An quasi alles gedacht
21.11.2025 Energie, MuriGanz viel graue Energie gespart
Mentis ag holt den 14. Energiepreis der Gemeinde Muri
Abreissen und neu bauen. Es wäre wohl auch hier einfacher gewesen. «Vielleicht sogar günstiger», sagt Stefan Staubli, Präsident Muri Energie ...
Ganz viel graue Energie gespart
Mentis ag holt den 14. Energiepreis der Gemeinde Muri
Abreissen und neu bauen. Es wäre wohl auch hier einfacher gewesen. «Vielleicht sogar günstiger», sagt Stefan Staubli, Präsident Muri Energie Forum und Jurymitglied des Energiepreises. Aber Thomas Ilg und seine mentis ag entschieden sich ganz bewusst dagegen und unterwarfen die Mehrfamilienhäuser an der Klosterfeldstrasse 23 und 25 einer Totalsanierung. «Beispielhaft», so Staubli. --ake
Mentis ag baut zwei Mehrfamilienhäuser an Klosterfeldstrasse um und erhält den Energiepreis
Möglichst viel Bestehendes wiederverwendet. Nicht nur damit legte die mentis ag bei der Sanierung von zwei Liegenschaften an der Klosterfeldstrasse den Fokus auf Nachhaltigkeit. Das Projekt überzeugt in vielen Bereichen und wurde mit dem 14. Murianer Energiepreis ausgezeichnet.
Annemarie Keusch
Rund 2,3 Millionen Gebäude gibt es in der Schweiz. Diese sind verantwortlich für 45 Prozent des Energieverbrauchs und für einen Drittel der CO2-Emissionen. «Eine Mehrheit der Gebäude entspricht nicht einem aktuellen energetischen Standard», weiss Stefan Staubli. Er ist Präsident des Muri Energie Forums und neben Vertretern von Gemeinderat, Kommission Energie, Umwelt und Mobilität, Kommission Bau und Planung und Gewerbeverein Teil der Jury, die in Muri seit 14 Jahren den Energiepreis vergibt. «Auf gute und gelungene Beispiele aus verschiedenen Bereichen aufmerksam machen», das will man mit der Auszeichnung. Diesmal geht der Preis in die Bau- und Immobilienbranche. «Die Sanierungsrate beträgt nur rund ein Prozent pro Jahr. Wir bräuchten mindestens das Doppelte, um die Ziele der Energiestrategie zu erreichen», betont Staubli in seiner Ansprache.
Als umso wichtiger erachte er es, gute Beispiele zu zeigen, zu nennen – und sie in diesem Fall auch auszuzeichnen. Weil es als gutes Beispiel vorangehe. «Ich sage es bei jeder Energiepreis-Verleihung. Kopien, Plagiate, Imitation, Trittbrettfahrerinnen und -fahrer sind ausdrücklich erwünscht.» Konkret geht es um die Sanierung von zwei Mehrfamilienhäusern an der Klosterfeldstrasse. «Muri bellevue» heisst das Projekt nach dem Umbau. Über eine Pelletheizung verfügten die Gebäude schon vorher. Dank neuer Dämmung der Gebäudehülle wird künftig viel Heizenergie gespart. Die hauseigene Photovoltaikanlage auf dem Dach produziert Strom. Die Fassadenbegrünung dient als Kühleffekt durch Wasserverdunstung und sorgt für zusätzlichen Lebens- und Grünraum. «Und damit für Lebensqualität.» Was Staubli aber besonders hervorheben will: den sorgfältigen Umgang mit der bestehenden Bausubstanz. «Meist wäre es viel einfacher, abzureissen und neu zu bauen. Hier wurde es explizit nicht gemacht.» Die bestehende Bausubstanz weiterzuverwenden, sei neben der Ressourcenschonung aus energetischer Sicht zentral. Stichwort: graue Energie.
