«Artgerecht ist wichtig»
12.10.2021 GeltwilZu Besuch bei der Kani-Swiss GmbH in Geltwil
Vor über 25 Jahren gründete Felix Näf die Kani-Swiss GmbH. In der Herstellung von Kaninchenfleisch gilt die Freiämter Firma als Hauptakteur.
Seine Aufzuchtanlagen sind europaweit einzigartig. Die Kaninchen haben nicht nur genügend Platz, sondern auch Rückzugsmöglichkeiten.
Nebst der Entwicklung in den Haltungssystemen wurde auch die Schlachtung und Verarbeitung direkt in den Betrieb der Familie Näf in Geltwil integriert. Auch hier hat Felix Näf viel getüftelt, damit das Tier bei der Schlachtung nicht leidet. Artgerechte Haltung und Schlachtung sind uns wichtig.» --red
«Man muss die Tiere verstehen»
Die Familie Näf ist Inhaberin des Verarbeitungs- und Schlachtbetriebs Kani-Swiss GmbH
Kaninchenfleisch ist ein Nischenprodukt, obwohl es sehr gesundes Fleisch ist. Die Kani-Swiss GmbH mit ihren 20 Vertragsproduzenten ist einer der Hauptakteure dieser Branche in der Schweiz. Seit mehr als 25 Jahren beschäftigt sie sich mit der Zucht und Haltung von Kaninchen.
Susanne Schild
Vor über 40 Jahren begann Felix Näf damit, Kaninchen zu halten. «Kleine Tiere haben mich schon immer mehr fasziniert als grosse», so der 60-Jährige. Seit mehr als 25 Jahren beschäftigt er sich intensiv mit der Zucht und der Haltung der Tiere. «Uns war es schon seit jeher ein Anliegen, dass wir die Tiere möglichst artgerecht halten», streicht er heraus. «Das Kaninchen ist ein sehr anspruchsvolles Nutztier. Um es artgerecht halten zu können, muss man es verstehen», ist Felix Näf überzeugt.
Mittlerweile hat das Familienunternehmen Kani-Swiss GmbH 10 000 Mastplätze für Kaninchen. Insgesamt 20 inländische Betriebe züchten für Felix Näf Mastkaninchen. Anfang der 1990er-Jahre wurden in der Schweiz fast ausschliesslich Import-Tiere verkauft. «Mein grosses Glück war es, eine Frau zu finden, die wie ich völlig hinter der Kaninchenzucht stand. Allein hätte ich keine Chance gehabt», ist sich Felix Näf sicher. Jahrelang ging er noch einer anderen Tätigkeit nach. «Doch dann kam ich an den Punkt, an dem es hiess, aufgeben oder weitermachen.» Felix und Rosmarie Näf entschieden sich für das Weitermachen.
2004 gründeten sie die Kani-Swiss GmbH. Bereits sein Vater führte einen Landwirtschaftsbetrieb. Er hatte sich auf die Milchwirtschaft spezialisiert. Felix Näfs Bruder übernahm den dazu erworbenen Pachtbetrieb. Näf startete sein Unternehmen auf dem kleineren väterlichen Betrieb. «Anfänglich hatte ich keine Mitarbeiter. Mittlerweile habe ich acht Angestellte im 100-Prozent-Pensum.» Auch sein Sohn Silvan ist im Unternehmen beschäftigt.
Von der Aufzucht bis zur Schlachtung
Zwischen 7000 und 8000 Kaninchen sind aktuell auf seinem Hof in vier Ställen untergebracht. «Wir müssen eine gewisse Anzahl von Tieren halten, um konkurrenzfähig sein zu können. Im Vergleich zu anderen ausländischen Mastbetrieben sind wir um 70 Prozent teurer in der Haltung. Irgendwie muss die Rechnung aufgehen.» Im Laufe der Jahre hat Felix Näf Aufzuchtanlagen für Kaninchen entwickelt, die europaweit einzigartig sind. «Es ist uns zum Beispiel gelungen, in der Zucht eine Gruppenhaltung zu entwickeln. In diesem System sind acht Mutterkaninchen und ein Rammler in einer grosszügigen Boxe, deren Grundmasse rund 2 × 4 Meter betragen. Die Strukturen in diesen Boxen sind so angeordnet, dass sich jedes einzelne Kaninchen individuell zurückziehen kann.»
Nebst der Entwicklung in den Haltungssystemen wurde auch die Schlachtung und die Verarbeitung direkt in den Betrieb integriert. Zu diesem Zweck wurden die Schlacht- und Verarbeitungsräume speziell für Kaninchen aufgebaut. «Dass die Tiere komplett auf dem Hof verwertet werden, ist uns sehr wichtig», betont Näf. «Dadurch sind die Transportwege sehr kurz, was positiv für die Umwelt ist. Die ganze Wertschöpfung liegt im Betrieb.»
