Auf Messers Schneide
02.05.2023 Kirche, MuriDie Katholische Kirchgemeinde Muri entscheidet sich für das Projekt «Inspiration Matterhaus»
207 Stimmberechtigte stimmten über den Kreditantrag über 6,75 Millionen Franken für das Projekt ab. Auf gutgeheissenen Antrag anonym. Nur eine Stimme ...
Die Katholische Kirchgemeinde Muri entscheidet sich für das Projekt «Inspiration Matterhaus»
207 Stimmberechtigte stimmten über den Kreditantrag über 6,75 Millionen Franken für das Projekt ab. Auf gutgeheissenen Antrag anonym. Nur eine Stimme mehr verhinderte den Rückweisungsantrag. Mit 110 zu 90 Stimmen wurde der Kreditantrag schliesslich genehmigt.
Susanne Schild
«Natürlich sind wir enttäuscht», gibt David Meier von der IG «Inspiration Matterhaus» offen zu. Man habe die Argumente sachlich formuliert und vorgebracht, aber die Leute dennoch nicht ganz überzeugen können. «Das schlimmste Szenario ist an diesem Abend eingetreten. Nur eine Stimme hat den Ausschlag gegeben. Das zeigt deutlich, wie gespalten man bezüglich des Projekts ist», so Meier weiter. Das fakultative Referendum zu ergreifen, würde Sinn machen, zumal die Entscheidung extrem knapp gewesen sei, so David Meier weiter.
«Aber wir überlegen auch, ob wir die demokratische Entscheidung, die an diesem Abend gefällt wurde, akzeptieren können. Grundsätzlich ist ein Entscheid gefallen. Wir müssen uns darüber noch beraten.» Durch eine Rückweisung hätte man einfach noch Zeit gewonnen. Positiv sei allerdings, dass so viele Leute an der Versammlung teilgenommen und Interesse gezeigt haben.
Spielraum ist vorhanden
«Wir waren überrascht, dass die Entscheidung so knapp ausgefallen ist», räumt Hans-Peter Frey von der Kirchenpflege und Leiter der Baukommission ein. Das bedeute, dass man unter anderem noch das ein oder andere Gespräch führen müsse. «Die Raumeinteilung ist noch nicht fix. Nichts ist in Stein gemeisselt. Wir haben noch Spielraum und können im gemeinsamen Dialog nach Lösungen suchen.» Zudem habe der Abend gezeigt, dass man im Vorfeld mehr Transparenz hätte zeigen können. «Auch regelmässige Informationen wären sinnvoll gewesen», gibt Frey offen zu. Das gelte es zukünftig zu ändern. Jetzt hoffen Hans-Peter Frey und die gesamte Kirchenpflege, dass sich die Gemüter beruhigen und der demokratisch gefällte Entscheid akzeptiert wird. Die IG hofft, dass die Leute, die an der Kirchgemeindeversammlung teilgenommen haben, nicht nur Leben in die neuen Räume bringen, sondern auch Leben in die Kirche St.Goar.
Spannender geht Kirche nicht
Die Kirchgemeindeversammlung genehmigt 6,75 Millionen Franken für das Projekt «Inspiration Matterhaus»
110 der 207 anwesenden Stimmberechtigten an der ausserordentlichen Versammlung der Kirchgemeinde Muri sprachen sich für den gestellten Kreditantrag aus. 90 waren dagegen. Jetzt hofft man, dass sich die Gemüter beruhigen und man mit dem 6,75 Millionen teuren Projekt endlich starten kann.
Susanne Schild
«Heute Abend stimmen wir über eine kontroverse Geschichte ab», meinte Pastoralraumleiter Karl Scholz zu Beginn der Veranstaltung. «Ich kann die nervösen Schwingungen im Raum spüren», so Scholz weiter. Die Anspannung an diesem Abend in der katholischen Pfarrkirche konnte nicht nur Karl Scholz spüren. Nervenkitzel pur. «Für manche Themen lohnt es sich zu kämpfen, aber nicht zu streiten, sondern nach der bestmöglichen Lösung zu suchen», appellierte Scholz an die Versammlung.
Gekämpft wurde lang. Vier Stunden wurde darüber diskutiert, ob das Pfarrei- und Vereinszentrum nun realisiert werden soll oder nicht. Zum Streit oder zur Eskalation kam es, wie Scholz hoffte, nicht. «Thomas Kron, Präsident der Kirchenpf lege Muri, blieb dabei immer sachlich. Er hat es souverän gemacht», lobte Vizepräsident Thomas Suter. Zumindest dieser Meinung war auch David Meier von der IG «Inspiration Matterhaus».
