Verborgene Schätze zeigen

  22.02.2022 Wohlen

Pirmin Breu lädt zu einer Ausstellung

«Ich habe 30 Jahre lang regionale und internationale Kunst gesammelt und ganz viele Kuriositäten. Doch die letzten zwei Jahre haben mich gelehrt, dass alles einfacher werden kann, wenn man reduzierter unterwegs ist und so flexibler reagieren kann», sagt Pirmin Breu. Und darum hat sich der Murianer Künstler, der seit vielen Jahren in Wohlen lebt und arbeitet, entschlossen, sich von einem Teil seiner Sammlung zu trennen. Zuvor aber will er sie noch der Öffentlichkeit präsentieren. --chh


Sich trennen von vielen Schätzen

Pirmin Breu lädt am Wochenende zur Ausstellung und zum Teilverkauf seiner Sammlung

In seinem Atelier befinden sich Werke von regionalen, aber auch internationalen Künstlern, dazu etliche Kuriositäten und Liebhaberobjekte. Jetzt will Pirmin Breu Platz schaffen für Neues. Vieles, wenn auch nicht alles, kann erworben werden. Aber auch «nur» zum Anschauen lohnt sich der Besuch.

Chregi Hansen

«Die vergangenen zwei Jahre haben uns deutlich gemacht, wie schnell sich alles ändern kann», sagt Pirmin Breu. Er als Künstler war von der Pandemie stark betroffen. In seinem Wirken eingeschränkt. Sehr lange zur Untätigkeit verdammt. Aber auch wirtschaftlich bedroht, konnte er doch keine Ausstellung gestalten, keine Werke verkaufen, keine Kurse geben. Dafür hatte er umso mehr Zeit zum Nachdenken.

Die Lockerungen der letzten Woche erlebte er als «Befreiungsschlag», wie er es ausdrückt. Und er nimmt sie gleich zum Anlass, sich selbst etwas zu befreien. «Ich habe 30 Jahre lang gesammelt. Vor allem Kunst, aber auch viele andere Trouvaillen. Ich dachte immer, irgendwann kann ich das verwenden oder zeigen. Aber was nützt es, wenn es einfach in irgendwelchen Lagerräumen liegt? Es wird Zeit, sich von einem Teil zu trennen», sagt der Künstler. Und lädt am kommenden Wochenende zur Ausstellung in sein Atelier. Mit der Möglichkeit, gewisse Exponate auch zu erwerben. «Alles gebe ich nicht her. Aber eher mehr als weniger», lacht er.

Lieber suchen als sammeln

Er sei im «Reduziermodus», sagt Breu von sich selber. Er will sich von unnötigem Ballast befreien und sich wieder vermehrt aufs Hier und Jetzt konzentrieren. «Was nützt die schönste und tollste Sammlung, wenn man sie nicht zeigen kann?», fragte er sich selber. Vieles hat er aufbewahrt mit der Idee, es später mal auszustellen. Doch immer wieder kam etwas dazwischen. Entstanden neue Ideen. In den letzten zwei Jahren hat er zudem alle seine externen Lagerräume aufgelöst und die Werke zu sich nach Hause genommen. Und dabei gemerkt: Es ist einfach zu viel.

«Ich bin eher der Schatzsucher als der Sammler», sagt er von sich selber. Heisst: Er hat mitgenommen, was er spannend oder schön fand. Sich nie auf ein Genre beschränkt. Seine Fundstücke auch nie katalogisiert. Ihm ging es ums Stöbern, nicht ums Gezielt-Suchen. «Ich habe zum Teil selber gestaunt, was alles zum Vorschein kam.» Und trotzdem gibt es gewisse Themen, die ihn seit 30 Jahren begleiten. So hat er beispielsweise Bilder von den Urvätern der amerikanischen Graffiti-Szene. Spezielle Werke aus der Pop-Art. Originalunterlagen von Walt Disney. Verschiedene Werke von den Ikonen der Custom-Car-Szene. Dazu ganz viele Kunstwerke, speziell auch von regionalen Künstlern.

«Das war meine Art, gegenüber diesen Künstlern meinen Respekt auszudrücken. Natürlich freut sich jeder von ihnen über ein Kompliment. Aber mit dem Kauf eines Werkes zeigt man erst, wie sehr man dessen Arbeit schätzt.» Zudem wären Werke von anderen Künstlern auch immer eine Inspirationsquelle für ihn. «Eigentlich ist es viel zu schade, wenn sie hier bei mir in einem Regal liegen. Es ist besser, wenn sie bei jemandem an der Wand hängen, der Freude hat und den Platz», erklärt der Künstler sein Ziel.

