Aus Traum wird Wirklichkeit

  01.02.2022 Wohlen

Der alte Werkhof der Bleichi verwandelt sich für mindestens 5Jahre zum Kulturzentrum

Aarau hat das KiFF, Solothurn das Kofmehl, Zürich die Rote Fabrik und Luzern das Neubad. In vielen Städten wurden alte Fabrikbauten zu Kulturzentren umfunktioniert. Jetzt auch in Wohlen. Der Verein für Kultur erhält die Bewilligung für eine Zwischennutzung der alten Werkhalle in der Bleichi.

Chregi Hansen

Die Idee ist nicht neu. Schon im Herbst 2019 träumte der Verein von einer kulturellen Nutzung der leer stehenden Räume in der Bleichi. Und erhielt dabei Unterstützung von der Kunstkommission, welche den Charme der Werkhalle anlässlich der Kunstausstellung von Nicolas Witschi einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machte.

«Eigentlich ist alles da, was es braucht», sagte damals Liz Kuhn vom Verein für Kultur. Und auch Vizepräsident Remo Hofmann zeigte sich nach einer ersten Besichtigung begeistert vom Gebäude. «Der ehemalige Werkhof ist bestens geeignet für eine kulturelle Zwischennutzung. Er bietet einen grossen Hauptsaal für grössere Veranstaltungen, aber auch vielseitig nutzbare kleinere Räume. Etwa für eine Bar, für Ateliers, für Bandräume», erklärte Hofmann im Oktober 2019. Man wolle jetzt das Gespräch mit der Gemeinde suchen.

Eröffnung Anfang 2023

Zwei Jahre später wird der Traum eines Kulturzentrums zur Realität. «Der Wohler Gemeinderat gibt grünes Licht für eine mindestens fünfjährige kulturelle Zwischennutzung des alten Werkhofs Wohlen», kann der Verein für Kultur stolz verkünden. Zuvor hatte eine Steuergruppe ein umfangreiches Konzept erarbeitet und eingereicht. Und darin fein säuberlich aufgezeigt, wie der Werkhof in Zukunft genutzt werden soll. Wenn alles klappt, soll in knapp einem Jahr Eröffnung gefeiert werden. Der Betrieb soll anschliessend mindestens fünf Jahre laufen. Doch Beispiele aus anderen Orten zeigen, dass aus solchen temporären Angeboten auch langjährige Projekte werden können.

«Wir haben schon vor zwei Jahren bei der Gemeinde angeklopft. Damals bekamen wir aber eine Absage, weil die Bleichi als mögliches Provisorium galt bei der Sanierung des Haldenschulhauses», berichtet Jonas Arnet, der Präsident des Vereins für Kultur. Nachdem für die Schule eine andere Lösung gefunden worden war, kam die Gemeinde von sich aus auf den Verein zu. Ob denn noch Interesse an einer Nutzung bestehe? «Wir empfinden das als Wertschätzung für all das, was wir bisher geleistet haben», sagt Arnet. Umgekehrt hat der Verein bewiesen, dass er sein Handwerk versteht. Auch darum sagt die Gemeinde Ja. «Sie zeigt viel guten Willen, dass ein solches Zentrum entstehen kann. Dafür sind wir dankbar», betont der Präsident.

Impulse setzen in der Kulturlandschaft

Dass der Gemeinderat aktiv auf den Verein zuging, ist wohl keine Selbstverständlichkeit. «Wir haben im neuen Kulturkonzept die Förderung der kulturellen Nutzung des öffentlichen Raums sowie die Förderung eines breiten Angebots für die Jugend ausdrücklich als Handlungsziel festgelegt. Mit der Zustimmung zur Zwischennutzung trägt der Gemeinderat dieser Zielsetzung Rechnung», erklärt Gemeinderat Roland Vogt. Man schätze den Verein für Kultur als Partner. Der Verein setze mit der selbsttragenden Finanzierung seiner Angebote und dem Reinvestieren anfallender Überschüsse zugunsten der hiesigen Kultur neue Impulse in der Wohler Kulturlandschaft und initiiert immer wieder neue Projekte.

«Das neue Projekt birgt Potenzial, die Vielfalt und Vitalität des Kulturlebens in der ganzen Region in bereichernder Weise zu beeinflussen und zu überregionaler Bedeutung und Ausstrahlung zu bringen», ist Vogt überzeugt. Mit der kulturellen Zwischennutzung des alten Werkhofs entsteht ein wertvoller Begegnungsort, welcher die Kulturlandschaft mit der Schaffung von niederschwelligen Angeboten bereichert, in deren Genuss insbesondere auch jüngere Menschen kommen.

