Dicker als ein Baumstamm

  30.04.2021 Mutschellen

Momentaufnahme: In zwei Wochen ist der Hasenbergturm erstellt

Rund 120 Kubikmeter Holz wurden für die Konstruktion des Hasenbergturms verarbeitet. 4500 Nägel halten die Träger, Balken und Streben zusammen. Dank der präzisen Vorarbeit bei der Firma Erni Holzbau AG wächst der Turm unglaublich rasch in die Höhe.

Erika Obrist

Es wird doch jetzt nicht anfangen zu regnen. Die Kiebitze, die sich vorgestern Morgen eingefunden haben auf der Baustelle Hasenbergturm, werfen einen skeptischen Blick nach oben. Ein paar wenige Tropfen fallen aus den schwarzen Wolken. Zu wenige, um die Kapuze der Jacke hochzuschlagen. Sie würde auch den Blick versperren auf das Schauspiel, das vor den Augen der Neugierigen in Gang ist. Ein Spezialkran hebt ein Wandteil des Turms an. Zieht es hoch über das Gerüst. Senkt es langsam ab bis auf das bereits eingebaute Wandteil darunter. Präzisionsarbeit. Zimmerleute verschrauben Metall- und Holzteile in luftiger Höhe. Handys und Fotoapparate halten den Vorgang fest, der an diesem Morgen dreimal zu bestaunen ist.

Roland Müller aus Berikon ist fast jeden zweiten Tag auf der Baustelle. Hält mit seinem Fotoapparat den Baufortschritt fest. Er wird eine Broschüre anfertigen. Ob sie fertig wird auf die Einweihung des Aussichtsturms hin? Er weiss es noch nicht. Ziel wäre es.

Täglich viele Neugierige

Aufmerksamer Beobachter ist auch Arthur Brunner aus Berikon. «Ich war als Kind noch auf dem alten Hasenbergturm neben dem Restaurant», erzählt er. Hat ab und zu zu den Hühnern geschaut, deren Stall direkt neben dem Turm stand, und sich so ein Sackgeld verdient. Bedeutend kleiner sei der frühere Turm gewesen, weiss er zu erzählen, während er staunend auf die Baute schaut, die vor seinen Augen in die Höhe wächst.

«Beeindruckend, wie der Bau abläuft», findet Felix Irniger aus Widen. Der ehemalige Wider Gemeindeschreiber ist im Vorstand des Trägervereins Hasenbergturm und regelmässig bei der Baustelle anzutreffen. Manchmal nimmt er seine Enkelin mit. «Sie ist jeweils völlig fasziniert», erzählt er. Später stösst noch Peter Spring zu der Gruppe. Dem Gemeindeammann von Widen und Präsidenten des Trägervereins ist die Freude über den Baufortschritt ins Gesicht geschrieben. Alle Arbeiten sind im Zeitplan. Die Aufrichtefeier mit den Handwerkern ist terminiert.

Die Baustelle übt eine magische Anziehungskraft aus. Leute kommen zu Fuss oder mit dem Velo auf den Hasenberg. Wollen sehen, wie ein Aussichtsturm gebaut wird. Nur einer ist an diesem Morgen nicht vor Ort: Tobias Wili, der Projektverantwortliche bei der Firma Erni Holzbau AG aus Schongau, die zur Erni-Gruppe gehört. Er hat zusammen mit seinem Team den Bau geplant. Minutiös.

Jedes Detail gezeichnet

«Das Projekt landete letzten November auf meinem Schreibtisch», erklärt Tobias Wili am Telefon. Zusammen mit Ingenieur Raphael Greder habe man geschaut, wie die Erni Holzbau den Auftrag umsetzen soll. Im Dezember habe man eine Musterecke angefertigt. Hier konnte studiert werden, wie die Träger verbunden werden müssen und ob die Arbeiten im eigenen Betrieb ausgeführt werden können. «Mitte Dezember haben wir angefangen zu zeichnen», so Wili. Jedes Verbindungsteil, jede Schraube wurde dreidimensional festgehalten. Auch das Anfertigen der Stahltreppen wurde so vorbereitet. «Die Treppenteile angefertigt hat die Firma Krieger Produktion in Ruswil», so Wili.

Acht Transporte notwendig

Die Verarbeitung der Fichtenstämme aus den Wäldern des Forstbetriebs Mutschellen fand in den Hallen der Firma Erni in Schongau statt. Die vier Zentimeter dicken Bretter wurden zugeschnitten und verleimt zu Balken, Streben und Riegeln. «Der grösste Balken weist eine Grundfläche von 36 auf 56 Zentimeter auf. Das ist dicker als ein Baumstamm», sagt Wili fast ehrfürchtig. Löcher für die Schrauben wurden gebohrt, Schlitze und Metallplatten angebracht für den späteren Zusammenbau. Zudem sind die Balken mit Alublech abgedeckt, damit kein Wasser eindringen kann. «Das haben wir in der eigenen Spenglerei ausgeführt.» Auch die braunen Platten für die Fassade wurden im eigenen Betrieb zugeschnitten, imprägniert und aufgestapelt. Dann wurde das Holz in der richtigen Reihenfolge mit acht Transporten auf den Hasenberg gebracht.

Wandteile am Boden zusammengebaut

Vor zwei Monaten wurde mit dem Zusammensetzen der Balken, Streben und Riegel am Boden begonnen. Je drei Wandelemente pro «Stockwerk» wurden so zusammengebaut. Jedes über sechs Tonnen schwer. Dann mit dem Spezialkran hochgehoben und auf der Innenseite des Baugerüsts platziert. Wenn die drei Wände stehen, werden auch die vorgefertigten Treppenelemente eingebaut. Vier sind es pro Stockwerk. Vorgestern wurde das dritte «Stockwerk» montiert. Nun werden noch das vierte Stockwerk und das Dach am Boden zusammengesetzt. In zehn Tagen werden sie montiert. «Das Dach wiegt 7,7 Tonnen», zeigt Wili die Dimension auf.

Ist der Turm fertig, so werden an die 120 Kubikmeter oder rund 60 Tonnen Holz und rund 4500 Nägel für die Konstruktion verarbeitet sein. Dazu kommen noch die Platten der Fassade und die Treppen. Ein gewaltiges Werk. Auch für die Erni-Gruppe, bei der 73 Leute beschäftigt sind. «Rund die Hälfte davon stammt aus dem Freiamt», weiss Wili.

Aussergewöhnliches Bauwerk

«Auch für mich ist der Aussichtsturm auf dem Hasenberg ein aussergewöhnliches Bauwerk», verrät Tobias Wili. Während seiner Ausbildung habe er beim Errichten von zwei, drei Türmchen auf Einfamilienhäusern mitarbeiten können. «Aber einen Aussichtsturm habe ich zuvor noch nie gebaut.»

Aussergewöhnlich sei der Bau zudem, weil gemäss Brandschutzvorschriften Holzgebäude höchstens 30 Meter hoch sein dürfen. Der Hasenbergturm wird deutlich höher: Die oberste Plattform befindet sich auf 35 Metern. Eine Ausnahmebewilligung macht es möglich. «Es ist alles etwas grösser auf dieser Baustelle», sagt Wili. Und auch dank ihm und seinem Team ist das Werk bisher äusserst gelungen.

Für Interessierte: Geht es nach Plan, so werden am 10. Mai die drei Elemente des vierten Segments eingebaut, am 11. Mai folgt das Dach.


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