Zeitzeugen eine Stimme geben

  31.08.2021 Wohlen

Vereinsversammlung Freunde Strohmuseum im Park: Grosse Unterstützung für zwei Projekte

Das war ein richtiges und stilvolles Heimspiel. Draussen im Park des Strohmuseums tagten die Freunde des Strohmuseums. Sie taten dies bestens gelaunt und in Spenderlaune. Zwei interessante Projekte des Museums werden grosszügig unterstützt mit insgesamt 45 000 Franken.

Daniel Marti

Diese Stütze ist wertvoll, dieser Verein ist wie ein Eckpfeiler, wie ein Anker. Ohne die Freunde des Strohmuseums wäre manche Attraktion nicht möglich – und Wohlen etwas ärmer. Auch wenn der Mitgliederbestand leicht rückläufig ist, verfügt der Verein immer noch über eine stattliche Grösse. Gegenwärtig sind es 474 Mitgliedschaften, dank den Ehepaaren macht das gegen 700 Personen aus. Und diese Menschen halten zum Museum, zur grossen Wohler und Freiämter Tradition. Man müsse Anstrengungen unternehmen, damit auch junge Leute den Weg zu den Freunden finden, erklärte Präsident Martin Burkard an der Vereinsversammlung. Aber sonst durfte Burkard nur Positives berichten.

Finanzen im Lot – trotz einem seltsamen Jahr

Der Verein leistet eine wertvolle finanzielle Unterstützung. «Unser Beitrag wird immer sehr sinnvoll verwendet», so Burkard weiter. Und in der Vereinskasse gibt es sogar eine ganz gesunde Basis: 115 000 Franken beträgt das Vermögen. «Unsere Finanzen sind im Lot», betonten Präsident und Kassier.

Die Freunde sind also auch für schlechte Zeiten gerüstet. Oder um das «seltsame 2020», wie Museumsleiterin Petra Giezendanner sagte, auszugleichen. Es sei surreal gewesen, «als wir die Museumstüren schliessen mussten». Zwei Lockdowns – sieben und zehn Wochen – musste das Museum überstehen. 60 Prozent der Veranstaltungen mussten im Coronajahr 2020 abgesagt werden. Logisch: Die Besucherzahlen waren rückläufig, von 6000 Besucherinnen und Besuchern im Jahr 2019 auf 2850 im Folgejahr. «Aber auch in schwierigen Zeiten darf man nicht ganz auf die Kultur verzichten», so Giezendanner. Und kaum wieder eröffnet, gab es einen Hoffnungsschimmer: Im vergangenen Juli besuchten 617 Menschen das Strohmuseum im Park. Das ist der beste Monatswert seit der Eröffnung des Museums in der Isler-Villa, also seit 2013.

Ihren Anteil an diesem Erfolg steuerte auch die aktuelle Sonderausstellung von Martina Vontobel bei. «Mit Sonderausstellungen haben wir die Möglichkeit, einem neuen Publikum unser Haus zu zeigen. Und all diese Menschen sind begeistert von unserem Haus», freut sich die Museumsleiterin. «Und Sonderausstellungen eröffnen immer neue Dimensionen.»

Ein Shootingstar im Strohmuseum

Die finanzielle Lage war auch im letzten Jahr sehr gut. 46 800 Franken Einnahmen, 37 600 Franken Ausgaben, wobei 35 000 Franken direkt ans Museum gingen. «Die Beiträge sind fürs Museum sehr wichtig», sagte auch Ruth Portmann, Präsidentin der Stiftung Freiämter Strohmuseum. Und dieser enorme Zustupf wird auch in Zukunft eminent wichtig bleiben.