Das gesamte Tier wird verwertet
Das Schlachtgewicht eines Kaninchens ist mit rund zwölf Wochen und einem Gewicht von drei Kilogramm erreicht. Eine Zibbe kann pro Wurf 8 bis 14 Jungtiere haben. Einmal pro Woche werden zwischen 1500 und 2000 Tiere geschlachtet. Hierzu zählen auch die Tiere von Vertragszüchtern und Vertragsmästern aus der Schweiz. «Bei der Schlachtung ist es uns wichtig, immer neue, verbesserte Wege zu finden», betont Felix Näf. Daher erfand er einen in seiner Form einzigartigen Bolzenschussapparat. «Lange wurde in der Branche nur mit Strom betäubt. Das haben wir nie gemacht», informiert er weiter. Das Problem bei der Betäubung mit Strom liege darin, dass das Fell der Kaninchen nicht oder nur schlecht leitet. Daher wurde der Kopf der Tiere in Wasser getaucht. «Mir war klar, dass hier eine andere Lösung hermusste, damit das Tier auf keinen Fall leiden muss», so Näf weiter. Deshalb entwickelte er einen Bolzenschussapparat, der weltweit führend ist. «Dieser gewährleistet, dass das Tier zu 100 Prozent bewusstlos ist, wenn der Kehlenschnitt erfolgt.» Danach blutet das Tier aus. Das Fell wird abgezogen und die Innereien werden entnommen. «Uns ist extrem wichtig, dass wir nicht nur das Filet verwerten. Bei uns wird das gesamte Tier verarbeitet», so Näf. Die Ohren werden mit Fell getrocknet und als Hundefutter verkauft. «Das Fell hat eine reinigende Wirkung auf den Darm der Hunde», weiss der Unternehmer. Auch die Innereien werden zu Hundefutter weiterverarbeitet. Anfänglich hatte man Schwierigkeiten bei der Hundefuttervermarktung. «Doch wir haben nicht aufgegeben. Jetzt funktioniert der Vertrieb immer besser.» Aus den Fellen werden in einem Schweizer Betrieb Einlagen für Handschuhe oder Futter für Schuhe hergestellt.
Kaninchenfleisch entspricht den heutigen Ernährungstrends
Ein grosser Teil des Fleisches wird durch den Detailhändler Coop abgenommen. Daneben beliefert man Metzgereien, Altersheime und Spitäler. «Kaninchenfleisch ist sehr fettarm, also ausgezeichnet für die gesunde Ernährung von heute», informiert Näf. Kaninchenfleisch sei weisses Fleisch und daher sehr eiweissreich und cholesterinarm. «Kaninchenfleisch ist ideal für Diätkost. Mit Kaninchenfleisch bringt man Abwechslung in die Küche mit den verschiedensten Zubereitungsmöglichkeiten. Es entspricht den heutigen Ernährungstrends», ist Felix Näf überzeugt. Verkauft werden ganze Tiere, aber auch Hamburger, Würste und Filet im Teig. Dennoch sei der rückläufige Konsum von Kaninchenfleisch eine Herausforderung. «Deshalb ist es uns wichtig, Transparenz zu zeigen und Image-Arbeit zu leisten, damit Kaninchenfleisch mehr Anklang findet. Wir blicken positiv in die Zukunft», so Näf weiter.
Grosse Auszeichnung «Das werte Kaninchen»
Seit einem Jahr betreibt man zusätzlich noch einen Hofladen. Hier kann man 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche die Produkte kaufen. «Wir sind immer auf der Suche, unser Unternehmen zu verbessern. Stillstand bedeutet einen Rückschritt», so Näf. Umso erfreuter sind seine Frau und er, dass sein Sohn Silvan vor anderthalb Jahren in den Betrieb eingestiegen ist. «Das beruhigt ungemein.» Familie Näf ist sich sicher, dass nachhaltige Tierhaltung machbar ist. Man muss es nur wollen. «Doch nachhaltige Tierhaltung funktioniert nicht von heute auf morgen. Es ist ein Prozess.» Dass das Unternehmen auf dem richtigen Weg ist, zeigen die ihm verliehenen Auszeichnungen.
2008 wurde Felix Näf mit dem Hermann-Herzer-Preis ausgezeichnet. Der Preis ist der wichtigste und bedeutendste Branchenpreis der Fleischwirtschaft. Er geht an Persönlichkeiten, die sich durch überdurchschnittliches berufliches Wissen und Können auszeichnen. Er wird für besondere Leistungen und Verdienste in Produktion und Verkauf, der Nachwuchsförderung und der Fleischforschung vergeben. Weiter belohnt er Aktivitäten zugunsten des Berufsbildes wie auch des Stellenwertes von Fleisch und Fleischerzeugnissen in der menschlichen Ernährung. Auch die renommierte Tierschutzorganisation «Compassion in World Farming» hat das innovative Freiämter Unternehmen Kani-Swiss ausgezeichnet. Die Organisation honoriert führende Lebensmittelproduzenten für artgerechte Tierhaltung. Den Award «Das werte Kaninchen» erhalten nur Betriebe, die Mutter- und Mastkaninchen in Gruppen bei genügend Tageslicht und frischer Luft halten. Zudem müssen Nageobjekte in den Stallanlagen vorhanden sein.