Die Befürworter sehen im Projekt «Inspiration Matterhaus» den richtigen Weg für die Zukunft der Kirche. Platz für die Jugend und das Seelsorgeteam schaffen, einen lebendigen Ort schaffen, wo man sich treffen und austauschen kann. Der Annexbau und das nebenstehende Einfamilienhaus sollen abgerissen werden. An deren Stelle soll das neue Pfarreizentrum gebaut werden. Die Platznot beseitigen, indem ein neues Pfarreizentrum gebaut wird, so das Anliegen der Kirchenpflege. «Platznot herrscht beim Religionsunterricht, in den Schulen gibt es immer weniger Räume dafür», bestätigt auch Votantin Andrea Huwyler. «Platz brauchen ebenfalls die Ministranten sowie die Vereine Blauring und Jungwacht. Platz werde aber nicht für Ministranten geschaffen» , kontert David Meier. Und weiter stellt er fest: «Schade ist, dass eine negative Stimmung gegenüber den Ministranten spürbar war.» Für ihn nicht nachvollziehbar. Die Ministranten seien Blauring und Jungwacht zwar zahlenmässig unterlegen, aber innerhalb der Pfarrei sehr aktiv. «Herrgott und Glaube sollten im Mittelpunkt stehen. Das sehe ich momentan bei ‹Inspiration Matterhaus› noch nicht gegeben», so Meier.
Fehlender Informationsfluss
Investieren hätte man sowieso müssen, da viele Räume nicht barrierefrei und sanierungsbedürftig sind. «Wir wollen Nägel mit Köpfen machen und keine Salamitaktik. Deshalb soll das Matterhaus umgebaut und der Jugend zur Verfügung gestellt werden», sagt Hans-Peter Frey, Leiter der Baukommission.
Die Kosten dafür sind hoch. Der IG sind die 6,75 Millionen Franken für das Projekt, gut zwei Millionen mehr als bisher kommuniziert, allerdings ein Dorn im Auge und schlichtweg zu hoch. Weiter beklagen sie fehlende Transparenz und mangelnde Kommunikationsbereitschaft. Aus diesem Grund habe er auch den Rückweisungsantrag an diesem Abend gestellt, erklärt Meier. «Der Informationsfluss hat nicht funktioniert und die Transparenz hat uns gefehlt.» Ausserdem sei das Projekt nun viel teurer. Es wurde immer von 4 bis 5 Millionen gesprochen, nun baut man für ingesamt 6,75 Millionen und dies ohne ein Betriebskonzept. «Da ist viel fehlgelaufen. Wachgerüttelt hat uns die Kreditüberschreitung von 44 Prozent beim Projektierungskredit.»
Beides, mangelnde Transparenz und die Kreditüberschreitung, habe auch dazu geführt, dass die IG erst kurz vor der Versammlung aktiv wurde, rechtfertigt sich Meier. Diese Tatsache, dass die IG erst kurzfristig tätig wurde, sorgte nicht nur an dem Abend, sondern schon im Vorfeld der Versammlung für Konfliktpotenzial. Das Projekt spaltete die Gemüter. «Das will und wollte die IG nie», betont Meier. Darum habe er auch eine anonyme Abstimmung gefordert.
«Wir können uns das Projekt leisten», betonte der Finanzverantwortliche Thomas Suter an diesem Abend. «Ende 2022 hatten wir 2,8 Millionen auf unserem Konto. Die Steuereinnahmen sind in den vergangenen Jahren gestiegen. Diese Tendenz wird anhalten.» Für die fehlenden drei Millionen Franken soll ein Kredit aufgenommen werden. «Wir wollen den Investitionsstau der letzten Jahrzehnte endlich auf brechen, sagte Kron. «Jetzt ist es an der Zeit zu handeln», bestärkte Suter.
Leben in die Kirche bringen
«Nur weil man es sich leisten kann, heisst das noch lange nicht, dass man es sich leisten soll», sagte der Stimmberechtigte Urs Pilgrim. Er räumte zwar ein, dass gute Arbeit auf allen Seiten geleistet worden sei. «Doch eines fehlt mir: In die Kirche muss mehr Leben rein», forderte Pilgrim. und dazu brauche es keinen neuen Saal, der viel Geld kosten würde, sondern das könnte alles auch in der Kirche stattfinden. «Bänke raus, Stühle rein, sich nicht nur von hinten sehen, sondern von Angesicht zu Angesicht, essen und trinken», so Pilgrims Vision. «Wir putzen und heizen die Kirche 365Tage im Jahr, die meiste Zeit über ist sie ungenutzt», kritisierte auch Beat Meier. Bereits in den 80er-Jahren habe man davon gesprochen, die Kirche multifunktional umzubauen. «Es hat einen Vorschlag ähnlich dem von Beat Meier und Urs Pilgrim in den sechs Projektvorschlägen gegeben», bestätigt Hans-Peter Frey. «Das ist vielleicht etwas für die nächste Generation. Die Zeit dafür ist meiner Meinung nach noch nicht reif», ist Frey überzeugt.
