Jetzt wird der Engpass beseitigt
17.11.2020 WohlenDie Sanierung und Aufwertung der Nutzenbachstrasse kommt gut voran – ein Augenschein
Seit August laufen die Arbeiten. Viel zu sehen ist von der neuen Strasse noch nicht. Denn bisher ging es in erster Linie um die Verlegung von Leitungen und eines Entlastungskanals sowie um Vorbereitungsarbeiten. Mit dem Ersatz der SBB-Brücke wird eine wichtige Etappe gestartet.
Chregi Hansen
Nervosität? Davon ist nichts zu spüren an diesem Freitag. Dabei treten die Arbeiten in eine ganz wichtige Phase. Am Wochenende werden die beiden Hilfsbrücken für die SBB-Gleise eingebaut. «Damit wird ein wichtiger Meilenstein gesetzt», sagt Thomas Meile, Projektleiter bei der Abteilung Tiefbau des Kantons.
Tatsächlich ist die geplante neue Unterführung unter den Gleisen ein zentrales Element im Projekt. Sie wird nicht nur so breit, dass zwei Lastwagen problemlos aneinander vorbeikommen, sie wird vor allem auch höher. Genauer gesagt tiefer. «Das Niveau der Gleise können wir nicht verändern, also müssen wir die Strasse tiefer legen», erklärt Bauingenieur Max Schödler von der Ingenieurgemeinschaft IG K265. Dabei geht es nicht um wenige Zentimeter. «Wir graben vom jetzigen Strassenniveau rund 3,5 Meter in die Tiefe», berichtet Stefan Hohl, technischer Leiter Tiefbau bei der Notter AG, welche die Arbeiten in der Arbeitsgemeinschaft Bruno ausführt.
Schwierige Bodenverhältnisse
Dies ist nötig wegen des nicht ganz einfachen Untergrunds. «Wir haben hier schwierige geologische Verhältnisse mit hoch liegendem Grundwasser», erklärt Schödler. Das macht den Bau zu einer Herausforderung. Für den neuen Strassenkoffer sowie das Fundament der Brücke wird darum eine dicke Betonschale benötigt, welche das Wasser abhält und für die nötige Stabilität sorgt. Überhaupt – wie der Aufbau der Strasse genau aussieht, ist derzeit in abschliessender Klärung in Zusammenarbeit mit einem geotechnischen Berater. «Wir haben den Vorteil, dass wir am Standort des neuen Kreisels bei der Ferro ähnliche Verhältnisse haben. Dort sind wir aktuell an Tests, um den optimalen Aufbau zu definieren», so Schödler.
Vorerst aber gilt die Konzentration in erster Linie der neuen Unterführung. In den letzten Wochen wurden bereits die Pfähle für die Ersatzbrücke gesetzt. Zudem wurde das dritte, nur durch die Industrie genutzte Gleis herausgebrochen. Am Wochenende wurden nun die beiden SBB-Gleise abgeräumt, die alte Brücke herausgebrochen und die Gleise auf zwei Hilfsbrücken gestellt. Pro Nachteinsatz konnte ein Gleis ersetzt werden. «Dafür wurde von Freitagnacht bis Montagmorgen fast rund um die Uhr gearbeitet», erklärt Meile. Dies in Absprache mit den SBB, die nur ganz kurze Zeitfenster zur Verfügung stellen können. «Es handelt sich um die am intensivsten befahrene Strecke für den Güterverkehr, die darf nicht länger als nötig unterbrochen sein», so Meile. Zudem müssen beim Bau natürlich alle Sicherheitsvorschriften eingehalten werden. «Da brauchte es klare Absprachen im Vorfeld, jeder muss wissen, was zu tun ist», so Schödler.
