Nicht nur schöne Momente

  30.04.2021 Boswil

«Zibbz»-Sängerin bloggt über das Muttersein

Sie vertrat die Schweiz mit «Zibbz» am Eurovision Song Contest. Seit zwei Jahren ist Corinne «Co» Gfeller Mutter. Im Blog «Two Moms» spricht sie über schöne Erfahrungen, aber auch über Tabuthemen.

Nein, auf die Musik verzichten könnte sie nie. Zu gross ist die Leidenschaft. «Wiit weg», der Song, den sie kürzlich mit dem Luzerner Sänger Kunz herausgebracht hat, ist ein Beispiel dafür. Die Sehnsucht nach Livekonzerten im Herbst ein anderes. Aber seit zwei Jahren dreht sich das Leben der in Boswil aufgewachsenen Corinne «Co» Gfeller nicht mehr nur um die Musik. Gfeller ist Mutter geworden.

Und darüber spricht sie im Blog «Two Moms», den sie zusammen mit Moderatorin Fabienne Wernly lanciert hat. Angesprochen werden nicht nur schöne Momente, sondern auch Tabuthemen. --red


«Mein Sohn hat mich geerdet»

Die Sängerin von «Zibbz», Corinne Gfeller, im Gespräch über das Muttersein, die Musik und das Basteln

Corinne «Co» Gfeller ist vor zwei Jahren Mutter geworden. Mit der Moderatorin Fabienne Wernly spricht sie im gemeinsamen Podcast «Two Moms» über Erfahrungen, die schönen Momente sowie Tabu-Themen rund um das Mutterwerden und -sein.

Celeste Blanc

Diese Frau hat viel zu erzählen: Dank ihrer Leidenschaft für die Musik ist Co Gfeller viel herumgekommen. Sie wohnte sechs Jahre in London, danach pendelte sie über zehn Jahre zwischen ihrer Wahlheimat Los Angeles und der Schweiz. Zudem bereiste sie die Welt. Und die ganze Schweiz – als Backgroundsängerin von Gölä und Sängerin der Band Zibbz tourte sie von Gig zu Gig, von Open Air zu Fernsehauftritt.

Mit der Geburt ihres Sohnes Bowie Leon im Mai 2019 änderte sich für die 35-Jährige somit einiges: Der Lebensstil, der Körper, die Beziehungen, sie selbst. «Ich bin in eine ganz andere Welt eingetaucht», meint sie schmunzelnd. Eine schöne Welt, wie sie betont – in der man sich manchmal aber auch alleine fühlen kann. Um ihre Erfahrungen mit anderen (werdenden) Müttern zu teilen, gründete sie mit der ehemaligen Energy-Zürich-Radiomoderatorin und Freundin Fabienne Wernly den Podcast «Two Moms». Die erste Staffel feierte mit insgesamt 14 Folgen am 19. Januar dieses Jahres Premiere. Und das mit Erfolg: Ab dem 1. Juni doppeln die beiden mit der zweiten Staffel nach. Zu hören sind die Episoden unter anderem auf Spotify, iTunes, Apple Podcast sowie auf ihrer Homepage.

Von Müttern für Mütter

Als Künstlerin liebte Co Gfeller ihr Leben aus dem Koffer. Dennoch war für sie immer klar, dass, wenn sie eine eigene Familie haben sollte, sie zurück in die Heimat komme. So geschah es vor zwei Jahren. Als sie und ihr Ehemann Yves Nicollier von Los Angeles ins Säuliamt zogen, war sie im siebten Monat schwanger: «Und auf der Suche nach dem Draht zur Mami-Welt und zu Frauen, mit denen ich mich austauschen konnte.» Bald kam sie durch Instagram mit Fabienne Wernly in Kontakt. Die beiden Frauen merkten schnell, dass sie nebst gleichaltrigen Söhnen viele Gedanken, Fragen, aber auch Ängste rund um ihre neue Rolle als Mutter gemeinsam hatten. «Wir fragten uns, wie es wohl anderen Frauen in dieser Situation geht. So kam die Idee mit dem Podcast auf. Beim Hören sollten sich die Frauen zugehörig, gehört und verstanden fühlen und Teil einer Community werden», erzählt Gfeller, «sozusagen von Müttern, für Mütter.»

