Das Leid der Guten

  29.03.2022 Wohlen

«Der gute Mensch von Sezuan»: Schülerinnen und Schüler der Kanti begeistern 550 Personen mit ihrem Theaterstück

Es war ein grandioser Auftritt der jungen Erwachsenen. Und sie hinterliessen den Eindruck, dass es sich hierbei um echte Schauspieler handelte. Mit der modernen Interpretation des Stücks «Der gute Mensch von Sezuan» nach Bertolt Brecht werden wunderbare Erinnerungen haften bleiben.

Maja Njagojevic

Die Geschichte widmet sich einem Narrativ, in der man sich ewig verlieren kann: Wie auch viele andere Menschen möchte die junge Verkäuferin Shen Te wissen, wie sie eine gute Person sein kann. «Ich schaffe das», ist die Protagonistin überzeugt. Die Chance, einen nachhaltigen Laden zu führen, sieht sie als Geschenk der Götter. Umso grösser ist Shen Tes Motivation und Begeisterung, dieser Aufgabe nachzukommen und zu beweisen, dass sie tatsächlich ein guter Mensch ist.

Mit Herzblut dabei

Doch schnell wird der Laden eine bittere Erinnerung an die Schattenseite ihrer eigenen Gutmütigkeit: Sie gewährt einer Gruppe junger Mädchen Obdach in ihrem Laden, die jedoch nichts als Zerstörung und Chaos in Shen Tes Schokoladengeschäft hinterlassen. «Sie kann einfach nicht Nein sagen», ruft eine der Bittstellerinnen aus. Dazu scheint Shen Tes grosse Liebe Yang Sun sie nicht zu lieben – vielmehr liebt er, was sie für ihn tut. Um ihren Mitmenschen aus der Not zu helfen, vernachlässigt Shen Te sich selbst und sieht sich gezwungen, ihren Laden zu verkaufen.

Ein guter Mensch für alle zu sein und gleichzeitig für sich zu leben, kann sie nicht in einer Person vereinen. Nach dieser tragischen Geschichte muss Shen Te zur bitteren Erkenntnis kommen: Ein Mensch wird nicht nach jedem Standard gut sein können.

Was die Schülerinnen und Schüler der Kanti gemeinsam mit ihrem Leitungsteam auf die Bühne gebracht haben, gleicht einem professionellen Meisterstück. Leiterin Susanne Stocker ist von der grossartigen Leistung ihrer engagierten Gruppe begeistert: «Man darf nicht vergessen, dass es keine Laien sind, sondern Schülerinnen und Schüler.» Gemeinsam mit Patricia Farahmand, Andreas Bürgisser und Daniela Larkin hat sie die jungen Schauspieltalente monatelang beim Aufbau des Stücks begleitet. «Die Schülerinnen und Schüler sind sehr konzentriert und helfen sich gegenseitig im Spiel», erklärt Patricia Farahmand. «Es ist ein Team von 19 Schülerinnen und Schülern, die sich total unterstützen. Es gibt in diesem Stück keine kleinen Rollen. Jede Rolle ist wichtig und ich finde es schön, dass sie sich gegenseitig diese Anerkennung gegeben haben.»

In der Tat brilliert jede Figur im Stück und trägt zur Weiterentwicklung der Geschichte bei. «Schade, dass es nun vorbei ist. So ist das im Theater – es ist eine flüchtige Kunst», hält Susanne Stocker fest. «Wir haben die Schülerinnen und Schüler über die Monate hinweg wachsen gesehen. Das ist das Schönste daran.» Nun kehren sie in den Alltag zurück – ohne Proben, dafür mit einem Koffer voller wunderbarer Erfahrungen.


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