Denn Museumsleiterin Petra Giezendanner konnte eine «wirbelnde Künstlerin» ankündigen. Emma Bruschi sei begeisterte Designerin. Die 26-Jährige ist ein wahrer Shootingstar und mehrfache Preisträgerin. Und dieser Shootingstar interessiert sich für altes Handwerk, für Traditionen. «Da spielt auch Stroh eine wichtige Rolle. Sie ist fasziniert von den Möglichkeiten, wie man Stroh verarbeiten kann», so die Museumsleiterin. Im Strohmuseum will die junge Wilde auch Mode und Nachhaltigkeit thematisieren. Rohstoffe, Handwerkskunst, Experimentieren stehen im Mittelpunkt ihrer Arbeit. Dafür nützt sie Rohstoffe und lässt sich von Orten inspirieren, die ihr persönlich wichtig sind. Wie beispielsweise das Strohmuseum im Park.

Diese Sonderausstellung von Emma Bruschi vom kommenden Frühling wird nicht ganz günstig sein: 57 000 Franken sind budgetiert, die Freunde des Strohmuseums übernehmen 15 000 Franken.

Zeitzeugen sollen unbedingt zu Wort kommen

Das zweite Projekt ist noch nachhaltiger als eine Sonderausstellung. Und da stehen Zeitzeugen der letzten Blütezeit der Strohindustrie im Mittelpunkt. «Das Bewahren des kulturellen Erbes ist sehr wichtig, und Zeitzeugen sind natürlich einzigartig», erklärte Stiftungspräsidentin Ruth Portmann. Mündliche Überlieferungen sollen nun gezielt aufgezeichnet werden. «Es leben im Freiamt noch Menschen, welche die erfolgreichen Strohzeiten erlebt haben», ergänzt Museumsleiterin Petra Giezendanner. Gemeint ist damit die Blütezeit vor und nach dem Zweiten Weltkrieg. Diese Zeitzeugen sind heute 70- bis 90-jährig. «Diese Stimmen wollen wir erhalten», so Giezendanner weiter. Geplant sind rund 30 Gespräche mit damaligen Mitarbeitern. Vom Fabrikarbeiter bis zur Heimarbeiterin.

Im kommenden Herbst soll das Projekt «Zeitzeugen» mit den ersten Interviews gestartet werden. Die Umsetzung soll rund ein Jahr dauern. Die Aufzeichnungen sollen dann der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden – und in einer Ausstellung im Strohmuseum gipfeln. Das sei eine Art Pilotprojekt, so Giezendanner weiter. Noch werden solche Zeitzeugen gesucht. Mit diesem Projekt will man Wissen vermitteln und «ein Stück Kulturgut sichern». Zudem soll damit die Identifikation der jungen Bevölkerung mit dem Strohmuseum gefördert werden. Die Gesamtkosten für dieses Projekt betragen 87 000 Franken, die Freunde des Strohmuseums bewilligten eine Kostenbeteiligung von 30 000 Franken.

Die beiden inanziellen Unterstützungen von insgesamt 45 000 Franken seien absolut verantwortbar, betonte Präsident Burkard. Die Versammlung stimmte denn auch zweimal einstimmig zu – und stellte damit ihre Liebe zum Strohmuseum unter Beweis.


Drei neue Vorstandsmitglieder

Drei Personen galt es dann noch aus dem Vorstand zu verabschieden: Anna Hegi, Martina Kuhn und Ruth Portmann. «Alle drei haben Wichtiges für den Verein geleistet», betonte Präsident Martin Burkard.

Besondere Worte für Anna Hegi

Vor allem das Wirken von Anna Hegi wurde gewürdigt. Sie war die erste erfolgreiche Museumsleiterin. Sie habe entscheidend mitgestaltet, so Burkard. Das Trio wurde ersetzt durch Ruedi Donat (als Vertreter des Stiftungsrates), Wohlens Kultursekretärin Claudia Nick und Sidonie Koch. Tagespräsident und Alt-Regierungsrat Peter Wertli ergänzte zudem die Würdigung: «Anna Hegi hat grosse Verdienste rund um unser Museum.»

Der Vorstand der Freunde des Strohmuseums setzt sich neu folgendermassen zusammen: Martin Burkard, Präsident; Ruedi Donat; Petra Giezendanner, Leiterin Strohmuseum; Sidonie Koch; Ernst Hochstrasser; Simon Huwiler; Patrick Meyer, Finanzen; Claudia Nick; Franziska Zimmermann. --dm


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