In ihren ersten vierzehn Podcast-Folgen griffen sie all jene Themen auf, die sie an der «Mami-Welt» interessierten: «Einerseits redeten wir über unseren Alltag und eigene Erfahrungen, andererseits interviewen wir spannende Personen, die Einblick in ihr Leben oder ihr Schicksal gaben.»

Noch immer Tabu-Themen

Die beiden Frauen greifen auch unverblümt unkonventionelle Themen wie den Dammriss bei der Geburt, den «After-Baby-Body» oder das Windeltragen bis zwei Wochen nach der Geburt auf. «Es gibt so viele Aspekte rund um das Mutterwerden und -sein, die aus Scham, Angst vor Verurteilung oder Ignoranz noch immer irgendwie tabu sind», so Gfeller.

Sie thematisieren in ihrem Podcast auch wenig geläufige Themen wie das «Gender Disappointment», also die Enttäuschung, wenn das Kind nicht das gewünschte Geschlecht hat, oder die Häufigkeit von Fehlgeburten. «Auch die weniger schönen Themen gehören zur Schaffung von neuem Leben dazu. Darüber sollte man reden», findet die ehemalige Boswilerin. Und nicht nur Mütter, sondern auch Väter kommen zu Wort.

Perspektive wechseln

Was ursprünglich aus Interesse an der Sache selbst entstand, erreicht heute um die 20 000 Zuhörerinnen und Zuhörer. Über drei Monate ist der Podcast nun online, und das Mami-Duo freut sich über zahlreiche positive Rückmeldungen. Für Gfeller selbst sind die Podcasts Quelle der Energie und Inspiration. Die Geschichten und Ansichten anderer Mütter seien immer wieder eine Chance, die Perspektive zu wechseln und die Anforderungen an sich selbst zu relativieren, so die Sängerin.

Nicht zu hart mit sich ins Gericht gehen – daran arbeitet auch die selbstbewusste Musikerin: «Mutter werden ist wie ein neuer Job, bei dem man dazulernen muss. Es kann nicht alles perfekt sein, Mütter sind schliesslich auch nur Menschen.» Und zusätzlich müsse man nebst der Verantwortung für einen kleinen Menschen auch mit einer kompletten Veränderung des eigenen Lebens klarkommen.

Fremdgesteuert

«Vor der Schwangerschaft lebte ich egoistisch. Ich konnte jeden Tag so gestalten, wie ich wollte. Das ist nun nicht mehr so – ich werde fremdgesteuert durch meinen kleinen Sohn», lacht Gfeller. Ihr Leben ist viel ruhiger geworden. Auch mache sie sich nicht mehr so grossen Druck, immer dem nächsten Hit nachzurennen. «Mein Sohn hat mich geerdet», so Gfeller. Sie geniesse die Zeit mit ihrem Sohn, der Familie und den Freunden. Dank ihrem Sohn lebt sie bewusst im Moment und holt das nach, wofür vorher keine Zeit war: Geburtstage von Freunden oder Treffen mit der Familie. Obwohl sie es liebt, Vollzeit-Mami zu sein, könnte sie einem nie abschwören: «Musik ist und bleibt meine Leidenschaft. Sie ist ein wichtiger Ausgleich, den ich brauche.»

Gfeller ist eine Powerfrau. Nebst dem Muttersein steckt sie seit den letzten Wochen in der Produktion und Finalisierung der zweiten Staffel von «Two Moms». Auch hat Gfeller kürzlich mit dem Luzerner Sänger Kunz den Song «Wiit weg» rausgebracht. Im Herbst wollen die beiden – sofern es Corona zulässt – die abgesagte Tour von diesem Frühling nachholen. «Die Schweiz ist zum Glück so klein, da kann ich nach den Konzerten abends nach Hause zu meinen beiden Männern gehen», zwinkert sie. Mit «Zibbz» ist zurzeit nichts Konkretes in Planung. Da ihr Bruder Stee selber vor Kurzem Vater geworden ist, wollen es die beiden ruhig angehen. Und was macht sie, wenn sie mal ein paar Minuten für sich hat? «Dann bastle ich. Ich liebe es, Geschenke für Freunde selber zu machen», lacht sie. Oder sie geht raus in die Natur, etwa ins Murimoos oder ins Schongiland.

Mehr zum Blog finden Interessierte unterr https://twomoms.podigee.io.


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