Lust auf etwas Neues
28.08.2020 WohlenKulturpalast: Nächste Woche feiert der neue Circus der Compagnie Roikkuva Premiere
Zurück zu den Wurzeln: Nach Jahren als Strassenkünstler und an Festivals zieht es Andreas Muntwyler und Ulla Tikka zurück in die Manege. Mit dem eigenen Zelt haben sie sich einen Traum erfüllt. Nächste Woche präsentieren sie das abendfüllende Stück «Empire of Fools» auf dem Merkur-Areal.
Chregi Hansen
Der Name klingt etwas hochgestochen: Kulturpalast. Aber er passt. «Wir denken dabei nicht an einen prunkvollen Bau, sondern liessen uns eher von den kleine Clubs im Berlin der 30er-Jahre inspirieren», erklärt Andreas Muntwyler. Dort gab es neben eigenen Programmen auch Gastproduktionen zu sehen. Und genau dies sieht das Konzept des Kulturpalasts ebenfalls vor.
Doch ein klein wenig Prunk ist dennoch dabei. Denn seit diesem Frühling verfügt die Compagnie Roikkuva über ein eigenes Zelt. Davon haben Andreas Muntwyler, der Sohn von Monti-Gründer Guido Muntwyler, und seine Lebenspartnerin und frühere Monti-Artistin Ulla Tikka schon lange geträumt. Ganz in der Tradition eines Wanderzirkus wollen sie damit vor allem kleinere Ortschaften bereisen. «Es ist für uns ein grosses Abenteuer, welches wir mit Respekt angehen. Gleichzeitig freuen wir uns extrem auf das, was kommt», erklärt Muntwyler.
Raus aus der Komfortzone
Mitte Juni konnten sie das Zelt erstmals auf dem Merkur-Areal aufstellen und bekamen fünf Wochen Gastrecht. «Dafür sind wir extrem dankbar», so Muntwyler. In diesen fünf Wochen wurde das neue Programm «Empire of Fools» fertig entwickelt und perfektioniert. Unterstützung erhielt Roikkuva dabei vom Sarmenstorfer Roman Müller, dem Organisator des Zirkusfestivals in Aarau. Die vier Darsteller und Musiker verfügen zwar über viel Erfahrung. Aber ihnen war wichtig, dass jemand von aussen auf das Stück schaut. «Mit Roman, den wir schon lange kennen, haben wir den idealen Mann gefunden. Gerade auch, weil er ganz vieles anders sieht als wir», erklärt der Wohler Zirkusartist. «Er hat uns dazu gezwungen, unsere Komfortzone zu verlassen und Neues zu wagen.» Gleichzeitig bleibt Roikkuva aber ihrer Tradition treu, dem Publikum künstlerisch hochstehende und vielseitige Programme zu präsentieren, die weit über den normalen Zirkus hinausgehen.
Auf das Publikum wartet daher eine zeitgenössische Inszenierung, welche die Zirkustradition mit Clownerie, Seiltanz, Luftakrobatik und Jonglage in einen kleinen und intimen Rahmen packt und dazu eine Geschichte erzählt. Ein Zelt, ein Sägemehlrund, eng umschlossen von der Zuschauertribüne und eine unmittelbare Nähe zu den Künstlern in einer einzigartigen Atmosphäre: So sieht moderner Zirkus im Kleinformat aus. «Wir sind nur zu viert», erklärt Muntwyler, «und müssen darum in die verschiedensten Rollen schlüpfen.» Neben ihm und Ulla Tikka sind Artist Gerardo Tetilla und Musiker Samuel Messerli – Compagnie-Mitglied und «Hausmusiker» Lukas Stäger musste aus zeitlichen Gründen passen – mit von der Partie.
Ohne Schnörkel und Glamour
Diese vier machen alles selber, werfen Keulen, balancieren auf Seilen, musizieren, schleppen, bauen, betreiben die Bar und vieles mehr. Versteckt wird nichts, keine heimlichen Umbauten, von Clowns überspielte Abbauten, und Raubtiere gibt es auch keine. Höchstens ein paar sehr spezielle Pferde. Da sind einfach diese vier, die ihren Zirkus machen – und dieser Zirkus ist ruhig, wild, verschroben und verträumt zugleich, ganz ohne Schnörkel und Glamour. «Die Grundidee dazu war früh da, aber vieles hat sich erst im Laufe der Proben entwickelt», sagt Muntwyler, «aber im Zelt selber fühlten wir uns sofort wohl, es ist sozusagen schon unser Zuhause geworden.»
Diese Woche haben sie dieses Zuhause in die Ostschweiz verlegt. In Frauenfeld lassen sie einen ersten Testballon starten. Hier laden sie zur Vorpremiere ihres neuen Stücks. Danach geht es zurück nach Wohlen. Vom Mittwoch, 2. September, bis Samstag, 5. September, gastiert der Kulturpalast auf dem Merkur-Areal. Gezeigt werden am Mittwoch die Gastproduktion «Very Little Circus» von Naïma Bärlocher und Gerardo Tetilla, am Donnerstag das ältere Programm «Bargeflüster» mit Ulla Tikka und Andreas Muntwyler als Darsteller und Wolfgang Fernow und Felix Borel als Musiker. Und dann am Freitag und Samstag die neue Produktion «Empire of Fools» als eigentliche Premiere.
Es folgen im September weitere Gastspiele in Unterägeri, Uster und Rheinfelden. Andreas Muntwyler und seine Mitstreiter freuen sich auf die kommenden Auftritte. Auch wenn wegen Corona vieles anders ist. So dürfen – Stand jetzt – nur 100 Personen eingelassen werden. «Es ist keine einfache Zeit, aber wir sind froh, dass wir überhaupt auftreten können», sagt der Wohler Seiltänzer.
Möglichkeit nutzen, Erfahrungen zu sammeln
Die kurze Tournee gibt den Beteiligten zudem die Möglichkeit, erste Erfahrungen zu sammeln. «Fünf Orte, das ist überschaubar», sagt Muntwyler. «Schliesslich muss sich vieles erst einspielen. Wir sind nur vier Darsteller, aber der Aufwand ist gross.» Dabei erhält man Unterstützung vom Circus Monti, besonders beim Aufund Abbau.
Finanziell aber reichen fünf Gastspiele nicht, im nächsten Jahr plant der Kulturpalast darum eine grössere Tour. Schliesslich war der Kauf eines eigenen Zeltes eine grosse Investition. «Uns zieht es nicht in die grossen Städte, sondern an die Orte, in denen die grossen Zirkusunternehmen nicht mehr haltmachen.» Dies ganz in der Tradition eines Wanderzirkus, den sie in ihrem neuen Programm würdigen.
Die geplanten Vorführungen
Mittwoch, 2. September, 15 Uhr: Very Little Circus. – Donnerstag, 3. September 20.15 Uhr: BARgeflüster. – Freitag, 4. September, 20.15 Uhr: Empire of Fools. – Samstag, 5. September 20.15 Uhr: Empire of Fools. Die Zuschauerzahl ist auf jeweils 100 Personen beschränkt. Vorverkauf: www.kulturpalast.ch. Abendkasse geöffnet.