Sanfte Renovation angedacht
Der Preis ehrt Thomas Ilg und seine Familie, die hinter der mentis ag stehen. Seit 50 Jahren seien die Gebäude an der Klosterfeldstrasse 23 und 25 in Familienbesitz. Er selbst habe als 12-Jähriger beim Bau der «chinesischen Mauer» – wie die Überbauung entlang der gesamten Klosterfeldstrasse einst genannt wurde – mitgeholfen. «Linoleum-Ränder von Hand abschleifen, um Sackgeld für ein neues Velo zu verdienen.» Das Projekt realisierte Ilg zusammen mit Architektin Alexandra Schuler. «Es musste etwas geschehen, der Verfall der Gebäude nahm stetig zu.» Und obendrauf: «Zu Infrastruktur, die in die Jahre gekommen ist, tragen die Leute kaum mehr Sorge.»
Der Nachhaltigkeitsgedanke sei von Anfang an über allem gestanden, sagt Alexandra Schuler. Auch wenn zu Beginn von einer sanften Renovation die Rede war. «Je länger der Prozess dauerte, desto klarer wurde, dass Pflästerli hier nicht reichen.» Mit ein Grund war auch der Asbest. Bis auf die Grundmauern musste alles raus. «Aber die Qualität der Grundrisse überzeugte nach wie vor», führt Schuler aus. Ein Manko: die sehr kleinen Balkone. «Für uns gab es zwei Möglichkeiten, grössere zu bauen oder die bisherigen Balkone in den Wohnraum zu integrieren und neue, begrünte Balkone davor zu bauen.» Ilg und Schuler entschieden sich für Letzteres. In den Wohnraum integriert wurden auch die Garagen, die unter den Mehrfamilienhäusern waren. «Der Innenhof diente vorher nur dem Auto», weiss Alexandra Schuler. Eine neue Einfahrt in die Autoabstellhalle schafft Abhilfe, ebenso prominent platzierte Veloparkplätze. «Abschliessbare. Ich bin überzeugt, dass das die Zukunft ist», betont Thomas Ilg.
Auch für Mauersegler geschaut
Auch die Umgebung ist neu und freundlicher. Mit Gemüsebeeten, mit Hühnern, mit Grünfläche, die lebt und wo Menschen sich begegnen. «Damit man nicht mehr mit dem Auto zufährt und sofort in der Wohnung verschwindet», formuliert es Alexandra Schuler. Realisiert wurde alles in zwei Etappen. «Damit langjährige Mieter vorübergehend das andere Haus beziehen konnten, bis ihre Wohnung umgebaut war. Das war uns sehr wichtig», sagt Ilg. Schliesslich gibt es Parteien, die seit 50 Jahren in einer der 38 Wohnungen leben.
Viel mehr als eine Pflicht
Bodenheizung, kontrollierte Wohnungslüftung, helle, grosse Räume, moderne Geräte. Thomas Ilg sagt stolz: «Diese beiden Häuser sind bereit für die nächsten 50 Jahre.» In Sachen Nachhaltigkeit wurde dabei an alles gedacht. Nicht «nur» PV-Anlage, Fassadenbegrünung, Dämmung und Erhalt der Bausubstanz. Auch Mauersegler finden eine Behausung. Und noch gute Geräte wurden in anderen Gebäuden wieder eingebaut. Oder nach Kamerun geschickt, in die Heimat von Ilgs Frau. Beeindruckt zeigte sich auch Gemeinderat Beat Küng. In seiner Rede wies er auch darauf hin, welchen Beitrag die Gemeinde leiste, um Ressourcen zu schonen. «Selber machen, zum Beispiel.» Küng verweist auf die Energiestrategie und darauf, dass aktuell Optimierungen des Eigenverbrauchs von Solarstrom umgesetzt werden. «Lenken ist ein zweiter Aspekt. Zurzeit wird eine Energieplanung für die Gemeinde erarbeitet, die Rahmenbedingungen für fossilfreie bestehende und künftige Wärmeverbünde schafft.» Und die Gemeinde leistet Öffentlichkeitsarbeit – etwa mit dem Energiepreis. Küng ist überzeugt: «Energie und Ressourcen zu sparen, ist nicht nur eine Pflicht gegenüber unseren Nachkommen, sondern es macht auch Spass und gibt einem viel positive menschliche Energie.»



