«Uno, due» bringt die Erlösung

  27.11.2020 Fussball

Fussball, Super League: FC Basel – FC Lausanne 2:1 – Ciriaco Sforza gewinnt das Freiämter Duell gegen Joel Geissmann

Der Wohler Ciriaco Sforza atmet durch. Nach dem schlechtesten Saisonstart des FC Basel seit neun Jahren ist der Druck nach dem 2:1-Sieg weg – wenigstens ein bisschen. Der Hägglinger Joel Geissmann bestreitet gegen Basel sein 100. Spiel für Lausanne.

Stefan Sprenger

Ciriaco Sforza sieht das Unheil kommen. Der FC-Basel-Trainer ist pausenlos am Dirigieren. In der Schlussphase schwimmt sein Team. Und das trotz 2:0-Führung. Das Offensiv-Pressing lässt die Beine immer müder werden. «Ruhig. Bleibt ruhig», schreit er immer wieder in den leeren St.-Jakob-Park hinaus. Doch Lausanne drückt, wird immer stärker. Evann Guessand erzielt in der 91. Minute das Anschlusstor zum 2:1.

Drei Ex-Wohler bei Lausanne

Der Schlusspfiff von Schiedsrichter Stefan Horisberger wirkt wie eine Erlösung für den FCB. «Das 2:2 wäre schade gewesen», meint Ciriaco Sforza im Anschluss an die Partie. Dem Wohler ist die Erleichterung über den Sieg anzusehen. Der Druck vor dieser wegweisenden Partie ist gross. Denn der FC Basel legte den schlechtesten Saisonstart hin seit 2011. Damals holten die Basler unter Trainer Heiko Vogel am Ende der Saison trotzdem den Titel – mit 20 Punkten Vorsprung.

Der Wohler Ciriaco Sforza spielt als Chefcoach des FC Basel in diesem Spiel eine Hauptrolle. Doch es gab noch drei andere Beteiligte mit Freiämter Wurzeln, die in Erscheinung traten. Sie sind allesamt bei Aufsteiger Lausanne unter Vertrag. Verteidiger Noah Loosli spielte 2016/17 beim FC Wohlen. Co-Trainer Umberto Romano war zwischen 2012 und 2015 auf den Niedermatten tätig – unter anderem als Assistent von Sforza in der besten Saison der Vereinsgeschichte.

Ein besonderer Abend ist es für den Hägglinger Joel Geissmann. Er machte sein 100. Spiel für Lausanne. Der 27-jährige Mittelfeldspieler zeigt dabei eine starke Leistung. Läuferisch ist er einer der Besten, kämpferisch wie gewohnt vorbildlich – und er spielt nicht einen einzigen Fehlpass. In der 15. Minute geht er im Mittelkreis zu hart ran und holt sich früh die Gelbe Karte ab. Nach 70 Minuten wird er ausgewechselt und erhält von Trainer Giorgio Contini einen lobenden Klaps. Für Geissmann ist es der erste Startelf-Einsatz seit dem 17. Juli. Damals zieht er sich eine Adduktorenverletzung zu und fällt längere Zeit aus. «In Anbetracht dessen bin ich zufrieden. Ich kann aber noch mehr», meint Geissmann. Seine Leistungen werden mit zunehmender Spielpraxis besser werden, verspricht er. «Ich bin vor allem froh, endlich schmerzfrei zu sein.»

Das Spiel wärmt auch nicht auf

Kälteresistent musste man im St.-Jakob-Park in Basel sein. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und einer eisigen Bise zitterten die vierzig anwesenden Medienschaffenden vor sich hin. Ein Journalist hat sich auf seinem Pult gar einen elektrischen Heizer aufgestellt. Die Partie erwärmt auch nicht. FCB-Trainer Sforza steckt die Hände tief in die schwarze Jacke und bleibt während der gesamten ersten Halbzeit am linken, oberen Rand seiner Trainerbox stehen. Immer wieder hallt seine Stimme durch das leere Stadion. Es sind mehr Fussballfloskeln als detaillierte Anweisungen. «Spielt Fussball», «Lass den Ball laufen» oder «Gas geben».

