Alles planmässig beim Grossprojekt
29.05.2020Rundgang durch die Grossbaustelle am Bahnhof Wohlen
Keinerlei Probleme. Auch nicht wegen Corona. Im Gegenteil: Der Lockdown erleichterte die Arbeiten rund um die Modernisierung des neuen Bahnhofs. Das aktuell grösste Bauprojekt in Wohlen ist im Fahrplan.
Stefan Sprenger
Die Stimmung ist locker, gelöst und mit zwei Meter Abstand erklärt Wohlens Gemeindeammann Arsène Perroud: «Es läuft alles bestens und planmässig. Wir sind sehr zufrieden.» Daneben steht Stefan Leuenberger, der Leiter Abteilung Planung, Bau und Umwelt. Er meint: «Die Platzverhältnisse dieser Bauarbeiten sind eng. Wir sind froh, dass alles reibungslos klappt. Es gab praktisch keine negativen Rückmeldungen.»
Besonderes: Die Coronapandemie sorgte hier eher für positive Aspekte. Klar, die Schutzmassnahmen müssen auch hier stets eingehalten werden. Weil es aber in den Wochen nach dem Lockdown weniger Verkehr hatte, wurde es rund um den Bahnhof ruhiger. Weniger Autos, weniger Pendler, weniger Busverkehr. Dies kam den ungestörten Bauarbeiten entgegen.
Neben Perroud und Leuenberger war auch Projektingenieur Thomas Hofer bei der Baustellenbesichtigung vor Ort. Der 31-Jährige aus Staufen arbeitet bei der Firma Gähler und Partner AG und ist der Chef-Bauleiter beim Bahnhof Wohlen. Für ihn ist das Projekt enorm komplex. «Alles, was ich im Studium gelernt habe, kommt hier zusammen.»
Hofer erklärt zu Beginn, welche Arbeiten alle in den vergangenen Wochen, der Bauphase 2, ausgeführt wurden. Die Bohrung der Rühlwandträger, der Aushub im Bereich des Stationsgebäudes, die Betonierung der Unterfangung beim Stationsgebäude, die Ausfachung mit Spritzbeton, die Erstellung der Baugrube, die Bewehrung der Betonplatte der 2. Etappe, das Betonieren der Decke und der Bau der Einfahrtsrampe in die Tiefgarage. Bei der Einfahrt zur Tiefgarage gegenüber der Post startet die Besichtigung.
Rohbauphase voraussichtlich im Juli abgeschlossen
In der Einfahrt gibt es Lärmschutzwände. Dort sind auch die Technikräume für die Steuerung der Tiefgarage und der Photovoltaikanlage und ein Raum für das Trafo. Während es draussen an der Sonne hell und heiss ist, ist es in der Tiefgarage dunkel und kühl. Hier entstehen 109 Parkplätze im Einbahnverkehr und in einem 60-Grad-Winkel. Ebenfalls vorgesehen ist eine Ladestation für Elektrofahrzeuge. In der Tiefgarage steht noch der Fuss des Baustellen-Krans. Wenn dieser weg ist, wird auch der Rohbau fertig sein. Dies ist voraussichtlich im Juli der Fall. Auffallend: Die Tiefgarage ist rund vier Meter hoch. Einen Meter darunter beginnt das Grundwasser. Und Hofer erklärt, dass man bereits den ersten Mieter hat: «Ein Vogel hat hier unten genistet.»
Erste Busse ab Frühling 2021
In der Tiefgarage ist ein direkter Zugang zum Mittelperron, zum Busbahnhof und zum Lift. «Eine tolle Sache», findet Gemeindeammann Perroud und sieht sich die Sache genauer an. Wenn alles fertig ist, kann man von hier aus zum Bahnhof gehen – in der Unterführung oder oberirdisch, wo es allerdings überdacht sein wird. «Trockenen Fusses», meint Stefan Leuenberger. Die Tiefgarage ist rund 30 Meter breit und rund 100 Meter lang. Die Maximalgrösse.
Es geht weiter in der kühlen Dunkelheit zum anderen Ende der Tiefgarage. Dort entstehen Räume für den Hauswart und die Sprinkleranlage. Dort wird auch ein zusätzlicher Ticketautomat stehen.