Vorbereitung benötigte viel Zeit
Dass am Tag vor dem Bau keine Nervosität spürbar ist, hat mit den bisherigen Erfahrungen zu tun. «Die Arbeiten kommen gut voran», erklärt Meile. In einer ersten Phase wurden die vielen Werkleitungen verlegt, welche unter der Unterführung durchführen. Auch ein Hochwasser-Entlastungskanal musste verlegt werden. Zudem wurden die Leitungen mithilfe des Wellpoint-Verfahrens verlegt, mit dem das Grundwasser abgesenkt werden kann. «Bisher ging es in erster Linie um Vorbereitungsarbeiten, mit dem Ersatz der Brücke starten wir nun mit der eigentlichen Sanierung», sagt der Bauingenieur.
Von einem «spannenden Projekt direkt vor der Haustüre» spricht Stefan Hohl von der Firma Notter. «Die schwierige Bodensituation war im Vorfeld bekannt. Aber wir haben jetzt zwei mögliche Varianten für die neue Kofferung gefunden», sagt er. Während die Wohler Unternehmung in Sachen Strassenbau über ganz viel Erfahrung verfügt, ist die SBB-Brücke für sie eine spezielle Herausforderung. «Dafür haben wir uns Unterstützung von der Firma Brun geholt, mit der wir schon oft zusammengearbeitet haben», sagt Hohl.
Überhaupt – an diesem Projekt wirken ganz viele Beteiligte mit. Und es gilt ganz vieles zu beachten. «Wir können ja nicht einfach die ganze Strasse für zwei Jahre abriegeln, die Unternehmen entlang der Strasse müssen für ihre Kunden und Mitarbeiter immer erreichbar sein», sagt Thomas Meile. Dafür sind immer wieder Absprachen notwendig. Kommt dazu, dass es um zwei Gemeinden geht mit jeweils verschiedenen Ansprechpartnern. «Wir müssen auf ganz vieles Rücksicht nehmen, aber bisher klappt das sehr gut», so der Projektleiter weiter.
Hoffnung für Wohlen – Verkehr grossräumiger umleiten
Gab es am Anfang noch Velofahrer und Fussgänger, welche die Absperrungen bei der Unterführung ignoriert haben, so hat sich die Situation inzwischen gebessert. Verbessern soll sich auch schon bald die Verkehrssituation im Wohler Zentrum, das von der Sperrung stark betroffen ist. «Wir wollen den Verkehr grossräumiger umleiten und schon auf der Autobahn die entsprechenden Hinweise signalisieren», macht Meile deutlich.
Die Schilder werden vermutlich schon in den nächsten Tagen montiert. Damit soll der Verkehr durch Wohlen selber reduziert werden. «Wenn man sieht, wie das Zentrum aktuell verstopft ist, wird einem erst bewusst, wie wichtig die Nutzenbachstrasse und damit auch das Sanierungsprojekt ist», so Schödler.
Noch dauert es einige Zeit, bis die Strasse wieder befahren werden kann. «Wir sind noch ganz am Anfang», ist sich der Projektleiter bewusst. Während nun die Arbeiten an der Unterführung starten, wird parallel dazu die bestehende Strasse saniert respektive auf der Wohler Seite verlegt. Weil der Nutzenbach in Zukunft mehr Raum erhält und entlang der Strasse ein neuer Radweg erstellt wird, kommt die eigentliche Strasse weiter nördlich zu liegen. «Der schonende Umgang mit dem Kulturland ist uns ein grosses Anliegen», versichert Meile. «Wir haben darum versucht, mit dem Minimum an Eingriffen das Maximum herauszuholen.» Und natürlich müsse beim Bau auch der Bodenschutz beachtet werden. Gearbeitet wird aber nur, wenn der Untergrund genügend trocken ist – dafür wurden extra Messstellen eingerichtet.
«Es ist ein umfangreiches und komplexes Projekt», meint Thomas Meile zum Schluss, «aber eines, das dringend notwendig ist.» Und das mit dem Bau der Hilfsbrücken in eine neue Phase eintritt. Diese kommen übrigens nur zu einem Kurzeinsatz – sind die Arbeiten an der Unterführung beendet, wird die neue, definitive Brücke gebaut und die Hilfsbrücken wieder entfernt. Spätestens dann sind wieder Nachteinsätze nötig. Damit die Unterbrüche im Zugverkehr so kurz wie möglich sind.