Sforza nach 2:0: «So einfach»

Er muss auch nicht gross eingreifen, sein Team hat die Partie grösstenteils im Griff. In der Offensive fehlt das Spiel in die Tiefe und der letzte, entscheidende Pass. Lausanne verteidigt solidarisch und beschränkt sich auf Konter. In der 41. Minute belohnt sich der FCB für den grossen Aufwand. Flanke Jorge, in der Mitte lässt Noah Loosli durch, Valentin Stocker trifft. 1:0. Nur kurz nimmt Sforza seine Hand aus der Jacke, ballt eine Faust und gibt sofort wieder Anweisungen.

Im zweiten Durchgang vergibt Lausanne-Stürmer Aldin Turkes nach einer Stunde die grösste Chance auf den Ausgleich. Freistehend köpfelt er drüber. Die Westschweizer werden besser, Basel lässt immer mehr nach. Dafür wird Sforza an der Seitenlinie einiges aktiver. Sein Team braucht ihn jetzt. Immer lauter, immer vehementer werden seine Zwischenrufe. «Uno, due» schreit er verzweifelt rein. Sein Credo, einfaches Spiel, soll mit dem italienischen Ausdruck für einen Doppelpass zum Erfolg führen.

Und tatsächlich führt genau so ein «uno, due» zum 2:0. Pajtim Kasami passt auf Fabian Frei – dieser spielt zurück auf Kasami. Doppelpass. Tor. 2:0. «So einfach», ruft der erleichterte Sforza.

In der Schlussphase läuft der Wohler so richtig heiss. Während Lausanne-Trainer Giorgio Contini lautund bewegungslos zusieht. Bei der Pressekonferenz sagt jener Contini: «Es war ein Spiel auf Augenhöhe. Mein Team macht Spass, aber das Resultat passte nicht. Die Effizienz machte den Unterschied.» Joel Geissmann, der Freiämter in Diensten von Lausanne, sagt: «Es war kein schlechtes Spiel von uns. Jedoch fehlte die Durchschlagskraft. Zudem war das erste Tor der Basler ein Geschenk von uns. Es wäre definitiv mehr möglich gewesen. Wir müssen uns an der eigenen Nase nehmen.»

Lausanne hat in Statistiken die Nase vorn

Sforza analysiert: «Die letzten fünf Minuten haben mir gar nicht gefallen. Das Gegentor darf nicht passieren. Daraus müssen wir lernen.» Er sprüht vor Optimismus. «Wir brauchen Spielrhythmus. Dann sind wir für jedes Team der Super League ein starker Gegner», meint er.

Auf den Tabellenführer Young Boys hat Basel «nur» noch fünf Punkte Rückstand und steht auf dem 5. Rang. Nicht schlecht, aber trotzdem nicht gut genug für den FC Basel. Für Ruhe am Rheinknie braucht es Siege.

Immer wieder spricht Sforza die besondere Coronasituation an. «Es ist nicht einfach», sagt er. Das Team habe aber Qualität, zeigt Willen und Teamgeist. «Es ist viel Potenzial für die Zukunft da. Wir werden immer stärker.» Der Sieg gegen Lausanne war bitter nötig, aber keinesfalls überragend. Lausanne – das auf den 6. Rang abrutscht – hat in mehreren Statistiken die Nase vorn. Mehr Schüsse (18 zu 13), mehr Ballbesitz (53 zu 47 Prozent) und mehr Eckbälle (8 zu 7).

Für beide Teams wartet am Sonntag (16 Uhr) ein aktuelles Topteam. Basel trifft auswärts auf den Tabellenzweiten Lugano. Lausanne empfängt zu Hause Tabellenführer Young Boys. Aufgrund der Coronasituation werden englische Wochen folgen. Es sind wegweisende Spiele für beide Freiämter Protagonisten. «Wir wollen jetzt nicht nur gut spielen, sondern uns auch belohnen», meint Joel Geissmann. Sforza sagt: «Die Spieler wollen lernen, sie müssen es nur noch konsequent umsetzen.»

Eine Begegnung zwischen dem Wohler Sforza und dem Hägglinger Geissmann gab es übrigens nicht. Vielleicht beim nächsten Duell? Zum Abschluss der Vorrunde empfängt Lausanne dann den FC Basel. Aufgrund der Coronasituation ist dieses Spiel aber erst im Februar angesetzt.


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