Für Menschlichkeit und Frieden

  25.03.2022 Boswil

Das Künstlerhaus Boswil veranstaltet ein besonderes Meisterkonzert am Samstag, 26. März, 19 Uhr

Die Ausladung der russischen Cellistin Anastasia Kobekina ging durch die Medien. Anstatt im Thurgau wird die Musikerin nun in Boswil auftreten. Zusammen mit dem Ukrainer Andrej Bielow an der Violine und dem Schweizer Jean-Sélim Abdelmoula am Klavier spielt Kobekina als Zeichen der Überstaatlichkeit von Musik.

Sabrina Salm

«Die russischen Künstler haben wie alle Künstler schon schwere Zeiten hinter sich wegen der Pandemie. Man muss sie jetzt nicht noch wegen ihrer Nationalität bestrafen», findet Claudio Rossetti, der seit Dezember Geschäftsführer der Stiftung Künstlerhaus Boswil ist. Persönlich ist er auch überzeugt, dass der Krieg in der Ukraine kein Krieg des russischen Volks ist, sondern von einem Diktator. Ausserdem stehen die Kulturinstitutionen wie das Künstlerhaus Boswil in besonderer Verantwortung, sich in einer Zeit grosser Emotionen und lebhafter Diskussionen aufgrund der aktuellen Weltlage differenziert zu positionieren und gegebenenfalls mit ihrem Angebot zu reagieren. Als dann Andreas Fleck, der die künstlerische Leitung des Boswiler Sommers und der Boswiler Meisterkonzerte hat, mit der Idee kam, Anastasia Kobekina nach Boswil einzuladen, stiess er auf offene Ohren. «Wir haben die Sache zusammen diskutiert und auch mit dem Stiftungsrat besprochen», erklärt Claudio Rossetti. «Im Grundsatz haben wir auch darüber entschieden, wie wir als Künstlerhaus gegen aussen auftreten wollen.» Der Entscheid sei dann spontan, aber einstimmig getroffen worden. «Dabei wollen wir nicht die Ausladung beurteilen, sondern vielmehr ein Zeichen für den Frieden und die Zusammenarbeit der Nationen und Völker setzen.»

Allen eine Chance geben

Von der Geschichte des Künstlerhauses aus sei bereits bekannt, dass sie allen Künstlern eine Chance geben wollen – egal, woher sie stammen. «Wir wollen niemanden benachteiligen und uns allen gegenüber offen zeigen.» In den Zeiten des «Kalten Kriegs» etwa bestanden Austauschprogramme mit Künstlern aus der DDR und Ungarn und auch während des Jugoslawienkriegs arbeiteten und konzertierten Musiker vom Balkan in Boswil.

Nicht umsonst nennt sich das Künstlerhaus selbst auch «Ort der Offenheit und Menschlichkeit». Dies sei auch in seiner Strategie festgelegt. «Strategisch fragen wir uns, wie wir uns von anderen Kulturanbietern abheben wollen.» Zu unterstreichen seien die beiden Stichworte Menschlichkeit und Musik. «Bei uns im Künstlerhaus erlebt man Menschliches. Man geniesst nicht nur die Musik der Künstler, sondern lernt auch den Menschen hinter der Kunst kennen.»

Benefizkonzert für Kriegsopfer

Die Ausladung der russischen Cellistin Anastasia Kobekina aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit hat national und international für Aufsehen gesorgt und sehr viele Reaktionen in der Musik- und Kulturszene ausgelöst. Auch das nun kurzfristig anberaumte «meisterhafte» Konzert, das gemeinsam mit dem Verein Hirzenberg Zofingen initiiert wurde, habe hohe Wellen geschlagen. «Wir bekamen viele positive Rückmeldungen. Ich bin froh darüber, denn die Menschen haben verstanden, was wir damit wollen», so Rossetti. Es habe nur noch wenige Tickets.

Die Honorare der Künstler werden von privaten Gönnern übernommen. Sämtliche Ticketeinnahmen kommen Hilfsprojekten für die Ukraine und Künstlern beider Konf liktparteien zugute. Dies sind einerseits die Soforthilfe mit Medikamenten der Initiative «Hands-on-Help for Ukraine» des Schweizer Pianisten Andreas Haefliger, darüber hinaus entwickelt das Künstlerhaus mit einem Teil der Gelder ein Förderprogramm für junge Musiker aus der Ukraine und Russland in all seinen Formaten. «Damit wollen wir auch nachhaltige Unterstützung bieten.»

Das Konzert beginnt am Samstag, 26. März, um 19 Uhr. Ab 18.15 Uhr offeriert der Verein Kulturraum Hirzenberg Zofingen einen Apéro im Foyer. Die Besetzung und das Programm sprechen für sich: Andrej Bielow (Geige), Anastasia Kobekina (Violoncello) und Jean-Sélim Abdelmoula (Klavier) – drei Musiker aus der Ukraine, Russland und der Schweiz spielen gemeinsam drei Werke, je eines russischen, ukrainischen und deutschen Komponisten und spielen so als Zeichen der Überstaatlichkeit von Musik.

Der Minimalpreis ist 50 Franken. Der Preis kann jedoch selbstständig und nach oben offen erhöht werden. Ab 100 Franken erhält man eine Spendenbescheinigung. Im Saal gelten keine Platzkategorien. Tickets sind unter www.kuenstlerhausboswil.ch erhältlich.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote