Den Kippen den Kampf angesagt

  23.03.2021 Wohlen

Zwei Bezklassen beteiligten sich an der Aktion «stop2drop»

Sie sind klein. Aber sie sind ein Problem. Achtlos weggeworfene Zigarettenstummel stellen eine Belastung für die Umwelt dar. Noch bis Ende März machen sich Freiwillige in der ganzen Schweiz ans Aufsammeln. Auch in Wohlen.

Chregi Hansen

Man entdeckt sie eigentlich überall. Auf der Strasse, am Strassenrand, auf den Trottoirs. Auf Plätzen, entlang von Hausmauern, am Waldrand oder in der Wiese. Aber sie sind so klein, dass man sie gerne übersieht. Und so klein, dass sich mancher Raucher denkt: Macht ja nichts. Und die Reste seiner Zigarette mehr oder weniger elegant wegschnippt. Aus den Augen, aus dem Sinn.

0,25 Gramm wiegt ein Zigarettenstummel in etwa. Nicht viel also. Und doch sind sie eine Belastung für die Umwelt. Denn sie verschwinden ja nicht einfach so – der vollständige Abbau kann bis zu 15 Jahre dauern. Regen und Schnee lösen dabei die giftigen Stoffe wie Arsen, Blei, Kupfer, Chrom, Kadmium, Formaldehyd, Kohlenwasserstoffe und Nikotin aus den Stummeln. Diese gelangen ins Erdreich und später ins Wasser und können zum Tod von Fischen und anderen Tieren führen.

Die Filter enthalten zudem Plastik. Es dauert 10 bis 15 Jahre, bis sie sich in der Natur auflösen. Vögel und Kleintiere halten die Stummel für Nahrung, aber auch kleine Kinder stecken sich diese Dinger in den Mund und können sich vergiften oder daran gar ersticken.

Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) landen zwei Drittel aller gerauchten Zigaretten auf dem Boden. Weltweit gelangen so etwa 4,5 Billionen Zigarettenkippen pro Jahr in die Umwelt. Und stellen dort eine Belastung dar. Um darauf aufmerksam zu machen, wurde in der Schweiz die Aktion «stop2drop» lanciert. Lanciert wurde die Idee von Lehrer Manuel Hirschi aus Burgdorf. Er ging im Herbst mit seinen Schülern erstmals auf Sammeltour – dabei kamen 50 000 Stummel zusammen. Dank der Unterstützung der Aktion «Experiment Nichtrauchen» wird die Aktion jetzt schweizweit durchgeführt. Ziel der Organisatoren ist es, bis Ende März eine Million Stummel einzusammeln.

In kleinen Gruppen unterwegs

Unterstützung erhält die Aktion nun auch aus Wohlen – zwei Bezklassen haben sich am Freitag ebenfalls ans Sammeln gemacht. Ausgerüstet mit Warnjacken, PET-Flaschen und den Abfallgreifern machten sich die Schüler und Schülerinnen in kleinen Gruppen auf den Weg und suchten vorher festgelegte Strassen und Plätze ab. «Wir beteiligen uns beim Experiment Nichtrauchen, dadurch wurden wir auf die Aktion aufmerksam», erklärt Lehrerin Susanne Ganarin. Für die Schüler und Schülerinnen der beiden Klassen 1c und 2d war klar, da machen wir auch mit. «Es ist toll, wie sie sich für die Sache begeistern», freut sich Ganarin.

Und das ist nicht selbstverständlich, denn schliesslich gehören die betreffenden Jugendlichen nicht zu den Verursachern. Also zu den Rauchern. «Aber von den Stummeln und den daraus folgenden Umweltschäden sind wir alle betroffen», sagt die Lehrerin. Sie findet es wichtig, dass in der Schule auch solche Themen behandelt werden. «Wir nehmen das Experiment Nichtrauchen zum Anlass, über problematische Verhaltensweisen zu sprechen. Da passt diese Sammelaktion gut dazu», so Ganarin weiter. Auch wenn es ganz schön anstrengend ist, wie Blentin Tosuni und Nikolay Stankov kurze Zeit später auf ihrem Weg entlang der Bremgarterstrasse feststellen. «Aber wir machen es gerne», betonen die beiden Bezschüler.

Medienwirksam präsentieren

Doch nicht nur die Schüler und Schülerinnen sollen sensibilisiert werden, sondern die ganze Bevölkerung. Gesammelt wird in der halben Schweiz, die beteiligten Klassen und Organisationen schicken die gesammelten Zigarettenstummel an die Organisatoren. Alle Kippen werden gezählt und sollen dann am 30. März medienwirksam präsentiert werden. «Wir sind alle gespannt, in welcher Form das passiert. Und sind stolz, dass wir auch einen Beitrag geleistet haben», betont die Lehrerin.

Direkt neben dem Abfalleimer

Das Ergebnis kann sich dabei sehen lassen. Die beiden Klassen haben insgesamt 8799 Zigarettenstummel gesammelt, die eine Klasse in knapp 2 Stunden, die andere in 1,5 Stunden. «Ich hatte den Eindruck, Wohlen sei noch nie aufgeräumt worden und jede Zigarette sei auf dem Boden entsorgt worden», fasste Jan Degischer seine Erfahrungen zusammen. Besonders schlimm war es rund um den Bahnhof und vor allem auf den Gleisen. Aber dort konnten die Jugendlichen natürlich nicht sammeln. Auch die Bushaltestellen oder die Mofaabstellplätze waren schlimm. «Besonders geärgert haben mich die Kippen direkt neben den Abfalleimern. Das ergibt für mich gar keinen Sinn», ärgert sich Rafael Komani.

«Es war erstaunlich, wie viele Zigarettenstummel am Boden herumliegen. Mir wäre wahrscheinlich nur die Hälfte davon aufgefallen, wenn wir uns nicht intensiv damit beschäftigt hätten», fasst Schülerin Helena Gjoni ihre Erfahrung zusammen. Die Schüler und Schülerinnen haben etliche Komplimente erhalten für ihre Arbeit. «Das motivierte uns natürlich und stiftete uns dazu an, weiterzumachen», berichtet Helena weiter. «Mit dieser Aktion versuchen wir, auch andere dazu zu bewegen, etwas Gutes für unsere Umwelt zu tun und ein Vorbild für andere zu sein», fügt sie an. Und hofft, dass diese Aktion vielleicht andere dazu bewegt, ihre Zigarettenstummel korrekt zu entsorgen. Und wie man weiss, stirbt die Hoffnung ja zuletzt.


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