Wieder an der Oberfläche des Grossprojekts angelangt, erzählt Hofer, dass bald die Abdichtungsarbeiten starten. Bei den Busplätzen wird es total elf Kanten geben, wo es Platz gibt für 14 Busse (teilweise zwei Busse hintereinander). Ebenfalls wird bald der Sockel für das Dach betoniert und die optischen Elemente eingebaut. Das Wasser des Dachs wird in eine Sickeranlage fliessen. Die ersten Busse sollen ab Frühling 2021 verkehren. Diese Umstellung geschieht in einem laufenden Verfahren.
Total 16 000 m² Aushub
Bauleiter Hofer nennt noch einige eindrückliche Zahlen zum grossen Bauprojekt. Insgesamt wurden 127 Rühlwandträger gebohrt. Die Rühlwandträger weisen eine Länge zwischen 6,50 m und 9,00 m auf. Der für die Baugrube abgeführte Aushub beträgt rund 16 000 Kubikmeter. Für den Bau der Tiefgarage wurden rund 5000 m³ Beton mit zirka 550 t Armierungseisen verbaut. Die Tiefgarage weist insgesamt 37 Stützen auf. Weiter sagt er, dass es keine Unfälle gab und weiterhin alles planmässig verläuft.
Grundsätzlich werden die Arbeiten durch die Nottergruppe aus Wohlen ausgeführt (Betonbau, Strassenbau). «Sie kennen die Region und die Verhältnisse hier bestens», meint Perroud. Für diverse Arbeiten wurden Subunternehmer zugezogen. Die Baugrubensicherung und der Aushub erfolgte durch die Hubschmid AG aus Nesselnbach. Die Rühlwandträger wurden durch die Meier + Jäggi AG aus Zofingen gebohrt.
Die Eröffnung findet im September 2021 statt. Bislang ist man für dieses Datum voll im Fahrplan. «Die grössten Risiken sind durch. Ein gewisses Restrisiko bleibt immer, aber wir sind positiv, dass im September nächstes Jahr der neue Bahnhof eröffnet wird», so Gemeindeammann Perroud. Ein mögliches Problem könnten noch die Stahlträger sein, die aus Frankreich und England geliefert werden. Und bei der fristgerechten Lieferung spielt nun das Coronavirus eben doch eine negative Rolle. «Wir haben bislang nichts anderes gehört und gehen davon aus, dass es klappt», so Bauleiter Hofer.
In den nächsten Monaten beginnen die überirdischen Arbeiten am neuen Bahnhof in Wohlen. Beispielsweise die Verlegung der Busbetonplatten. Dann wird auch für die Bevölkerung mehr ersichtlich sein. Denn bislang geschah der Grossteil der Arbeiten unterirdisch. Diese «unsichtbaren» Arbeiten sind auch komplexer, beispielsweise die Umleitung der SBB-Werkleitungen.
Bauleiter Hofer, Gemeindeammann Perroud und Leuenberger, der Leiter Abteilung Planung, Bau und Umwelt, gehen lächelnd durch die Baustellenführung. Man ist voll im Fahrplan für den neuen Bahnhof.
Kosten im Griff
Man ist im Zeitplan, die Kosten hat man im Griff. Es gibt keinerlei Verzögerung. Und dies ist auch die beste Voraussetzung, damit keine Mehrkosten entstehen. Das aktuelle Grossprojekt ist ein Millionenbau. Gemäss Kostenvoranschlag (±10 Prozent) belaufen sich die Investitionskosten für den neuen Bushof, für die Bahnhofplatz-Gestaltung, die neue Personenunterführung West und die neue P+R-Anlage auf rund 23 Millionen Franken. Wobei die neue Personenunterführung bereits realisiert ist.
Neben der Gemeinde Wohlen beteiligen sich Bund und Kanton Aargau an der Finanzierung. Der Gemeinde Wohlen verbleiben nach Abzug der finanziellen Beteiligungen Dritter rund 11,4 Millionen Franken als Nettoinvestitionen.