immer auf Hilfe angewiesen sind. Ihnen den bestmöglichen Rahmen zu bieten, das müsse der Anspruch sein. «Das macht diese Arbeit so fordernd. Und gleichzeitig so befriedigend. Diese Emotionen und diese Herzlichkeit, wie sie unsere Leute in sich tragen, erlebt man sonst nirgends.»

Er selber ist seit heute als Regierungsrat in Nidwalden im Amt. Vieles wird sich verändern. So wird er sich daran gewöhnen müssen, vermehrt im Zentrum zu stehen. «Ja, es ist vieles neu für mich. Ich muss wieder viel lernen. Aber auch da bin ich nicht allein, bin ich Teil eines Teams», betont er. Er jedenfalls freue sich auf die neue Herausforderung. Die Zeit in der Integra aber wird er nie vergessen. Er werde mindestens einmal pro Jahr zu Besuch kommen, verspricht er vor seinem Weggang. Und niemand zweifelt daran, dass er dieses Versprechen auch einhält.


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