«Durch den Rückweisungsantrag hätten wir Zeit gewonnen, die Anregungen, die Kirche umzufunktionieren, nochmals zu durchdenken. Genau die Überlegungen, die Urs Pilgrim an dem Abend vorgebracht hat, hätten mit in das Projekt einbezogen werden können», betont David Meier.
«Eine Spaltung war nie das Ziel»
«Wir hatten nicht das Anliegen, das Projekt komplett zu kippen, sodass wieder ganz von vorne hätte angefangen werden müssen.» Auch eine Spaltung der Kirchgemeinde wollte man nie, sagt Meier klar. Daher habe man auch den Antrag auf geheime Abstimmung gestellt. «Ich bin froh, dass dieser angenommen wurde. So konnte jeder seine Stimme ohne Angst vor möglichen Konsequenzen abgeben. Das war vielen Leuten wichtig.»
«Das knappe Ergebnis hat auch die Kirchenpf lege Muri überrascht», räumt Hans-Peter Frey ein. Das bedeute, dass man noch das eine oder andere Gespräch suchen müsse. «Nichts ist in Stein gemeisselt. Wir haben da noch Spielraum», betont er. Auch die IG wäre bereit, an neuen Lösungen mizuarbeiten, stellt David Meier in Aussicht.
Knappes Ergebnis
Der von David Meier gestellte Rückweisungsantrag wurde mit 100 zu 101 Stimmen abgelehnt. «Natürlich bin ich darüber nicht glücklich. Aber ich bin froh, dass es wenigstens keine Pattsituation gegeben hat», sagt David Meier. Dann hätte Präsident Thomas Kron entscheiden müssen. «Das hätte ich ihm nicht gewünscht», gibt Meier offen zu.
Die Schlussabstimmung zum Kreditantrag über 6,75 Millionen Franken für das Projekt wurde mit 110 zu 90 Stimmen gutgeheissen. «Das zeigt, dass die Leute für das Projekt sind», meint Thomas Kron. Auch der Kreditaufnahme von drei Millionen Franken stimmte die Versammlung zu. Nun kann das fakultative Referendum ergriffen werden. Zu einer Urnenabstimmung würde es kommen, wenn diese von mindestens 300 Stimmberechtigten schriftlich verlangt wird. «Das wäre allerdings für mich schwer nachvollziehbar, zumal über 200 Stimmberechtigte anwesend waren und eine demokratische Entscheidung in geheimer Abstimmung getroffen wurde», so Kron.
«Wir hoffen, dass nun Ruhe einkehrt, sich die Gemüter beruhigen. Und wir endlich starten können», betont auch Hans-Peter Frey. «Das fakultative Referendum zu ergreifen, würde Sinn machen, zumal die Entscheidung extrem knapp gewesen sei, so David Meier. Die IG halte sich die Entscheidung darüber noch offen.
Gelebte Demokratie
«Sollten 300 schriftliche Stimmen eingehen, dann kann das Referendum ergriffen werden. Sollte dann der Rückweisungsantrag gutgeheissen werden, muss die Planung überarbeitet werden. Sollte der Kreditantrag danach abgelehnt werden, folgt die Schlussabrechnung und das Projekt wäre gestorben. Ohne Referendum wird das Baubewilligungsverfahren eingeleitet werden», informiert Thomas Suter über den weiteren Verlauf. «Der Abend hat gezeigt, wie Demokratie gelebt werden kann», sagte der Präsident abschliessend. Die Entscheidung der anwesenden Stimmberechtigten zeige jedoch, dass die Mehrheit der anwesenden Stimmberechtigten das Projekt «Inspiration Matterhaus», genau wie die Kirchenpflege, für die bestmögliche Lösung hält. «Die IG hofft, dass die Leute, die Ja zu dem Kreditantrag gesagt haben, jetzt nicht nur Leben in die neuen Räume bringen, sondern auch Leben in die Kirche.»