Ausstellung zieht nachher nach Zürich weiter

Wenn Breu über seine Fundstücke spricht, wird seine Begeisterung spürbar. Fast zu jedem Exponat weiss er eine Geschichte zu erzählen – mit ein Grund, weshalb ihm das Weggeben so lange so schwer fiel. «Ich habe Werke von Künstlern, die damals niemand kannte, die sich aber längst einen Namen gemacht haben», schwärmt er. Er freut sich, wenn er all dies jetzt öffentlich präsentieren kann. «Es ist für mich extrem spannend, diese Ausstellung zu gestalten, und ich freue mich, meine Schätze mit den Besuchern zu teilen.» Ein Teil davon wird vom 5. März bis 4. April in der Grey Gallery in Zürich gezeigt. «Es freut mich sehr, dass offenbar auch andere den Wert meiner Sammlung erkennen», so Breu.

Sich von Ballast befreien

Pirmin Breu ist einer, der sich viel Gedanken über das Leben macht. Und über unsere Gesellschaft mit ihrem Hang zum Überfluss. Er will sich selber von unnötigem Ballast befreien und sich so Freiräume schaffen, um sich auf neue, spannende Projekte zu konzentrieren. «Mit weniger Ballast ist man flexibler», ist er überzeugt. Doch zum Wegschmeissen sind die meisten seiner Fundstücke eben viel zu schade. «Ich hoffe sehr, dass sie jemand anderem eine Freude machen.» Er selber hat für das laufende Jahr schon etliche Pläne. «Ich bin froh, darf ich wieder arbeiten. Denn Arbeit ist für mich Medizin. Ich bin nicht gemacht fürs Nichtstun.»

So plant er eine weitere Ausstellung in der Grey Gallery. Ab dem 8. April zeigt er Werke, die er als Vertreter der Schweizer Kunstszene bei der Ausstellung «80 Jahre diplomatische Beziehungen» in Thailand ausstellen konnte. Die aber in der Schweiz noch nie zu sehen waren. «Ich bin nicht nur seit 30 Jahren ein Sammler, ich bin in all den Jahren auch viel gereist. Über diese Erfahrungen werde ich in einem Podcast sprechen, zu dem ich eingeladen wurde», erzählt er. Die Ausstellung in Zürich wird den Podcast ergänzen. Zudem möchte er dieses Jahr endlich seine Afrika-Ausstellung realisieren. Im Jahr 2019 war er mehrere Wochen als «Artist in Residence» in Ghana, das Resultat dieser Zeit konnte er wegen Corona noch nie präsentieren. «Ich möchte nicht einfach eine Ausstellung machen, sondern das Thema in einen grösseren Rahmen einbetten, beispielsweise in einem afrikanischen Festival», sagt er.

Rückkehr in die vordigitale Zeit

Es gebe so viel, das er so lange vor sich hergeschoben habe. Die letzten zwei Jahre hätten ihm deutlich gemacht, dass er mehr im Hier und Jetzt leben muss. «Wem nützt meine tolle Sammlung, wenn ich plötzlich sterbe?», fragte er sich. Nach einer Phase der Lethargie ist die Schaffenskraft wieder zurück. «Ich spüre, wie ich wieder ins Rollen komme. Und es rollt sich besser ohne unnötigen Ballast», hat er erkannt. Auch darum die Trennung von vielen lieb gewonnenen Schätzen.

Mehr im Hier und Jetzt leben: Das gilt aber auch für andere Bereiche. Pirmin Breu will zurück in die Welt der vordigitalen Zeit. «Wir sind abhängig geworden von den Handys, schicken nur noch Nachrichten hin und her, statt miteinander zu reden», kritisiert er. Er will sich nicht ganz ausklinken, aber seine digitalen Aktivitäten möglichst reduzieren. «Das bringt eine angenehme Ruhe mit sich», hat er bereits erkannt. Plötzlich übernimmt das alte Festnetztelefon wieder eine wichtige Funktion und schreibt Breu wieder Briefe statt Mails. «Man ist so vielleicht weniger schnell und meldet sich weniger. Dafür weiss man, dass es etwas Wichtiges ist.» Und natürlich will er dieses Experiment später in irgendeiner Form künstlerisch verwerten. Erste Ideen hat er schon. Man darf gespannt sein.

Pirmin Breu: Ausstellung von Bildern, Skulpturen und Kuriositäten: 25. bis 27. Februar, Jurastrasse 16. Öffnungszeiten: Freitag: 17 bis 20 Uhr. Samstag: 14 bis 20 Uhr. Sonntag: 14 bis 18 Uhr.


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