Zudem hat die Gemeinde vorerst keine eigenen Pläne bezüglich der Räumlichkeiten. Der Verein hingegen hat klare Ideen. So soll der grosse Hauptraum, die sogenannte «Kranenhalle», zu einem Veranstaltungsort werden, dafür wird eine Bühne errichtet und die nötigen Audio- und Lichtanlagen eingerichtet. «Ziel muss es sein, wöchentlich oder sicher alle zwei Wochen grössere Konzerte durchzuführen. Aber auch andere Events sind möglich», erklärt der Präsident. Etwa Theatervorstellungen, Lesungen und Ausstellungen. Im Saal selber wird eine Bar eingerichtet, das Bistro soll als Anlauf- und Verpflegungsstelle für das Zentrum dienen und wird nach und nach ausgebaut. Als Wirtin wird Liz Kuhn das Zepter übernehmen.

Industrieller Charme soll sichtbar bleiben

Daneben gibt es einen Ausstellungsraum, der regelmässig bespielt werden soll, dies beispielsweise in Kooperation mit der Kunstkommission. Mehrere Ateliers und Übungsräume sollen regionalen Künstlern vermietet werden. «Wir haben schon erste Anfragen. Aber wir warten noch mit der Vergabe, es sollen alle die gleichen Chancen haben», erklärt Natalie Gregor, die ebenfalls zur Steuergruppe gehört. Dazu kommen zwei Mehrzweckräume, die auch von anderen Organisationen genutzt werden können, etwa der Toolbox, dem Café International, aber auch von Vereinen. «Wir sind für vieles offen und wollen möglichst viele Begegnungen ermöglichen. Aber es muss irgendwie zum Konzept passen», erklärt Präsident Arnet.

Den Initianten ist es wichtig, den jetzigen Charme der Räume zu erhalten. Alte Dachfenster, Industriestahlträger und von jahrzehntelanger Schwerstarbeit gezeichnete Holzböden sind einige Finessen, die diesem Gebäude einen industriellen Charme verleihen. Bauliche Massnahmen werden im Innern unumgänglich sein, aber auf grosse Investitionen soll verzichtet werden. «Das sind Fragen, die für uns noch neu sind. Aber zum Glück erhalten wir dabei fachmännische Hilfe», erklärt Gregor.

Keine kommerziellen Absichten

Betrieben wird das Kulturzentrum durch den Verein für Kultur Wohlen, eine Steuergruppe wird anfangs die Organisation übernehmen. Später könnte man sich vorstellen, auch entsprechend Personen einzustellen für den Gastrobereich oder die Betriebsleitung. «Wir haben zwar mit der Sommerbar, dem Dreiraumkultur und dem Open Air Stoppelfäld schon viel Erfahrung, aber das ist auch für uns eine ganz neue Dimension. Wenn es dann ins Laufen kommt, geht es wohl nicht ohne Angestellte, sei es in der Leitung oder der Gastronomie», macht der Präsident deutlich. Der Verein selber arbeitet laut Statuten ehrenamtlich. Heisst: Wird durch den Betrieb ein Gewinn erzielt, wird dieser wieder in die Kultur investiert. Das macht es der Gemeinde einfacher, die Räume zur Verfügung zu stellen.

Gestern haben Arnet und Gregor die Schlüssel für den alten Werkhof erhalten. «Das Konzept hat uns viel Arbeit gekostet. Aber es hat sich gelohnt. Jetzt können wir in die Detailplanung gehen», sagt Arnet. Geplant ist, den Betrieb Anfang nächstes Jahr aufzunehmen. «Wir werden klein anfangen und schauen, wie die Bevölkerung das Angebot annimmt. Und wenn es läuft, werden wir das Ganze nach und nach ausbauen», schaut Gregor voraus. Ziel sei es, dass der alte Werkhof zu einem Begegnungsort der Kultur wird. «Wir haben viele tolle Künstler in Wohlen. Viele zieht es aber mit der Zeit in die Städte, weil sie Anschluss suchen. Mit einem solchen Zentrum können wir dazu beitragen, dass sie hier bleiben», ist Jonas Arnet überzeugt. Und die Schaffung eines solchen Kulturzentrums sei auch ein Bekenntnis zu Wohlen als urbanem Lebensraum. Das sieht die Gemeinde ähnlich. «Die Bevölkerung aus Wohlen und der Region erhält weiteren Zugang zu kulturellen Veranstaltungen hervorragender Qualität. Dies trägt entscheidend zur Aufwertung des Wohnstandortes Wohlen bei und fördert die positive Wahrnehmung von Wohlen als lebendiges und vielfältiges Zentrum der Region», erklärt Gemeinderat Roland Vogt.

Viele positive Feedbacks

Nicht zuletzt geht es dem Verein auch darum, den Jungen eine Möglichkeit zu geben, ihre Freizeit in der eigenen Gemeinde zu verbringen. Auch wenn vorerst der Verein für Kultur das Zepter in der Hand hat, so «wünschen wir uns, dass bald auch einige Junge nachkommen, die sich engagieren», betont Natalie Gregor. Doch bis dahin gibt es noch viel zu tun. «Erst müssen wir beweisen, dass es funktioniert. Aber die vielen positiven Rückmeldungen, die wir auf unsere Idee und unser Konzept erhalten haben, stimmen uns positiv, dass es gut kommt», erklären Arnet und Gregor zum Schluss.


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