Die Veloprüfungen finden dieses Jahr auf dem Verkehrsgarten im Sportpark Bünzmatt statt

In diesem Jahr ist vieles anders als sonst. Die Theorieprüfung fand online statt, die praktische Fahrt im Verkehrsgarten in Wohlen. Gleich geblieben ist die Nervosität der Kinder. Und das strenge Auge des Polizisten.

Chregi Hansen

Noch einmal geht es in Richtung Kreisel. Noch einmal einspuren. Noch einmal das Handzeichen geben und korrekt abbiegen. «Sehr gut, das war eine Null-Fehler-Fahrt», lobt Claudio Gygax. «Genauso müsst ihr es machen», ruft er den noch wartenden Schülern in Erinnerung.

Und schon ist das nächste Mädchen unterwegs. In diesen Tagen werden im Verkehrsgarten im Schüwo-Park die Prüfungen quasi im Minutentakt abgenommen. Und während die Kinder und ihre Lehrpersonen stündlich wechseln, hält Claudio Gygax den ganzen Tag die Stellung. Er ist seit zwei Jahren als Verkehrsinstruktor der Repol Wohlen tätig. Trotz der ungewohnten Umstände ist er die Ruhe selbst. «2018 fiel die Prüfung aus. Darum musste ich letztes Jahr die Prüfung für die 4. und 5. Klassen abnehmen, das waren mehr als 1000 Schüler», berichtet er. 44 Klassen traten damals zum Fahrtest an, da sind die 24 in diesem Sommer schon fast Erholung.

Letztes Jahr die Feuertaufe erlebt

Kommt dazu, dass der Aufwand für die Prüfung viel kleiner ist als in den Vorjahren. Die Theorieprüfung wurde im Vorfeld online absolviert. Und der praktische Test aller Vertragsgemeinden findet erstmals im Verkehrsgarten statt und nicht mehr auf einer bestimmten Strecke im Dorf. «Normalerweise waren wir in Wohlen, Dottikon und Villmergen unterwegs. Da brauchte es überall viele Helfer, welche an bestimmten Punkten die Fahrer kontrollieren», erklärt der Verkehrsinstruktor. Hier hat er die Fahrt von einem Ort aus im Blick.

Die Bewährungsprobe als Prüfungsort hat der Verkehrsgarten hinter der Eishalle bereits letztes Jahr bestanden. «Weil die beiden Klassen aus Dintikon beim Prüfungstermin im Lager waren, absolvierten sie den Test später auf diesem Platz», berichtet Gygax. Die Infrastruktur hat sich dabei bestens bewährt. Und kommt der Regionalpolizei Wohlen nun im Coronajahr entgegen. Denn wegen der Schliessung der Schulen im März waren auch die Übungsfahrten der Viertklässler nicht mehr möglich.

Um die Schüler und Schülerinnen trotzdem auf die Prüfung vorzubereiten, erhielten sie die Möglichkeit, auf dem Verkehrsgarten zu trainieren. «Wir haben die Eltern per Brief über die Situation informiert und diesem auch einen Plan der Teststrecke beigelegt. Zudem war ich persönlich jeden Mittwoch- und Freitagnachmittag vor Ort und habe geholfen», so der Regionalpolizist. «Und man sieht an dieser Prüfung sofort, wer wirklich geübt hat und wer nicht.» Insgesamt ist er zufrieden mit den Leistungen seiner Schützlinge. «Ich sehe, dass die meisten Schüler in den letzten Wochen grosse Fortschritte gemacht haben.»
Inzwischen ist der nächste Schüler auf seiner Runde. Er wirkt unsicher, die Fahrt ist wacklig, einmal biegt er falsch ab. «Natürlich ist die Situation anders als auf der richtigen Strasse mit anderen Verkehrsteilnehmern. Aber dafür sind hier die eingezeichneten Strecken und Kreuzungen viel enger. Es braucht viel Konzentration. Der Verkehrsgarten ist eine gute Sache. Und dank ihm können wir als eine der wenigen Regionalpolizeien in diesem Jahr überhaupt eine Prüfung durchführen», erklärt Gygax. Auf dem Formular mehren sich die Fehlerpunkte. Inzwischen sind es deren neun, damit wäre der Viertklässler durchgefallen. Weil er aber bei der Velokontrolle zwei Bonuspunkte geholt hat, gilt die Prüfung doch als bestanden.

Nur wenige fallen durch

Es kommt nur selten vor, dass jemand die Veloprüfung nicht besteht. «Aber heute Morgen hatte ich einen solchen Fall. Da konnte ich noch so viele Augen zudrücken, das hat einfach nicht gereicht», berichtet der Wohler Verkehrsinstruktor. Nun geht ein Brief nach Hause. Die Eltern werden aufgefordert, mit dem Kind weiter zu üben. Und es besteht die Möglichkeit, dass es nächstes Jahr nochmals zur Prüfung antritt. Auch wenn eine bestandene Prüfung keine Voraussetzung zum Fahren ist, gibt sie doch eine gewisse Sicherheit. «Gerade für die Lehrpersonen. Sie wissen jetzt, dass sie mit ihren Klassen auch einen Ausflug mit dem Velo machen können», sagt Gygax.

Inzwischen hat die Klasse die Prüfungsfahrten beendet. Und reiht sich ein für die Rückfahrt. Kurz Zeit zum Durchatmen für Claudio Gygax, aber die nächste Klasse steht schon bereit. Vor der Fahrt inspiziert der erfahrene Polizist alle Velos auf ihre Fahrtüchtigkeit. «Das Licht hinten fehlt», macht er eine Schülerin aufmerksam. Vom Gewusel um ihn herum lässt er sich nicht aus der Ruhe bringen. Positioniert sich wieder auf seinem Beobachtungsposten neben der Strecke. Und ruft den ersten Schüler auf. Dieser fährt los, hinein in den Kreisel. Vorsichtig und konzentriert. «Fast alle Kinder nehmen die Prüfung ernst. Und das ist gut so. Denn Velofahren auf der Strasse ist nicht ohne», meint Claudio Gygax zum Schluss. Und notiert den ersten Fehlerpunkt.